Die Beamten im Bundesfinanzministerium glaubten zuerst an einen üblen Aprilscherz. Am 1. des Monats gingen mehrere anonyme Schreiben ein, die zwei Rechnungen des Berliner Nobel-Hotels Adlon an die Dresdner Bank beinhalteten, darunter 7661,20 Euro über eine Suite und ein weiteres Luxus-Zimmer für die Familie von Bundesbank-Präsident Ernst Welteke. Als das Ministerium am nächsten Tag, also am Freitag, Welteke über den Vorgang aufklären wollte, schien dieser schon im Bilde und bereits vom Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" befragt worden.
Welteke nahm zur Jahreswende 2001/2002 auf Einladung der Privatbank an den Feierlichkeiten zur Einführung des Euro teil. An sich nichts sonderlich Bemerkenswertes. Doch Welteke reiste offenbar am 29. Dezember mit Frau und zwei Kindern sowie einer Freundin eines der Kinder an und blieb bis 2. Januar - auf Kosten der Dresdner. Mit dem Vorgang konfrontiert, gab sich der Spitzenbeamte mit einem Jahresgehalt von 350.000 Euro überraschend offensiv, ungeachtet dessen, dass die hohen Managervergütungen derzeit die Öffentlichkeit beschäftigen - das bekannteste Beispiel ist der Mannesmann-Prozess.
Inzwischen hat Welteke angesichts des umstrittenen Hotelaufenthalts "Missverständnisse" eingeräumt und die Rechnung nachträglich durch die Bundesbank und aus eigener Tasche begleichen lassen. "Die Überweisungen an die Dresdner Bank sind heute erfolgt", teilte Welteke am Montag in einer schriftlichen Erklärung mit. Eine Prüfung der Bundesbank habe ergeben, dass sie angesichts der auch für sie "besonderen Bedeutung der Euro-Bargeldeinführung" den dienstlichen Anteil der Veranstaltung im Umfang von zwei Tagen übernehme. Welteke selbst zahle die verbleibenden zwei Übernachtungen. Ein Fehlverhalten räumte der 61-Jährige nicht ein.
Schelte aus dem Finanzministerium
Einen Gefallen tat sich Welteke, dessen Amtszeit regulär noch bis September 2007 geht, mit diesem Auftreten nicht, zumal er mit dem Übernachtungs-Geschenk der Dresdner gegen das Beamtenrecht verstoßen haben könnte. Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) meinte scharf: "Nach den Verhaltensregeln, die wir haben, sind solche Vorgänge nicht möglich." Eichels Sprecher Jörg Müller war zuvor noch deutlicher geworden. Ein "vergleichbares Verhalten" von Mitgliedern des Bundeskabinetts wäre "nicht zu dulden". Ein deutliches Signal an den Bundesbankpräsidenten, der bei der Bundesregierung immer wieder für Verärgerung sorgte.
Welteke war zuletzt mit dem Vorschlag angeeckt, die Erlöse aus den geplanten Goldverkäufen der Bundesbank in einem Fonds anzulegen und mit den Zinsen Projekte aus Bildung und Forschung zu finanzieren. Die Bundesregierung würde es lieber sehen, wenn die "vergoldeten" Gewinne in den allgemeinen Haushalt fließen oder zur Schuldentilgung eingesetzt werden. In vergangenen Jahr erzielte die Bundesbank regulär nur einen mageren Überschuss von 248 Millionen Euro - den niedrigsten seit 17 Jahren. Eingeplant für den Bundeshaushalt 2004 waren 3,5 Milliarden Euro.
Geht es eigentlich um Weltekes Kritik an der Haushaltspolitik?
Der Unions-Abgeordnete Steffen Kampeter vermutet, dass die Geschichte vom Finanzministerium lanciert worden sei. "Die Reaktion des Finanzministeriums zeigt, dass sie nicht das geringste Interesse haben, einen der schärfsten Kritiker ihrer verfehlten Haushaltspolitik und einen der letzten Verfechter des europäischen Stabilitätspaktes zu halten, sondern ihn eiskalt abservieren wollen."
Welteke vermutete hinter den Vorwürfen sofort eine Kampagne gegen seine Person. Ziel war das hessische Finanzministerium, dem Welteke vorhielt, die vertraulichen Informationen an die Öffentlichkeit gebracht zu haben. Das inzwischen von der CDU geführte Ministerium kritisierte die Äußerungen des früheren SPD-Ministers als "abenteuerlich". Sind es die in diesem Fall zuständigen hessischen Finanzbehörden, könnte auch eine Verletzung des Steuergeheimnisses vorliegen. Ermittlungen gibt es bisher noch nicht.
Wie auch immer der Fall ausgeht - einige fordern bereits den Rücktritt des Bundesbank-Präsidenten - einen Schaden tragen sowohl Welteke als auch das Institut davon.
Unterdessen forderte der Bund der Steuerzahler Weltekes Rücktritt. "Wie für jeden Beamten gilt auch für Herrn Welteke das Verbot der Annahme von Belohnungen und Geschenken", sagte dessen Präsident Karl Heinz Däke dem "Kölner Express".