Bundestrainer Joachim Löw setzt trotz großer Abwehrsorgen weiter ganz auf die WM-Helden und will mit der Euphorie des Fußball-Sommers in die EM-Qualifikation durchstarten. Einziger Neuling im Kreis der deutschen Nationalmannschaft bei den Länderspielen gegen Irland am 2. September in Stuttgart und vier Tage später in San Marino ist Co-Trainer Hans-Dieter Flick, der an der Seite seines Chefs am Donnerstag in Frankfurt/Main in der DFB- Zentrale präsentiert wurde. "Es ist für mich eine Ehre, hier dabei zu sein. Ich freue mich auf die neue Aufgabe", sagte der Assistent.
Löw begründete derweil die Auswahl der 20 Akteure für seine Pflichtspiel-Premiere als Chefcoach wie schon vor dem erfolgreichen Test gegen Schweden (3:0) mit deren WM-Verdiensten: "Die Spieler haben unser Vertrauen. Sie haben sich einen gewissen Vorsprung erarbeitet." Für die Treue zum WM-Personal geht der 46-Jährige allerdings gleich zu Beginn des Unternehmens "Euro 2008" ein Risiko in der Defensive ein. Denn im Abwehrzentrum herrscht Spielermangel und hinter dem Einsatz von Dauersorgenkind Christoph Metzelder steht wieder einmal ein großes Fragezeichen.
"Wir haben da ein Problem"
"Wir haben die Hoffnung, dass er nächste Woche wieder trainieren kann und schon im ersten Spiel einsetzbar ist", sagte Löw. Angesichts fehlender Alternativen braucht der Bundestrainer unbedingt den Dortmunder. Doch von der Borussia kamen fast zeitgleich andere Signale: Dem 25-Jährigen droht nach seiner Sehnenreizung im Knie offenbar eine weitere Operation und damit wieder eine lange Pause.
Da in Per Mertesacker, Robert Huth und Jens Nowotny alle anderen drei WM-Innenverteidiger definitiv verletzt fehlen, stehen in Arne Friedrich und Manuel Friedrich nur noch zwei weitere Spieler für die Defensiv-Zentrale zur Verfügung. "Wir haben da in gewisser Weise ein Problem", sagte Löw - und schloss eine Nachnominierung für den Notfall nicht aus. "Ich müsste dann aber erstmal sehen, wer dafür in Frage kommt", gestand der Bundestrainer einen akuten Personalmangel für diese Position. Mögliche Kandidaten wären wohl Hannovers Frank Fahrenhorst oder die potenziellen DFB-Neulinge Bastian Reinhardt (Hamburger SV) und Heiko Westermann (Arminia Bielefeld).
Festhalten an Asamoah, Hitzlsperger und Hanke
Im Vergleich zum Schweden-Test vergangene Woche kehrt immerhin Kapitän Michael Ballack nach seiner Hüftprellung ins Team des WM- Dritten zurück. "Wir gehen davon aus, dass er schon am Wochenende auch für Chelsea spielen kann", sagte Löw.
Außer den Debütanten aus dem Schweden-Spiel, Manuel Friedrich und Malik Fathi, finden sich im Kader ausschließlich WM-Fahrer. Etwas überraschend hielt der Bundestrainer auch an den in der Bundesliga ihre Form suchenden Thomas Hitzlsperger, Gerald Asamoah und Mike Hanke fest, die als erste Streichkandidaten galten. "Man kann nach zwei Spielen die Leistungen noch schwer bemessen. Es war klar, dass einige nach der WM schwerer in Tritt kommen", sagte Löw.
Früher der Hansi, heute lieber Hans
Wie am Personal will Löw auch an der offensiven Spielphilosophie festhalten und präsentierte Co-Trainer Flick als Beispiel für diese Kontinuität. "Er passt genau in das Anforderungsprofil. Er ist der Wunschkandidat", sagte Löw. Partnerschaftlich wolle er mit seinem Assistenten zusammenarbeiten - ganz nach dem Vorbild der Kooperation zwischen ihm und seinem damaligen Vorgesetzten Jürgen Klinsmann. "Wir wollen die Arbeit in Kleingruppen im Training noch vorantreiben", kündigte Löw eine verantwortliche Arbeit Flicks im Alltag an. Zudem soll der 41-Jährige im Team von Chefscout Urs Siegenthaler für die Gegneranalyse tätig sein.
Flick hatte seinen ersten Tag beim DFB mit einer Vorstellungsrunde beim gerade tagenden Verbandspräsidium begonnen. Dort konnte er sich auch gleich bei Franz Beckenbauer bedanken, der mit seinem Einsatz die Auflösung seines Vertrages bei Red Bull Salzburg mit ermöglicht hatte. Angst vor großen Namen zeigte der als Trainer außer seinem im Vorjahr beendeten Engagement beim aufstrebenden Regionalligisten Hoffenheim noch nicht in Erscheinung getretene frühere Bayern-Profi nicht. "Ich habe das Trainer-Geschäft von der Pike auf gelernt", sagte Flick. Und forderte auf Nachfrage höflich bei seinem Vornamen eine Änderung ein: "Früher war Hansi mein Spitzname, heute ist Hans Flick ganz okay."