Der Anti-Doping-Kampf im Deutschen Skiverband steht nach Anschuldigungen gegen Bundestrainer Frank Ullrich und seinen früheren Chef Wilfried Bock auf dem Prüfstand. Nach den in der ARD-Sportschau geäußerten Vorwürfen droht den Skijägern eine langfristige Doping-Diskussion, obwohl Ullrich und Bock die Vorhaltungen zurückgewiesen haben. "Ich habe in meiner gesamten Trainerlaufbahn niemals einen Athleten dazu angewiesen, Dopingmittel einzunehmen", sagte Ullrich. Der mittlerweile in Altenberg tätige Bock stellte fest: "Ich mach's nicht und ich habe es nicht gemacht."
Um im Anti-Doping-Kampf weiter glaubwürdig zu bleiben, wird sich der DSV-Vorstand ganz schnell mit der Angelegenheit beschäftigen. "Derzeit findet eine umfassende Analyse und Überprüfung der Akten und der Sachlage statt. Bei der Präsidiumssitzung am Dienstag wird über die weitere Vorgehensweise beraten. Wir bemühen uns mit Nachdruck um größtmögliche Aufklärung", sagte DSV-Sprecher Stefan Schwarzbach am Montag.
DOSB befasst sich mit Angelegeheit
Auch der Deutsche Olympische Sport-Bund (DOSB) befasst sich mit der Angelegenheit. "Wir sammeln alle Informationen", sagte DOSB- Sprecher Gerd Graus. Um im nächsten Jahr an den Olympischen Spielen teilnehmen zu dürfen, müsse Ullrich genau wie die Athleten eine Ehrenerklärung unterschreiben, die vor den Sommerspielen in Peking um eine Anti-Doping-Passage erweitert worden war. Ullrich will, das hat er schon länger angekündigt, seine Trainerkarriere nach Vancouver beenden.
Vor allem der ehemalige Staffel-Weltmeister Jürgen Wirth hat kurz vor dem Weltcup-Finale der Biathleten einen der erfolgreichsten Bundestrainer in Bedrängnis gebracht. "Frank Ullrich hat uns damals angewiesen, dieses Mittel Oral-Turinabol einzunehmen, damit wir schneller wieder regenerieren, das heißt, schnellere Erholungsphasen haben und bessere Trainingsleistungen bringen können", erklärte Wirth in der TV-Sendung.
"Die Vorwürfe von Jürgen Wirth sind ungeheuerlich", erklärte Ullrich. Der 51 Jahre alte Bundestrainer, der von 1987 an Trainer der DDR-Nationalmannschaft war und die deutsche Biathlonmannschaft seit 1998 trainiert, stellte fest: "Ich lehne grundsätzlich jede Art von unerlaubter Leistungsmanipulation strikt ab. Jetzt werde ich so schnell wie möglich überprüfen lassen, wie ich gerichtlich gegen diese unwahren Anschuldigungen vorgehen kann."
Ullrich hat früh alles zurückgewiesen
Der zweite in der Sportschau aufgebotene Kronzeuge, Jens Steinigen, 1992 in Albertville Staffel-Olympiasieger zusammen mit Ricco Groß, Mark Kirchner und Fritz Fischer, belastete Ullrich nicht direkt: "An seine Rolle kann ich mich nicht mehr so im Detail erinnern. Er war nur bei den Gesprächen, 1986, wie es um die konkrete Vergabe der Dopingmittel ging, anwesend." Auch 1991, als Steinigen im ZDF-Sportstudio erstmals über Doping-Praktiken in der früheren DDR berichtete, war er in Sachen Ullrich nicht konkret geworden.
Bereits vor 17 Jahren hatte das NOK-Präsidium sich mit der Ullrich-Vergangenheit beschäftigt. In einer am 28. Januar 1992 veröffentlichten NOK-Pressemeldung hieß es unter anderem, der gegen ihn geäußerte Verdacht sei nicht erhärtet worden. Weiter: "Dass die Aussage von Frank Ullrich glaubwürdig erscheint, dass er mit Dopingfragen weder als Aktiver noch als Trainer direkt und mit eigener Kenntnis befasst gewesen sei." Ullrich biete die Gewähr, "auch in Zukunft seine Arbeit im deutschen Sport unter Beachtung der Regeln und der Bestimmungen gegen Doping zu leisten."
Eindeutig waren nun die Aussagen im TV, bewiesen ist jedoch nichts. "Wir haben dann die Tablette in den Mund genommen und sollten sie runterschlucken und sollten dann die Zunge rausstrecken, dass man's sieht, ob die Tablette noch im Mund ist", sagte Wirth. Auf die Frage des TV-Reporters ob auch die "Trainer Frank Ullrich und Wilfried Bock die Einnahme kontrolliert" hätten, antwortete Wirth: "Die Trainer Wilfried Bock und Frank Ullrich haben die Einnahme auch kontrolliert und damit jeder wirklich diese Tablette nimmt." Steinigen erklärte auf die Frage, wer ihn damals genötigt habe, die Dopingmittel zu nehmen: "Das waren die damaligen verantwortlichen Trainer, insbesondere der Cheftrainer, damals Herr Bock."