Dank einer Eishockey-Sensation und dem ersten WM-Sieg über Tschechien seit 21 Jahren steht Deutschlands gerade erst geretteten Puckjägern plötzlich der Weg ins erste WM- Viertelfinale offen. Einen Tag nach dem erlösenden 5:3 über Norwegen entzauberte das DEB-Team Vizeweltmeister Tschechien am Donnerstag in Mytischtschi bei Moskau mit 2:0 (1:0, 0:0, 1:0). Matchwinner beim Zwischenrunden-Auftakt waren der Frankfurter Michael Hackert und der Iserlohner Michael Wolf mit ihren Toren in der 20. und 59. Minute. Zudem bot Torhüter Dimitrij Kotschnew aus Iserlohn eine überragende Leistung. "Das war ein Supertag. Es hat alles gepasst", sagte Hackert. Der als bester deutscher Spieler geehrte Kotschnew schwärmte: "Nach dem 1:0 haben wir uns in einen Rausch gespielt." Der strahlende Bundestrainer Uwe Krupp lobte seine junge Mannschaft mit 17 WM- Debütanten: "Ich habe immer hohe Erwartungen, aber heute haben mich die Jungs überrascht und meine Erwartungen weit übertroffen. Sie haben gekämpft und gespielt."
In Moskau war am 15. April 1986 mit 4:3 über die einstige CSSR der bislang letzte WM-Sieg gegen die Tschechen gelungen. Zur damaligen Mannschaft gehörten Krupp, Assistenztrainer Ernst Höfner und DEB- Sportdirektor Franz Reindl. Der letzte Länderspielerfolg war ein 7:1 am 31. August 1996 im Rahmen des World Cups in Garmisch- Partenkirchen. Im insgesamt 112. Länderspiel gab es erst den 16. deutschen Erfolg.
Keine Müdigkeit zu spüren
Allerdings liegt bis zum ersten WM-Viertelfinale seit 2003 noch viel Arbeit, weil die deutsche Auswahl die Vorrunden-Niederlagen gegen Kanada und die Slowakei im Gepäck hat, während die Tschechen schon zwei Siege auf dem Konto haben. Kotschnew ordnete den Erfolg deshalb recht zurückhaltend ein: "Es war nur ein Sieg. Man muss am Ende der Zwischenrunde sehen, welchen Stellenwert er hat." Auch die USA, die am Samstag (14.15 Uhr/ZDF) nächster Kontrahent sind, kommen nach dem 4:2 (2:1, 2:0, 0:1) über die Slowakei auf zwei Erfolge. Letzter deutscher Gegner ist am Montag (14.15 Uhr/ ARD) Weißrussland. In der anderen Staffel ist Titelverteidiger nach dem mühsamen 5:2 (2:2, 1:0, 2:0) über Außenseiter Dänemark schon im Viertelfinale, Finnland hat dank des 2:0 (0:0, 0:0, 2:0) über die Schweiz gute Chancen.
Krupp hatte keine 28 Stunden nach dem Klassenerhalt noch vor einem schweren Spiel gegen die ausgeruhten Tschechen gewarnt, die am Mittwoch Pause hatten: "Es ist selbst für eine erfahrene Mannschaft eine große Herausforderung, keinen Durchhänger zu haben." Von der befürchteten Müdigkeit war aber nichts zu sehen - im Gegenteil: Es dauerte zehn Minuten, ehe der Favorit ins Spiel kam. Bis dahin hatte Philip Gogulla schon die Führung auf dem Schläger (7. Minute), die zehn Sekunden vor der Drittelpause Hackert mit seinem zweiten Turniertreffer besorgte. Einen Schuss von Michael Bakos verlängerte der Frankfurter ins tschechische Tor, das der Ex-Hamburger Roman Cechmanek hütete. Es war das vierte deutsche Überzahltor des Turniers.
Keeper Kotschnew mit Shoot-Out
Auch im zweiten Drittel fiel den mit acht NHL-Profis besetzten Tschechen gegen die gute deutsche Defensive kaum etwas ein. Stattdessen war der Außenseiter dem 2:0 nahe. Einen Schussversuch von Petr Fical stoppte Cechmanek gerade noch vor der Linie (30.), dann traf Wolf den Pfosten (31.). Im letzten Abschnitt stürmten nur noch die Tschechen, doch die deutsche Abwehr hielt den Angriffen stand, ehe Wolf mit seinem dritten WM-Tor die Entscheidung besorgte. Krupp hatte einige Umstellungen vorgenommen. Die nachnominierten Aleksander Polaczek und Felix Petermann kamen zu ihrem WM-Debüt. Doch als größter Volltreffer erwies sich der Einsatz von Keeper Kotschnew an Stelle des müden Nordamerika-Profis Dimitri Pätzold.
DPA/kbe