FC Bayern Lahm drohen nach Systemkritik Konsequenzen

Fußball-Nationalspieler Philipp Lahm kritisiert die Transfer-Politik und fehlende sportliche Identität des FC Bayern München. Dem neuen Trainer Louis van Gaal attestiert er dagegen einen guten Sinn für Taktik. Bayern-Macher Uli Hoeneß hat nun angekündigt, dass Lahms Kritik Konsequenzen haben werde.

Klartext von Philipp Lahm: Mit bemerkenswerter Offenheit hat der Fußball-Nationalspieler die Probleme des FC Bayern München unter dem neuen Trainer Louis van Gaal benannt und dabei der Vereinsführung grobe Versäumnisse in der Planung und Transfer-Politik vorgehalten. "In der Vergangenheit lief das mit den Transfers nicht immer glücklich", erklärte der stellvertretende Kapitän in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" und kritisierte als ein Grundübel das Fehlen einer "Spielphilosophie" beim Rekordmeister. Ob diese Kritik so eine gute Idee war, wird sich zeigen Bayern-Sportdirektor Uli Hoeneß, ein Hauptadressat von Lahms Systemkritik, kündigte Konsequenzen an. Er sagte nach dem Spiel gegen Schalke 04: "Sie können sicher sein, dass er dieses Interview noch bedauern wird."

Vereine wie Manchester United oder der FC Barcelona gäben ein Spielsystem vor und würden dann gezielt dafür Spieler einkaufen. "So etwas gibt es bei uns nicht: Dass der Verein etwas vorgibt und alles darauf aufgebaut wird", bemerkte Lahm. Seine Kritik erläuterte der Abwehrspieler unter anderem an den Millionen-Transfers von Mario Gomez und dem erst nach Saisonbeginn von Real Madrid verpflichteten Arjen Robben. "Wenn ich einen Mario Gomez kaufe, muss ich sagen: Okay, dann spielen wir mit zwei Spitzen. Und wir haben ja auch in der gesamten Vorbereitung nur 4-4-2 gespielt. Und dann kommt plötzlich Robben, ein toller Spieler, der zu uns passt - und der am liebsten 4-3-3 spielt", erläuterte Lahm. Er kommt zu dem Fazit: "Man darf Spieler nicht einfach kaufen, weil sie gut sind."

Van Gaal gilt als Verfechter des 4-3-3-Systems mit zwei Außen- und nur einem zentralen Angreifer. Dann haben die Bayern aber mit Gomez, Luca Toni und Miroslav Klose ein Überangebot an Mittelstürmern, zwei müssen auf die Bank. Für das 4-4-2-System werden der verletzte Franck Ribéry und der zuletzt am Knie operierte Robben gebraucht. Der FC Barcelona dagegen habe vor dieser Saison zwar den Schweden Zlatan Ibrahimovic gekauft, aber zugleich den Kameruner Samuel Eto'o abgegeben. "Weil sie gewusst haben: Bei uns spielen vorne Henry und Ibrahimovic, und ein Dritter von diesem Kaliber sorgt nur für Ärger, wenn einer immer auf der Bank sitzt", schilderte Lahm.

Lahm sieht Mittelfeld als größtes Problem

Der Vize-Kapitän fordert darum für die Zukunft vom Vorstand um Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß: "Der Verein muss sagen, wenn ein Trainer kommt: So spielen wir." Dass der Kader nicht stimmig zusammengestellt ist, zeige auch die Verpflichtung von Anatoli Timoschtschuk, der als klassischer Sechser halbrechts im Mittelfeld spielen müsse. Überhaupt, so Lahm, liege Bayerns "größtes Problem im Mittelfeld". Dort fehlt dem Verteidiger ein Spielbeschleuniger.

Aus den genannten Gründen sei auch van Gaal beim FC Bayern "noch auf der Suche" nach der richtigen Taktik und einer Stammelf. Dennoch traut der 26-Jährige dem Niederländer den Aufbau einer Mannschaft zu. Der Anpassungsprozess zwischen Team und Coach sei aber schwierig. "Viele haben noch so eine Mischung aus Respekt und Angst", verriet Lahm. "Aber er ist bestimmt kein Unmensch, er verlangt keine Undinge von uns. Es braucht noch Zeit, aber ich bin der Überzeugung, dass er ein guter Trainer ist." Und van Gaal habe in seinen Analysen "recht". Im Vergleich zur vergangenen Saison unter Jürgen Klinsmann habe er "Hoffnung, weil ich Struktur erkennen kann", bemerkte Lahm. Man sei "auf dem richtigen Weg mit diesem Trainer", glaubt der Verteidiger.

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