Verbrauchertäuschung "Kriminelle Geschäftemacherei": Das Problem mit importiertem Fake-Honig

Eine Untersuchung der EU kam zum Ergebnis, dass ein Großteil des importierten Honigs gepanscht war
Eine Untersuchung der EU kam zum Ergebnis, dass ein Großteil des importierten Honigs gepanscht war
© ingimage / Imago Images
Deutschland und die Europäische Union importieren viel Honig. Doch der importierte Honig ist zu einem großen Teil gefälscht, sagt die EU. Experten sprechen von Verbrauchertäuschung. Den falschen Honig zu finden, ist aber nicht so einfach.

Ob auf einer Scheibe Brot oder im Tee: Die Menschen in Deutschland mögen Honig. 2021 wurden hierzulande pro Kopf mehr als 800 Gramm davon konsumiert. Doch nicht immer ist die süß-goldene Masse auch von Bienen erzeugt worden.

Die Europäische Kommission hat gemeinsam mit dem Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) und der Gemeinsamen Forschungsstelle der Europäischen Kommission (GFS) in einer koordinierten Aktion nach Honigfälschungen gesucht.

Dabei wurden zwischen November 2021 und Februar 2022 Proben von Honigimporten in der EU genommen. Das Ergebnis wurde im März vorgestellt: 46 Prozent der Proben standen im Verdacht, gepanscht zu sein. Das bedeutet, dass sie nicht den allgemeinen Bestimmungen der EU-Honigrichtlinie entsprachen. Die schreibt vor, dass "dem Honig keine Lebensmittelzutaten, einschließlich Lebensmittelzusatzstoffe, und keine anderen Zusätze als Honig zugesetzt werden dürfen". In den Proben sei aber unter anderem Zuckersirup entdeckt worden, Lebensmittelfarbe und Wasser.

"Verbrauchertäuschung" und "kriminelle Geschäftemacherei"

"Es ist im Grunde genommen Zuckerwasser", sagte ein EU-Beamter der "Financial Times".

Mehrere Importeure und Exporteure wurden ermittelt, die im Verdacht stehen, an der Fälschung von Honig beteiligt zu sein. China und die Türkei fielen dabei am häufigsten auf.

"Das ist Verbrauchertäuschung und kriminelle Geschäftemacherei", sagt Torsten Ellmann, Präsident des Deutschen Imkerbundes, dem stern.

Deutschland habe bei Honig einen Selbstversorgungsgrad von 30-40 Prozent, erklärt der Imker, der selbst 20 Bienenvölker besitzt. Import sei daher notwendig. Das Problem sei, dass gepanschter Honig für den Verbraucher nicht zu erkennen sei. Gleichzeitig seien Billigangebote im Supermarkt kein Ausdruck von schlechter Qualität oder von Fälschungen.

Imker-Präsident: Vertrauen könnte durch Fälschungen beschädigt werden

Doch der Verbraucher wolle echten Honig, den aber ausschließlich Honigbienen produzieren, wie Ellmann erklärt.  

"Verbraucher müssen Transparenz bekommen, indem die genauen Herkunftsländer auf den Etiketten aufgelistet werden. Er soll entscheiden, woher er den Honig haben will."

Der Imker fürchtet, dass durch die Honigfälscher das gute Naturprodukt schlechtgemacht und das Vertrauen in die Imker nachhaltig geschädigt wird. Und das habe gravierende Konsequenzen, so Ellmann.

"Wenn dann kein Honig mehr gekauft wird, hat das viele Konsequenzen: Bienenvölker werden weniger, die Bestäubung reduziert sich, was dann auch Auswirkungen auf Landwirtschaft und unsere Ernährung hat."

Zuckersirup im Honig: unlauterer Vorteil für Betrüger

Aber warum wird der Honig überhaupt gefälscht? Die EU-Kommission schreibt dazu, dass die hohe Verbrauchernachfrage die Weltmarktpreise auf ein Höchstniveau getrieben habe. "Dies bietet Möglichkeiten für irreführende Praktiken, die darauf abzielen, den wirtschaftlichen oder finanziellen Gewinn unangemessen zu steigern."

Die Preisunterschiede zwischen Honig und Zuckersirup sowie die Schwierigkeiten, gepanschten Honig zu erkennen, seien für die Betrüger sehr attraktiv. Sie hätten dadurch einen unlauteren Vorteil. "Berufsimker in der EU könnten davon abgehalten werden, ihre Tätigkeit fortzusetzen, was sich wiederum negativ auf die in der EU erzeugten Honigmengen auswirkt", heißt es.

Gesundheitliche Schäden seien durch den Fake-Honig aber nicht zu befürchten; das Risiko sei nur sehr gering, so die EU.

Honig im Weltraum: Wie verhält sich Honig im Weltraum? Astronaut zeigt es in sehenswertem Experiment
Wie verhält sich Honig im Weltraum? Astronaut zeigt es in sehenswertem Experiment

Ellmann rät: Honig beim Imker direkt kaufen

Die viel wichtigere Frage ist aber: Was kann gegen die Honigfälschungen getan werden?

Die EU schiebt die Verantwortung auf die Mitgliedsstaaten. Sie müssten Lebensmittelbetrug und Fälschung bekämpfen. Auch die Lebensmittelunternehmen müssten sich an die Vorschriften halten. "Eine Liste von Drittlandbetrieben, die Honig in die EU exportieren wollen, würde es ermöglichen, die Kontrollen an den EU-Grenzen bei Bedarf zu verstärken."

Ein Importstopp sei aber nicht die Lösung. Man wolle nicht Hersteller bestrafen, die sich an die Regeln hielten.

Torsten Ellman hingegen fordert mehr Handeln der EU. Neben stärkeren Kontrollen müssten Exporteure haftbar gemacht und die Strafen erhöht werden, "damit sich diese Tat nicht mehr lohnt". Er und weitere Imkerverbände wollen diese Forderungen demnächst in Brüssel erneut stellen.

Eine Alternative sei es, wenn man in der EU selbst mehr Honig produziert. Doch das sei nicht so einfach. "Wir müssen überlegen, was das bedeutet: Reicht etwa der Blütenreichtum für die Bienenvölker aus? Auch die Rahmenbedingungen müssten sich ändern. Mehr Flächen und Pflanzenangebote müssten geschaffen werden, es braucht alternative Kulturen."

Wer sicher sein will, keinen gefälschten Honig zu kaufen, dem rät der Imker: "Am besten beim Imker vor Ort kaufen."

PRODUKTE & TIPPS

Kaufkosmos