RADSPORT Wie geht¿s weiter, Jan?

Der Olympiasieger musste sich wieder mit dem zweiten Platz bei der Tour de France zufrieden geben. Dennoch geht Ullrich, nach eigenen Aussagen, gestärkt aus der Tour hervor.

Er kämpfte so aufopferungsvoll, offensiv und verbissen wie noch nie in seiner fünfjährigen Tour de France-Karriere. Attacken, Ausreißversuche und jede Menge Risikobereitschaft verfehlten ihr sportliches Ziel. Der Olympiasieger musste sich erneut mit einem zweiten Platz bei der schwersten Rundfahrt der Welt zufrieden geben. Dennoch geht Ullrich, nach eigenen Aussagen, gestärkt aus der Tour hervor.

Athletisch nachlegen

Trotz Top-Form und idealem Kampfgewicht deuteten engste Berater aber auch vorsichtig an, wo Super-Talent-Ullrich noch eine Schippe drauflegen könnte. »Athletisch hat Jan seine Möglichkeiten noch nicht ausgeschöpft«, meinte Team-Manager Walter Godefroot und wollte damit auch höhere Professionalisierung anmahnen: »Tausend Kleinigkeiten bringen den Sieg.«

Kein Platz fürs Leben?

Lance Armstrongs Leistungsexplosion ist zum überwiegenden Teil sicher mit viel härterer Arbeit und professioneller Vorbereitung zu erklären. »Armstrong lebt 12 Monate im Jahr für die Tour. Wie soll ich Jan, der fünf Monate hart für den Erfolg arbeitet, klar machen, dass es keinen Platz mehr für das Leben geben soll?« fragte sein Vertrauter Rudy Pevenage etwas ratlos. Godefroot sagte in einem Interview mit dem »Figaro«, dass sich Ullrich jetzt entscheiden müsse, ob er mit seinem Status, die Nummer 2 zu sein, zufrieden sein will.

Prinzip Hoffnung

Ullrich sagte zwar, dieser zweite Platz hätte ihm »neue Motivation für die Zukunft« gegeben. Aber die Analysen, die der 27-Jährige aus der Tour 2001 zieht, lassen ihm vorerst nur eine vage Hoffnung. Ullrich hält da geistig Schritt mit Tony Rominger, der in den 90er Jahren nie ein Rezept gegen Miguel Indurain fand, ähnlich wie der deutsche Meister seit zwei Jahren nicht gegen Armstrong. »Wer sagt denn, dass Armstrong im nächsten Jahr wieder so eine Superform hat?« fragte der ehemalige Schweizer Stunden-Weltrekordler und Tour-Zweite von 1993. Das Prinzip Hoffnung formulierte Ullrich so: »Jede Ära geht ein Mal zu Ende.«

Sollte Ullrich seine Vorbereitungen auf seine sechste Tour im nächsten Jahr an dem Wunsch auf eine Armstrong-Schwäche orientieren, läge er bereits elf Monate vor dem Start der 89. Tour in Luxemburg völlig falsch. Aber keiner weiß so gut wie Pevenage, dass die Lage kompliziert ist. Leicht möglich, dass Ullrich im Juli ausgebrannt und lustlos auf dem Rad säße, wenn er ein ähnliches Vorbereitungsprogramm wie der 29-jährige Perfektionist aus Texas absolvieren würde.

Zuversicht

Ullrich, hat sein Soll eigentlich erfüllt, auch wenn er auf noch zu erfüllende Verpflichtungen seines noch zwei Jahre laufenden Vertrages hinweist: »Die Tour bleibt mein großes Ziel, dafür stelle ich alles in den Hintergrund. Wenn ich keine Zuversicht mehr hätte, würde ich aufhören, Rad zu fahren.«

PRODUKTE & TIPPS