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Finanzielles Risiko Vorsicht, wenn Sie eine Bürgschaft abgeben sollen

Vorsicht, wenn moralischer Druck aufgebaut wird, um eine Bürgschaft abzugeben.
Vorsicht, wenn moralischer Druck aufgebaut wird, um eine Bürgschaft abzugeben.
© Geber86/Gettyimages
"Wer bürgt, wird erwürgt", sagt der Jurist. Dennoch werden Bürgschaften abgegeben – häufig ohne dass die Bürgen genau wissen, wofür sie eigentlich haften. Dabei kann eine unbedachte Unterschrift den Ruin bedeuten.

Bürgschaften sind gefährlich und doch geben Privatpersonen immer wieder Bürgschaften ab, häufig ohne zu wissen, welches Risiko sie damit eingehen. Grundsätzlich bringt eine Bürgschaft keinerlei Vorteil für den Bürgen. Es ist eine sehr einseitige Angelegenheit. Der Bürge wird verpflichtet, für die Verbindlichkeiten eines anderen, des Schuldners, gegenüber dem Gläubiger einzutreten. Gläubiger und Schuldner profitieren. Der eine erhält mehr Sicherheiten, der andere einen Kredit, den er allein nicht bekommen hätte. Nur der Bürger bekommt nichts – außer eine Menge Ärger, wenn es schief geht. Für einen kühlen Kopf gibt es keinen Grund eine Bürgschaft abzugeben. Daher entstehen Bürgschaften meist dort, wo starke emotionale Bindungen bestehen. "Das findet fast immer im engsten Familienrahmen statt" sagt Michael Sittig von "Finanztest". "Wer für einen Fremden bürgt, der ist richtig wahrsinnig." Die Kombination von Geschäft und Gefühl ist mit Risiken verbunden. 

Bürgschaften sind nie "pro forma"

Im privaten Rahmen werden Bürgen damit eingelullt, dass die Bürgschaft nur "pro forma" abgeschlossen werde. Gemeint ist damit, dass der Schuldner vorhabe und fähig sei, seine Verbindlichkeiten selbst zu begleichen. Doch "pro forma" gibt es nicht. Der Bürge haftet im vollen Umfang mit seinem Einkommen und seinem Vermögen. Wenn der Schuldner nach kurzer Zeit zahlungsunfähig ist, nützen frühere Versprechungen nichts.

Auch für eine Bürgschaft in großer Höhe ist die Schriftform ausreichend, es muss kein Notar zu Rate gezogen werden. Eine unbedachte Unterschrift kann den Bürgen lebenslang unglücklich machen. Niemand sollte eine Bürgschaft ohne Beratung durch einen Rechtsanwalt abschließen.

Wofür wird gebürgt?

Am häufigsten kommt es zu Mietbürgschaft. Das Modell lautet fast immer: Eltern haften für ihre Kinder. Finanziell stellt sie ein überschaubares Risiko da, die Haftung ist gesetzlich auf Drei-Netto-Kaltmieten begrenzt. Ein unbegrenzte Haftung wäre ungesetzlich. "Das sind 2000 oder auch mal 4000 Euro. Das ist gewiss ärgerlich, aber nicht existenzbedrohend. Das Problem sind hier Wohngemeinschaften. Wenn man weiter für einen Vertrag bürgt, auch wenn die eigene Tochter dort gar nicht mehr wohnt." 

Ein einfacher Fall: Eine Bürgschaft für einen Konsumentenkredit. Hier ist die maximale Summe bekannt, die die Bürgschaft kosten kann. Sollten Sie für einen Kredit über 20.000 Euro bürgen, können maximal Kosten von 20.000 Euro plus einiger Gebühren auf Sie zukommen. Hier empfiehlt sich eine Höchstbetragsbürgschaft. Jemand, der das Geld gar nicht aufbringen kann, sollte keine Bürgschaft abgeben. 

Der Gläubiger will, dass der Bürge haftet

Am gebräuchlichsten ist die selbstschuldnerische Bürgschaft – sie ist zugleich die unangenehmste Form für den Bürgen. Er haftet nämlich gleichwertig mit dem Gläubiger und nicht erst nach ihm. Bei einer Ausfallbürgschaft muss der Gläubiger erst versuchen, sein Geld vom originalen Schuldner zu bekommen. Erst wenn dort nichts zu holen ist, muss der Bürge ran. Bei einer selbstschuldnerische Bürgschaft kann sich der Gläubiger, meist eine Bank, sofort an den Bürgen halten, wenn es Probleme mit dem Schuldner gibt. Für die Bank macht das durchaus Sinn: Anstatt sich lange mit einem Freiberufler über Stundung und Raten auseinanderzusetzen, hält sie sich an den Bürgen mit regelmäßigen Gehalt. In Extremfällen führt so etwas dazu, dass der Schuldner nach einem geschäftlichen Schiffbruch einen Neuanfang in Thailand plant, während der Bürge in Deutschland seine Schulden abstottern darf. Noch gefährlicher ist eine Globalbürgschaft, hier haftet der Bürge pauschal für alle Verbindlichkeiten eines Schuldners gegenüber einem Gläubiger, auch das ist meist die Bank.

Achten Sie auf die Dauer

Bürgschaften überdauern Zeiten und Liebe. Häufig werden Bürgschaften von Ehepartnern abgegeben, bei Krediten wegen einer Selbstständigkeit werden Ehepartner von den Banken zu Abgabe einer Bürgschaft gedrängt. Aber Vorsicht: Die Verpflichtung endet nicht, nur weil die Liebe erkaltet. Eine Bürgschaft lässt sich nicht so einfach durch den Bürgen kündigen. "Ein Ausstieg aus den Verpflichtungen ist meist nur möglich, wenn der Vertrag sittenwidrig war" erläutert der Finanzexperte Michael Stittig. Das wäre etwa der Fall, wenn emotionale Abhängigkeiten ausgenutzt wurden, manchmal auch bei krasser finanzieller Überforderung des Bürgens. "Doch das sind dann wirklich extreme Ausnahmen. Aber wenn eine Frau für die Firmenschulden ihres Ex in Höhe von ein paar hunderttausend Euro haften, sollte sie den Gang zum Anwalt antreten, um den Fall zu überprüfen. Auch wenn die Chancen klein sind."

Lange Zeiten, große Summen

Häufig springen Eltern oder andere Verwandte als Bürgen bei einem Hauskauf ein. Im Prinzip ist es auch eine Bürgschaft über einen Kredit, allerdings sind die Summen höher und die Laufzeiten länger. Damit steigt auch das Risiko, weil kaum jemand vorhersagen kann, wie sich die Lebensverhältnisse aller Beteiligten in dem langen Zeitraum der Rückzahlung entwickeln werden.

Schwierig sind auch die Bürgschaften für Ausländer. Mit einer Bürgschaft erhalten Besucher leichter ein Visa oder eine Einreiseerlaubnis. Damit verpflichtet sich der Gastgeber jedoch, für alle Kosten, die der Gast während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet verursacht, aufzukommen. Das beinhaltet Kosten für Unterkunft und Verpflegung, aber auch für die Versorgung im Krankheitsfall oder bei Pflegebedürftigkeit. In jedem Fall empfiehlt sich der Abschluss einer Krankenversicherung für den Aufenthalt.

So eine Verpflichtungserklärung hat immer eine gewisse finanzielle Sprengkraft. Ist sie nur für einen Besuch von Verwandten gedacht und reisen diese auch wieder planmäßig aus, bleiben die finanziellen Lasten im Rahmen eines Verwandtenbesuches. Kein Problem, könnet man meinen. Doch auch wenn der Gastzustand eigentlich auf drei Monate begrenzt ist, bleibt der Bürge in der Pflicht, wenn die eingeladene Person dauerhaft in Deutschland bleiben will. Die Gäste sind nämlich nicht verpflichtet, sich an frühere Absprachen mit dem Gastgeber zu halten. Im Extremfall kann sich so eine Bürgschaft zu einem Blankoscheck in beliebiger Höhe entwickeln.

Generell großes Risiko

In der Theorie gibt es Klauseln, die einen Bürgen schützen oder zumindest besser stellen. Leider sind die Kräfte bei den meisten Fällen ungleich verteilt. Bei einer Bürgschaft für einen Existenzgründer wird die Bank kaum Sonderkonditionen einräumen. Bei der Bürgschaft für einen ausländischen Gast gibt es den staatlichen Vordruck.

Für den Bürgen stellt sich meist die einfache Frage: Ist er bereit, den Vertrag zu unterschreiben oder ist er es nicht. Einen wirklichen Rat gibt es nicht, da der Bürge meist keinen eigenen materiellen Vorteil aus dem Vertrag schöpft, müsste man generell von Bürgschaften abraten. Nur damit wird man den emotionalen Verbindungen nicht gerecht, etwa wenn Eltern ihren Teil zu einem Hauskauf beitragen wollen. Oder ein Ehepartner dem anderen die Existenzgründung ermöglichen will. "Immer, wenn man das Gefühl hat, moralisch unter Druck gesetzt zu werden, um so etwas zu unterschreiben, müssen wirklich alle Alarmglocken schrillen," rät Experte Sittig. Bürgen sollten immer genau ausrechen, in welchem Umfang sie im schlimmsten Fall haften müssten. Und dann überlegen, wie ihr Leben nach so einem Einbruch weitergehen kann.  

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