Die Bundesregierung hat den Bundesbank-Vorstand davor gewarnt, in der Luxushotel-Affäre um Bundesbank-Präsident Ernst Welteke "auf Zeit zu spielen". Die Bundesregierung habe zwar "kein zeitliches Ultimatum" mit der Aufklärung verbunden, aber der Bundesbank-Vorstand müsse wissen, "dass es verhängnisvoll sein könnte, auf Zeit zu spielen", sagte der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg am Mittwoch in Berlin. Der Vorgang dürfe "nicht verschleppt" werden.
Kommenden Mittwoch geht's weiter
Mittwoch kommender Woche will sich das Gremium den Angaben zufolge wieder mit dem Vorgang befassen. Steg sagte: "Wir erwarten unverändert, dass die Vorgänge umfassend und lückenlos aufgeklärt werden". Deren Repräsentanten hätten eine ganz besondere Verantwortung, in der Öffentlichkeit "unzweifelhaft, untadelig, unangreifbar und honorig" aufzutreten. Jeder Repräsentant habe auch die Verpflichtung, sich darauf hin zu überprüfen und Konsequenzen zu ziehen.
Welteke müsse sich nach seinem Aufenthalt im Berliner Nobelhotel Adlon auf Kosten der Dresdner Bank fragen lassen, ob es hier nicht einen Interessenkonflikt gebe, wenn er von einer Einrichtung eingeladen werde, die er zugleich kontrollieren müsse. Allerdings sei der Bundesbank-Vorstand allein zuständig für die Aufklärung der Vorgänge. Es gehe um Ansehen und Handlungsfähigkeit der Institution. Steg wies zugleich Darstellungen als "absurd" zurück, die Bundesregierung führe einen "Kampf" gegen die Bundesbank.
Anonyme Schreiben aus Finanzministerium?
Der Sprecher des Finanzministeriums, Jörg Müller, sagte mit Blick auf entsprechende Forderungen der Union, Finanzminister Hans Eichel (SPD) stehe jedem Ausschuss Rede und Antwort, falls er mit Mehrheit darum gebeten werde. Er wies zudem Darstellungen zurück, die anonymen Schreiben über die Hotel-Rechnungen seien aus dem Finanzministerium gekommen.
Die "Financial Times Deutschland" hatte berichtet, dass es möglicherweise Videoaufzeichnungen des anonymen Informanten gebe. Denn in der Berliner Postfiliale, in der die Briefe angeblich aufgegeben worden sind, gebe es Videoüberwachung. Die Post will aber grundsätzlich keine Auskunft über Dauer der Überwachung und Speicherung der Daten geben.
Bundesbank-Vorstand "überfordert"
Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Joachim Poß sagte dem "Tagesspiegel" (Donnerstagausgabe), es sei "dringend geboten, die Hängepartie zu beenden - und zwar unabhängig vom Ausgang der staatsanwaltschaftlichen Untersuchungen". Poß warf die Frage auf, ob der Vorstand der Bundesbank bei der Beurteilung von Weltekes Verhalten nicht "überfordert" sei. Möglicherweise sei das Verhalten Weltekes in Bundesbankkreisen "durchaus üblich" gewesen, weshalb im Vorstand "die Messlatte verrutscht ist", sagte Poß.
Unterdessen forderte der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Karl Heinz Däke, Einsparungen bei der Bundesbank. Dem Wirtschafts-Magazin "Focus-Money" sagte Däke: "Das Institut leistet sich heute noch einen sehr hohen Personalbestand von rund 14.500 Mitarbeitern, eine Hauptverwaltung und etliche Filialen, obwohl seit 1999 viele Verantwortlichkeiten an die Europäische Zentralbank abgegeben wurden." Eine Reform sowohl in personeller als auch in struktureller Hinsicht sei daher notwendig.
Unionspolitiker unterstellen Eichel Intrige
Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder, sagte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Donnerstagausgabe), er vermute, "dass das Motiv Eichels für eine mögliche Intrige gegen Welteke die Absicht ist, den Verkauf eines Teils der Goldreserven der Bundesbank durchzusetzen, um damit vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im März nächsten Jahres Stimmung zu Gunsten der SPD machen zu können." Zugleich hob Kauder hervor, der gegen Eichel gerichtete Verdacht der CDU bedeute nicht, dass das Verhalten Weltekes von der CDU als korrekt bewertet werde.