VG-Wort Pixel

Eliezer Sherbatov Jüdischer Eishockeyspieler wird wegen Wechsel nach Auschwitz kritisiert

Eliezer Sherbatov im Trikot von Unia Oświęcim
Eliezer Sherbatov im Trikot von Unia Oświęcim
© Lukasz Gagulski/PAP / DPA
Der jüdische Eishockeyspieler Eliezer Sherbatov hat bei Unia Oświęcim angeheuert – in der Stadt, in der im KZ Auschwitz Juden von den Nazis ermordet wurden. Für den Wechsel gibt es Vorwürfe aus der jüdischen Gemeinschaft.

Eliezer Sherbatov hat in seiner Eishockey-Karriere schon einige Male den Verein und die Liga gewechselt. Der Israeli spielte bereits in Kanada, wo er aufgewachsen ist, in Frankreich, Kasachstan und zuletzt für den HC Košice in der Slowakei. Nun ist der 28-Jährige nach Polen gewechselt – doch das ist kein normaler Transfer. Sherbatov wird für Unia Oświęcim aufs Eis gehen, den Klub der Stadt, die im Deutschen Auschwitz heißt.

Dass ein jüdischer Spieler in die Stadt wechselt, in der mehr als eine Million Juden in einem Konzentrationslager von den Nazis ermordet wurden, sorgt für Aufsehen und viele Diskussionen. Von jüdischer Seite wird Sherbatov, Kapitän der israelischen Eishockey-Nationalmannschaft, kritisiert und sogar beschimpft. Viele halten den Wechsel in eine Stadt mit solch traumatischen Erinnerungen für einen Verrat. Der New Yorker Rabbi Elchanan Poupko nannte den Transfer "Betrug am jüdischen Volk und ein beschämender Stich in den Rücken von Millionen" und riet dem Spieler: "Es gibt viele Eishockey-Teams, such dir ein anderes."

Eliezer Sherbatov will zeigen, dass Juden "stärker als zuvor" sind

Sherbatov ist dennoch überzeugt davon, die richtige Entscheidung getroffen zu haben – auch und gerade vor dem Hintergrund der Geschichte seines Volkes. Er werde bei seinem neuen Verein "für die Holocaustopfer" spielen, verteidigte er seinen Wechsel. An seine Kritiker sagte er: "Was vor 80 Jahren passiert ist, wird nie vergessen werden. Ich möchte den jungen Menschen zeigen, dass sie stolz auf ihr Erbe sein können und dass heute alles möglich ist."

Im besetzten Polen hatten die Nazis während des Zweiten Weltkriegs ihr größtes Konzentrationslager errichtet. Juden werfen der Bevölkerung der Stadt vor, sich zu wenig gegen die Judenvernichtung in ihrer unmittelbaren Nähe gewehrt zu haben. Mit seinem Wechsel will Eliezer Sherbatov ein Zeichen der Versöhnung, aber auch der Kraft setzen. Er sei "nicht als Tourist" nach Oświęcim gewechselt, antwortete er via Twitter auf die Vorwürfe des Rabbis Poupko, sondern um "zu zeigen, dass die Juden zurück sind, stärker als zuvor".

Der Holocaustüberlebende Daniel Hanoch

Unterstützung von Verein und Auschwitz-Gedenkstätte

Die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau schließt sich der Sichtweise des israelischen Nationalspielers an: "Die Geschichte von Auschwitz zeigt, wie gefährlich Stereotype in der Wahrnehmung anderer sind. (...) Zum Glück weiß es Eliezer Sherbatov besser." Auch der Verein Unia Oświęcim ist sich der historischen Bedeutung des Transfers bewusst. In einer Stellungnahme stellte sich der Klub hinter seinen neuen Spieler. Der Terror der Nazis habe sich gegen alle Einwohner von Oświęcim gerichtet, die Verpflichtung eines jüdischen Spielers zeige die Weltoffenheit von Stadt und Verein: "In unserem Team spielen die Spieler aufgrund ihrer sportlichen Leistung, nicht wegen ihrer Herkunft oder ihrer Nationalität."

Das erste Spiel für Sherbatov mit seinem neuen Verein steht am 8. September an, wenn Unia Oświęcim die neue Saison der polnischen Eishockey-Liga eröffnet. Bis dahin sollen sich die Wogen geglättet haben. Sherbatov befindet sich derzeit mit seinem Team in der Saisonvorbereitung, danach will er die Gedenkstätte im ehemaligen Konzentrationslager besuchen. 

Quellen:"Times of Israel" / Rabbi Elchanan Poupko auf Twitter / Eliezer Sherbatov auf Twitter / Auschwitz Memorial auf Twitter / Unia Oswiecim 

epp

Mehr zum Thema

Newsticker