Die ersten Horror-Meldungen ließen nicht lange auf sich warten. Ein Busunfall mit zwei getöteten englischen Touristen und 21 Verletzten, bewaffnete Überfälle auf Journalisten aus Spanien, Portugal und China, ein Einbruch in das griechische Mannschaftshotel - die Warnungen im Vorfeld der Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika hatten mit Panikmache nichts zu tun. Das Thema Sicherheit stellt die größte Bedrohung der ersten WM auf dem schwarzen Kontinent dar.
In das Mannschaftshotel der griechischen Fußball-Nationalmannschaft in der Nähe von Durban ist eingebrochen worden. Stürmer Angelos Charisteas vom Bundesligisten 1. FC Nürnberg und Mittelfeldspieler Sotirios Ninis von Panathinaikos Athen bestätigten griechischen Medien, dass ihnen am Dienstagabend jeweils etwa 1000 Euro aus dem Hotelzimmer entwendet worden seien. Nach einem Bericht der südafrikanischen Zeitung The Mercury sollen aus dem Luxus-Hotel Beverly Hills in Umhlanga Rocks, 15 Kilometer von Durban entfernt, umgerechnet etwa 3000 Euro gestohlen worden sein. Die Polizei bestätigte, dass ein Einbruch gemeldet wurde. Sie leitete aber keine Ermittlungen ein, weil laut einer Sprecherin "das Hotel den Vorfall intern behandeln will".
Überfälle auf Journalisten
In der Nacht zum Mittwoch waren bereits drei Journalisten von Bewaffneten in ihrer Unterkunft in den Magaliesbergen, unweit des WM-Austragungsortes Rustenburg überfallen und beraubt worden. Bei den Opfern handelte es sich um einen Spanier und zwei Portugiesen. Die unbekannten Täter entkamen nach Polizeiangaben mit den Laptops und Fotoausrüstung der Journalisten, ihren Pässen, ihrer Kleidung sowie Bargeld und Kreditkarten. .
Vier chinesische Journalisten wurden einem Bericht der chinesischen "Beijing News" vom Donnerstag zufolge in Johannesburg von Straßenräubern angegriffen. "Mehrere bewaffnete, schwarze Männer" hätten am Vortag das am Straßenrand stehende Fahrzeug der Chinesen umringt, die Journalisten massiv bedroht und gezwungen, ihnen eine Kamera im Wert von etwa 10.000 Yuan (1217 Euro) auszuhändigen. Der Zeitung zufolge gebe es noch unbestätigte Berichte von einem weiteren chinesischen Reporter, der auch beraubt worden sei. Die südafrikanische Polizei konnte am Donnerstagmorgen die Berichte aus China nicht bestätigen.
Skrupellose Spezialeinheit im Einsatz
Nun warnt selbst die südafrikanische Regierung ihre WM-Gäste. "Wir appellieren an Bürger und Besucher, auf ihre persönliche Sicherheit und die ihrer Mitmenschen zu achten", erklärte Regierungssprecher Themba Maseko. Das Land habe 190.000 Polizeibeamte, von denen 40.000 für die am Freitag beginnende Fußballweltmeisterschaft abgestellt worden seien. "Das heißt, dass 150.000 Beamte ihre normale Polizeiarbeit fortsetzen", fügte Maseko hinzu. Die Überwachung der Sicherheit der Menschen im Lande "bleibt ein 24-Stunden-Einsatz". Südafrika hat, finanziell und logistisch unterstützt von der Fifa und den Teilnehmerländern, beträchtliche Anstrengungen unternommen, um die WM sicher zu machen. Ob die Maßnahmen ausreichen, ist fraglich.
Dabei scheint die Polizei selbst Teil des Problems. Korruption ist ein bekanntes, aber ungelöstes Übel. Die Strategie, auch mit Blick auf die WM extrem hart gegen Kriminelle vorzugehen, hat alarmierende Nebenwirkungen. Im Jahr 2009 starben 556 Menschen durch eine Polizeikugel, 136 mehr als im Jahr zuvor. Einer von mehreren Unschuldigen darunter war ein dreijähriger Junge in Johannesburg.
"Tot oder lebendig, für die Ganoven ist es das Ende des Weges", sagte Cele, als er im Januar in Port Elizabeth eine neue Spezialeinheit vorstellte. Spätestens zwei Monate später wusste man dort, was er damit meinte. Elitepolizisten lieferten sich mit Bankräubern eine wilde Verfolgungsjagd durch die Straßen der Stadt, in der die deutsche Nationalmannschaft am 18. Juni auf Serbien treffen wird. Die Beamten durchsiebten förmlich das Fluchtauto mit Kugeln. Augenzeugen zählten rund 50 Einschüsse - und fünf tote Bankräuber. Wie durch ein Wunder kam keiner der zahlreichen Schaulustigen am Straßenrand ums Leben.
Raubmord, Al-Kaida, Massenpanik
Mit dem Fall Peter Burgstaller fing alles an. Der Raubmord an dem ehemaligen österreichischen Fußball-Profi am Rande der Auslosung der Qualifikationsgruppen in Durban im November 2007 rückte die bedenkliche Sicherheitslage in Südafrika vor der WM erstmals ins Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit. Seitdem schürte nicht nur die schaurige Statistik von im Schnitt landesweit 50 Morden pro Tag weltweit die Angst.
Das Terrornetzwerk Al-Kaida, so hieß es Mitte Mai aus irakischen Sicherheitskreisen, habe ein Auge auf die WM geworfen. Im April sorgte der Mord an dem Rechtsextremisten Eugene Terreblanche für Befürchtungen, noch während der WM könne es zu Rassenunruhen kommen. Der Terroranschlag auf den Bus der togoischen Nationalmannschaft vor dem Afrika-Cup im Januar erhöhte auch den Druck auf Südafrika. Die Massenpanik beim Testspiel Nigeria gegen Nordkorea am vergangenen Sonntag bewies, dass nicht nur gewaltbereite Fans ein beträchtliches Sicherheitsrisiko darstellen können.
Fifa-Präsident Joseph S. Blatter scheint dies alles zu ignorieren, wenn er sagt: "Niemand muss zweifeln. Viele vertrauen Südafrika nicht, aber die Sicherheit der WM-Besucher ist gewährleistet. Es ist einfach völlig falsch zu sagen, dass Südafrika zu gefährlich sei, wenn jedes Jahr elf Millionen Touristen gerne in dieses Land fahren. Das ist einfach der falsche Ansatz."