Der "alte Mann" drehte noch einmal richtig auf, doch der Triumph blieb ihm versagt: Nicolas Kiefer stand in Toronto mit 31 Jahren und im 14. Jahr als Tennisprofi erstmals im Finale bei einem Turnier der Masters-Serie. Gegen Wimbledonsieger Rafael Nadal war der Hannoveraner beim 3:6, 2:6 allerdings ohne Chance. Dennoch bewies "Kiwi" zwei Wochen vor Beginn des olympischen Turniers in Peking auf dem gleichen Hartplatzbelag eindrucksvoll seine Topform.
Am Samstag hatte Kiefer mehr als drei Stunden geschuftet, bis er durch das 6:7 (4:7), 6:3, 7:6 (7:5) gegen Roger-Federer-Bezwinger Gilles Simon (Frankreich) zum ersten Mal seit Herbst 2005 in St. Petersburg wieder das Endspiel eines ATP-Turniers erreicht hatte.
Sein letzter Turniersieg liegt sogar acht Jahre zurück, als er in Hongkong triumphierte. "Es war ein enges Match, sehr schwierig zu spielen", sagte der Niedersachse nach dem Sieg gegen Simon: "Ich musste um jeden Punkt kämpfen."
"Oldie" Kiefer ist topfit
Das ist dem körperlich topfitten "Oldie" in der kanadischen Metropole in der vergangenen Woche durchgehend gelungen. In Michael Juschni, Nikolaj Dawydenko und James Blake bezwang der ungesetzte Deutsche in den vorherigen Runden drei gesetzte Spieler.
Durch den Einzug ins Endspiel hat Kiefer nun in der neuen Weltrangliste ab Montag erstmals seit seinem Comeback im Juni 2007 nach der langwierigen Handgelenksverletzung wieder die Top 25 im ATP-Ranking erreicht. Das garantiert ihm eine Setzung bei den US Open Ende August.
Die mehr als einjährige Zwangspause nach den French Open 2006 mit zwei Operationen hat die Einstellung des wieder besten deutschen Tennisprofis grundlegend geändert. Der teilweise übergroße Ehrgeiz vergangener Tage ist einer Freude am Spiel gewichen.
Ohne Chance gegen überragenden Nadal
"Jeder Tag auf dem Platz ist etwas Besonderes für mich, ich versuche, es so sehr zu genießen, wie ich kann", sagte Kiefer, der wegen einer verlorenen Fußball-Wette seine lange Mähne abgeschnitten hat und in Toronto mit ungewohnter Kurzhaar-Frisur auftritt: "Ich weiß, wofür ich arbeite und trainiere, ich versuche, immer zu gewinnen, aber ich versuche auch, immer locker zu bleiben." Aber auch mit dieser war gegen Nadal, der in Toronto mit dem 7: 6 (7:2), 6:3-Erfolg gegen den Briten Andy Murray sein 28. Match in Folge gewann, kein Staat zu machen. Zuletzt verlor der Spanier im Mai in Rom gegen Landsmann Juan Carlos Ferrero.
Gegen Kiefer war der 21-Jährige Nadal in diesem Jahr bereits zuvor dreimal erfolgreich und gab auch dabei keinen Satz ab. Nadal kann nun in der kommenden Woche in Cincinnati Roger Federer erstmals als Nummer eins der Weltrangliste ablösen. Der bereits in Wimbledon entthronte Schweizer führt das Ranking ununterbrochen seit dem 2. Februar 2004 an.
Im slowenischen Portoroz hat Julia Görges unterdessen die erste Finalteilnahme ihrer Karriere knapp verpasst. Die 19-Jährige aus Bad Oldesloe unterlag im Semifinale der an vier gesetzten Anabel Medina Garrigues aus Spanien 6:3, 4:6, 6:4. Garriguez verlor das Endspiel gegen die Italienerin Sara Errani 3:6, 3:6.