Mit dem ersten Podestplatz seiner Karriere hat Michael Neumayer beim Neujahrsspringen der Vierschanzentournee für einen Paukenschlag gesorgt und im deutschen Skisprung-Lager grenzenlosen Jubel ausgelöst. Beim Sieg des Österreichers Gregor Schlierenzauer, der dadurch die Halbzeit-Führung in der Gesamtwertung übernahm, sorgte Neumayer mit Platz drei hinter dem Finnen Janne Ahonen für das beste deutsche Ergebnis in dieser Saison und den lange erhofften Befreiungsschlag. "Der dritte Platz ist total geil. Ich denke, jeder wird sich mit mir freuen. Das tut bestimmt allen gut. Ich bin total happy", jubelte der Berchtesgadener nach Sprüngen von 131,5 und 135,5 Metern.
In einem hochklassigen Wettkampf vor 25 000 Zuschauern verbesserte Schlierenzauer nach 132 Metern im zweiten Durchgang den zuvor von Ahonen (139 m) aufgestellten Schanzenrekord auf 141 Meter. "Ich habe es mir verdient, denn ich war in dieser Saison immer vorne dabei. Das ist lässig", sagte Schlierenzauer. In der Gesamtwertung führt der Österreicher mit 555,1 Punkten knapp vor seinem Landsmann Thomas Morgenstern (551,9), der dieses Mal nur Sechster wurde, und dem viermaligen Tournee-Gewinner Ahonen (551,7). Neumayer verbesserte sich mit 518,1 Punkten hinter dem Norweger Tom Hilde (529,6) auf Platz fünf.
"Das hätte ich mir nicht träumen lassen. Michael kann mit den Besten mitspringen. Das ist allererste Sahne und Balsam für die Seele", frohlockte Bundestrainer Peter Rohwein. Dessen Position wird durch den unerwarteten Höhenflug des 28-jährigen Bayern gestärkt. "Das Ergebnis ist für das gesamte Team wichtig und dürfte so manche Diskussion der vergangenen Tage ad absurdum führen", erklärte DSV- Präsident Alfons Hörmann.
Allerdings konnten die deutschen Springer auf der für 14 Millionen Euro neu erbauten Schanze als Team nicht überzeugen. Martin Schmitt erlitt mit Rang 19 einen Rückschlag. Der Routinier aus Furtwangen, der bei der Schanzen-Einweihung vor zehn Tagen mit 135,5 Metern den ersten Schanzenrekord auf der neuen Anlage aufgestellt hatte, sprang lediglich 124,5 und 125,5 Meter weit. "Ich konnte nicht alles umsetzen, die Sprünge waren nicht optimal. Die Zwischenbilanz fällt dennoch positiv aus. Ich habe mich stabilisiert", sagte Schmitt.
Hoffen auf Initialzündung
Rohwein hofft, dass Neumayers Leistungen in der zweiten Tournee- Hälfte auf die anderen Springer ausstrahlen. "Ich hoffe, dass ist eine Initialzündung. Wir wollen das Positive mitnehmen. Das Ergebnis muss auch den anderen Aufschwung geben", meinte Rohwein, der in Garmisch-Partenkirchen aber auch weitere Ausfälle verkraften musste. Georg Späth (Oberstdorf) konnte als 30. erneut nicht überzeugen. "Damit bin ich nicht zufrieden", sagte Späth.
Wie schon zum Auftakt in Oberstdorf schied Michael Uhrmann als 38. im ersten Durchgang aus. "Ich bin nicht glücklich und kann nicht zufrieden sein, wenn ich das Finale verpasse. Mir fehlen vier, fünf Meter - die waren heute nicht drin", sagte der 29-Jährige nach einem Sprung auf 120,5 Meter. "Bei ihm ist das Selbstvertrauen weg", stellte Rohwein fest.
"Ich will mich durchbeißen"
Nach dem bei der WM erlittenen Trümmerbruch im Fuß und einer neunmonatigen Verletzungspause kommt die Tournee für Uhrmann offenbar zu früh. "Ich glaube nicht, dass ich jetzt zwei Wochen Pause brauche. Aber vielleicht tut der Ruhetag gut. Ich will mich durchbeißen", betonte Uhrmann, der die Tournee fortsetzen wird. Dagegen ist der erste Jahreshöhepunkt für Stephan Hocke (Schmiedefeld), der als 32. das Finale erneut verpasste, vorzeitig beendet. Das gleiche Schicksal ereilte Jörg Ritzerfeld aus Oberhof. Dafür rücken die Talente Felix Schoft (Partenkirchen) und Severin Freund (Rastbüchl), der wegen eines Magen-Darm-Infektes in Garmisch-Partenkirchen kurzfristig ausfiel, für die letzten beiden Springen ins Team.
Da die Qualifikation am Montag nach mehreren Unterbrechungen wegen zu starken Windes abgebrochen und auf Dienstagvormittag verschoben wurde, mussten alle Springer am Neujahrstag früh aus den Federn. "Wir haben zusammen gegessen, einen Dia-Vortrag von früheren Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften angeschaut und sind dann zeitig ins Bett gegangen", berichtete Neumayer von der kurzen Silvesterfeier des deutschen Teams, das am Neujahrstag erneut Grund zum Feiern hatte.