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Klinsmanns Frontmann Der Fettnäpfchen-Schnüffler

Er gehört zu den einflussreichsten Beratern der deutschen Fußballszene: Roland Eitel. Jürgen Klinsmann, demnächst wichtigster Mann des Fußball-Landes, ist sein Hauptkunde. Eitel hat den Bald-Bayern-Coach bis jetzt gnadenlos abgeschirmt. In München kann er das nicht mehr.
Von Oliver Trust

Sonst sitzen Stars der Fußball-Branche aus dem Ländle auf der roten Couch im Studio des Südwestrundfunks in Stuttgart. "Heute zu Gast Sport im Dritten", sagen die Moderatoren und etwa Mario Gomez oder einer vom SC Freiburg oder dem KSC kommen um die Ecke. Vergangenen Sonntag kam Roland Eitel. Roland Eitel? Viele kennen den 59-jährigen als Buchautor oder ehemaligen Journalisten. Der in Ludwigsburg ansässige Familienvater aber ist mehr - er ist inzwischen so etwas wie der einflussreichste "Berater" der deutschen Fußballszene.

Zu seinem "Kundenkreis" gehören neben dem Assistenten des Bundestrainers, Hansi Flick, und den "SOS Kinderdörfern" zwei der gefühlt "wichtigsten" Männer des Fußball-Landes: Jürgen Klinsmann, Bald-Bayern-Trainer und Ex-Bundestrainer, und dessen Nachfolger Bundestrainer Joachim Löw.

Eitel schreibt To-do-Listen für Klinsmann

Seit dem 1. Januar 1990 ist Eitel selbstständig. Sein Spezialgebiet: Image und öffentliche Darstellung mit dem Nebenfach Vermarktung. Was nicht zu verwechseln ist mit einem Auskunftsbüro. Eitel ist so verschwiegen wie seine Dienstherren Klinsmann und Löw. Aber der Schwabe Eitel ist der entscheidende Mann für die öffentliche Darstellung im System Klinsmann. Er schreibt seinem "Freund", den er seit gut 20 Jahren berät und für den er 1988 die Biografie "Mein Weg nach oben" schrieb, To-do-Listen. Und: "Ich plane für ihn, blicke voraus. Ich halte ihm alles vom Leib, was ihn stören könnte". Jetzt sitzt Eitel, einst Pressesprecher des VfB Stuttgart und Gestalter zahlreicher Abschiedsspiele, beim SWR. Es gilt etwas gerade zu rücken. Imagemäßig.

"Glauben Sie", sagt er, "dass es bei Roman Abramovic und Chelsea leichter gewesen wäre?" Es geht um das drohende Konfliktpotenzial zwischen Klinsmann und dem heißblütigen Uli Hoeneß. Oder er sagt, als es um kolportierte Gehaltsummen von acht Millionen Euro geht trocken: "Wer ins Gehalt von Jürgen Klinsmann investiert, der investiert gut."

Eine Homestory über den Trainer?

Eitel kennt die Mechanismen. Er steuerte das Schiff des blonden Schwaben Klinsmann durch die gefährlichen Gewässer der WM-Vorbereitung und der WM. Manchmal glich es einem Ritt auf der Rasierklinge. Klinsmanns Strategie kommt nicht überall gut an, vor allem die Boulevardmedien wissen manches gerne vorher. Klinsmann aber verweigerte sich schon zu seiner "Münchner Zeit" als Kicker den Homestory-Wünschen von "Bild" und Co. "Wir agieren", sagt Eitel, "wir reagieren nicht". So war das als Klinsi Bundestrainer wurde, als er Bayern-Keeper Oliver Kahn degradierte, als Kevin Kuranyi aus dem WM-Aufgebot flog und David Odonkor dort auftauchte. Und als man das deutsche WM-Quartier von Leverkusen nach Berlin verlegte. Das "Team Klinsmann" bestimmt den Takt, so sieht die Grundidee aus. Und Eitel lenkt den "PR-Zug", was auch in der Frage mündet: "Wo, in welchen medialen Umfeld, wollen wir erscheinen?" Wer nicht ins Beute-Schema passt, kann anfragen bis er schwarz wird.

Das erfordert den Blick in die Zukunft. In regelmäßigen Treffen oder Telefonaten wird besprochen, was auf das Team zukommt. Wo lauern Fettnäpfchen, wo muss man rechtzeitig Pflöcke einschlagen? Eitels Part ist die Öffentlichkeit. "Aus juristischen Dingen halte ich mich genauso raus wie aus wirtschaftlichen." Er zeigt Wege auf und setzt Entscheidungen um. Das bedeutet, auch keine Schieflage entstehen zu lassen. Was bedeutet, manchen Wunsch nach einem Interview trotzdem zu erfüllen, weil die Anfrage von "Bild" kommt. Die Kontrolle aber übt man selbst aus. Eitel berät, zeigt auf, schreibt aber nie vor. Da stößt auch er beim nach Unabhängigkeit strebenden Klinsmann an Grenzen.

"Jürgen braucht keinen Manager"

Greift das System nun auch beim lebendigen FC Bayern, dem deutschen "FC Hollywood"? Oder kommen dort auf den Medienarbeiter Roland Eitel neue Probleme zu? Schließlich gilt die Pressestelle an der Säbener Straße als Marktführer. "Das geht Hand in Hand", sagt Eitel, "das ist eine Top-Pressestelle." Er aber bleibt Klinsmanns Front-Mann. "Jürgen braucht keinen Manager. Er ist ein Mensch, der sich selbst bestimmen will", sagt Eitel. "Er wird immer bleiben wie er ist, gradlinig, es wird nie Wischi-Waschi mit ihm geben."

Das gilt für die ganze Familie Klinsmann, zu der auch dessen Mutter Martha gehört. Die steht jeden Tag in der familieneigenen Bäckerei, die Bruder Horst nach dem Tod von Vater Siegfried Klinsmann führt. Vor der WM 2006 wurde die Bäckerei in Stuttgart-Botnang regelrecht von Kamerateams und Reportern belagert. Klinsmann und dann Eitel baten darum, die Familie nicht über Gebühr zu strapazieren. Der Wunsch wurde erfüllt. Und wenn die Medien nicht entsprechend reagiert hätten? "Dann wäre ich da persönlich hingefahren", sagt Eitel.

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