WM in Katar Experten rufen Halbfinale als Ziel für DFB-Elf aus – wovon träumt ihr eigentlich nachts?

DFB-Elf gegen Oman im Testspiel vor der Fußball-WM
Zwar reichte es am Ende zu einem mühsamen 1:0-Sieg, doch der Auftritt der DFB-Elf im letzten Vorbereitungsspiel gegen Oman warf kurz vor Beginn der Fußball-WM viele Fragen auf
© Christian Charisius / AFP
Als Profis waren Philipp Lahm und Jürgen Klinsmann selbst Weltmeister. Bei der Fußball-WM in Katar erwarten beide vom deutschen Nationalteam zumindest den Sprung ins Halbfinale. Was für ein Unsinn!

Man kann den Satz eigentlich nicht mehr lesen, jenes Bonmot das Englands einstiger Top-Stürmer Gary Lineker in die Welt gesetzt hat. Sie wissen schon: "Fußball ist ein einfaches Spiel. 22 Männer jagen 90 Minuten einem Ball hinterher, und am Ende gewinnen immer die Deutschen."

Auch wenn Lineker sein geflügeltes Wort gerade noch mal nett in der SZ erläutert hat: Der Spruch ist einfach nicht mehr zeitgemäß, weil er schlicht und einfach nicht mehr stimmt. Am Stück gewonnen, so, dass es beinahe wurscht war, ob ein Gegner auf dem Platz stand oder nicht, haben die Deutschen schon lange nicht mehr. Jedenfalls nicht in einem großen Turnier.

Insofern fragt man sich schon, was Ex-Bundestrainer Jürgen Klinsmann oder Weltmeister-Kapitän Philipp Lahm geritten haben mag, wenn sie vor der am Sonntag beginnenden WM in Katar große Erwartungen formulieren und mal eben das Halbfinale für das deutsche Team als WM-Ziel ausrufen. "Wenn sie den Titel diesmal nicht gewinnen, dann müssen sie zumindest mit ihren Leistungen beweisen, dass sie wieder ein Kandidat sind, indem sie das Halbfinale erreichen. Das ist ihre Mission", schreibt etwa Klinsmann schwülstig in seiner BBC-Kolumne.

Anspruch und Wirklichkeit klaffen vor Fußball-WM in Katar auseinander

Halbfinale also. Mindestens! Es ist doch immer wieder erstaunlich, wie vor großen Fußball-Turnieren Anspruch und Wirklichkeit auseinanderklaffen. Aus Fan-Sicht mag das verständlich sein, doch wenn sogenannte Experten mal eben die Realität ausblenden, ist das einfach nur ärgerlich.

Die Wirklichkeit sieht so aus: Die DFB Elf rangiert auf Platz 11 der Fifa-Rangliste. Die letzten beiden großen Turniere verliefen enttäuschend (WM-Aus in der Vorrunde 2018, Niederlage im EM-Achtelfinale gegen England 2020). Die Mannschaft, die Hansi Flick auf- und umgebaut hat, wirkt alles andere als gefestigt. Von den jüngsten Länderspielen ist eigentlich nur eine lange Reihe von Unentschieden in Erinnerung geblieben – und jede Menge Baustellen in Abwehr, Sturm und auf den Außenbahnen.

Wie man angesichts der letzten Leistungen allen Ernstes das Halbfinale vom deutschen Team erwarten will, wird wohl auf immer das Geheimnis von Klinsmann, Lahm & Co. bleiben.

Warum nicht einfach sagen, was ist: Dieses Turnier wird sportlich eine Wundertüte werden. Es gibt zehn, zwölf Teams, denen – mit ein bisschen Torglück – das Halbfinale zuzutrauen ist. Darunter ist mit etwas gutem Willen AUCH das deutsche Team.

Daraus eine heilige Pflicht zu machen ist einfach nur eine unnötige Plage für Hansi Flick und sein Team.

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