Ivan Klasnic, der FC St. Pauli hätte für das Pokalspiel gegen Werder rund 100.000 Karten absetzen können. Sie haben selbst lange für diesen Verein gespielt, haben dort nach eigenen Worten "das Fußballspielen gelernt", erklären Sie uns mal das Phänomen 'FC St. Pauli'.
Da braucht man gar nicht viel drüber zu reden. Das fängt beim altehrwürdigen Stadion und dessen Lage in der Nähe der Reeperbahn an und hört bei der Tradition dieses in Deutschland wohl einmaligen Klubs auf. Auch die Einlaufmusik "hells bells" von AC/DC gehört zum Mythos 'FC St. Pauli'. Hab ich noch was vergessen? Ach ja, die verrückten Fans.
Ihr Herz hängt am FC St. Pauli, für Sie kommt zum Karriere-Ende vielleicht sogar eine Rückkehr zum Kiez-Klub in Frage. Das konnte man jedenfalls im Vorfeld der Partie immer wieder lesen.
Man weiß doch nie, was in ein paar Jahren passiert. Ich kann es mir aber wirklich vorstellen, schließlich habe ich dem Verein viel zu verdanken.
In Bremen fühlen Sie sich aber auch pudelwohl, gibt es Parallelen zwischen den beiden Klubs?
Ja schon, in beiden geht es familiär zu, eher etwas beschaulicher. Das mag ich. Auch Werder ist ja ein Traditionsverein, der es mittlerweile fast nach ganz oben geschafft hat. Ok, da hat Pauli noch ein bisschen Nachholbedarf (lacht). Aber die heutige Mannschaft hat Potenzial, da könnte was zusammenwachsen... so wie bei uns.
Zurück zum Pokal-Kracher morgen am Millerntor. Vom Papier her ist die Sache klar. Werder spielt Champions League, Pauli in der Regionalliga. Was muss passieren, damit Sie das Ding vergeigen?
Wir müssten schon sehr schlecht spielen, wenn das danebengehen sollte. Die Bedingungen werden katastrophal sein, und die Fans werden Pauli nach vorne peitschen. Aber der Trainer hat das alles beim Abschlusstraining noch mal angesprochen. Es gibt keine Ausreden, jeder hat sogar extra ein drittes Paar Schuhe mit... wir sind auf alles vorbereitet.
Werder wäre die Lachnummer der Nation falls es doch danebengehen sollte. Auf wen oder was kommt es im kleinen Nordderby besonders an?
Ich versuch mich mal als Prophet: Wer das erste Tor schießt, zieht ins Pokalhalbfinale ein. Die Mannschaft kann sich dann gepflegt aufs Kontern verlagern und den Gegner kommen lassen. Auf dem gefrorenen Boden wird es sicher nicht einfach, dass Spiel zu bestimmen und einem Rückstand hinterher zu rennen.
Sie haben es angesprochen: Der Boden im Millerntorstadion ist hart wie Stein, lange nicht gewalzt und holprig. Vorteil Pauli, oder Vorteil Werder?
Vorteil für niemanden. Beide Teams müssen mit den widrigen Bedingungen zu Recht kommen. Wir konnten uns im Training unter der Woche genauso wie St. Pauli schon mal damit auseinandersetzen. Ich sag es gerne noch mal: Wir sind auf alles gefasst.
Im Stadion wird eine Hexenkessel-Atmosphäre herrschen. Davon erhofft sich der Gastgeber viel. Sie und Ihre Kollegen von Werder haben in Ihrer Karriere aber schon in ganz anderen Stadien gespielt. Das kann sie also nicht schocken, oder doch?
Nee nee, das ist schon was Besonderes in der alten Bude, aber ich brauche das. Für mich ist das ein Ansporn, das muss man einfach auf sich einwirken lassen und daraus positive Energie ziehen.
Sie sind in Hamburg aufgewachsen, Familie, Schwiegereltern und Freunde leben immer noch an der Elbe. Stimmt es eigentlich, dass Sie früher am Millerntor zur Aufbesserung Ihres Taschengeldes Schuhe aus dem Kofferraum Ihres Autos verkauft haben?
Das ist doch ein Gerücht, davon distanziere ich mich ganz klar (lacht).
Sollte Werder den Pokal-Fight gewinnen, steht dann im Anschluss noch ein kleiner Kiezbummel mit den Kollegen auf dem Programm mit Ivan, dem Kneipenführer? Keiner der Bremer kennt sich in Hamburg schließlich besser aus.
Daraus wird wohl eher nichts. Also die Jungs müssen alle wieder zurück nach Bremen. Ich bleib dann vielleicht noch alleine hier... mal schauen (lacht).
Das Interview führte Klaus Bellstedt