Waren Sie von der Höhe der Ausfälle überrascht?
Als Oberbürgermeisterin von Frankfurt habe ich die Finanzen im Auge. Es spiegeln sich jetzt die Auswirkungen der Krise bei Bund, Ländern und Kommunen wider - deshalb überrascht es nicht. Bei der Aufstellung unseres Haushaltes sind wir von Mindereinnahmen ausgegangen und haben die geplanten Ausgaben gegenüber dem vergangenen Haushalt frühzeitig angepasst. Die Städte werden sehr unterschiedlich getroffen. Wir haben auch einige, in denen es überhaupt keine Gewerbesteuereinnahmen mehr gibt - weil die Unternehmen so hohe Verluste schreiben. Es gibt aber auch Städte, die verhältnismäßig glimpflich durchkommen.
Zur Person
Petra Roth (CDU) ist die neue Präsidentin des Deutschen Städtetag - dem kommunale Spitzenverband in Deutschland. Sie ist die Oberbürgermeisterin von Frankfurt am Main. Sie will den Verband wie ihr Vorgänger, der Münchner OB Christian Ude (SPD), überparteilich führen, um die Schlagkraft zu erhalten.
Die Konjunkturprogramme helfen. Sie fließen antizyklisch in die Unternehmenspolitik ein - da hoffen wir, dass die Kurzarbeit nicht in Arbeitslosigkeit endet.
Welche Konsequenzen werden die Steuerausfälle für die Städte haben?
Die Gemeinden haben die Hoheit über die Hebesätze für die Gewerbesteuer. Deshalb kann ich das nicht generell sagen. Es wäre aber falsch, sich von der antizyklischen Haushaltspolitik - die durch die Konjunkturprogramme finanziert wird - wegzubewegen. Dann verlängern wir den Abschwung. Mit dem Geld aus dem Konjunkturprogramm versuchen wir, die Arbeitsplätze zu sichern. Das muss auch weiterhin eine hohe Priorität haben. Es gibt Pflichtleistungen, etwa die Straßenreinigung, an denen nicht gespart werden kann. Ich empfehle für die freiwilligen Leistungen, durchrechnen, was möglich ist und was nicht. Aber: Freiwillige Leistungen sind meist auch elementar, weil sie den Bereich der Bildung und die soziale Infrastruktur besonders betreffen. Wir können uns nicht die Basis für unsere gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung wegschlagen, indem wir bei der Bildung, etwa der Kinderbetreuung kürzen.
Sie sprechen die freiwilligen Leistungen an, die Finanzierung von Theatern und Schwimmbädern etwa. Auf was müssen sich die Bürger einstellen?
Das muss vor Ort in den einzelnen Städten geprüft werden. Wenn freiwillige Leistungen im Sport oder der Kultur gekürzt würden, dann merkt das der Bürger als Besucher schon.
Welche Regionen werden die stärksten Ausfälle haben?
Das betrifft zum Beispiel die industriestarken Städte. Etwa den Norden Baden-Württembergs oder Wolfsburg - über all wo die Autoindustrie ist. Die Gewerbesteuer ist eine von vier Steuern der Kommunen. Sie sinkt nach den heutigen Prognosen deutschlandweit um rund 15 Prozent. Absolut: von brutto 41 auf 35 Milliarden Euro. Aber die Kommunen haben ja - neben der Gewerbesteuer- noch drei weitere Einnahmen: die Grundsteuer, die Einkommensteuer und die Umsatzsteuer. Diese vier Steuern brachten im vergangenen Jahr 77 Milliarden Euro ein. 2009 werden es nur 70,3 Milliarden Euro sein. Das ist ein Minus von 8,7 Prozent.
Braucht es einen Schutzschirm oder Hilfen für deutsche Städte durch die Bundesregierung?
Den Schutzschirm gibt es - das ist das Konjunkturprogramm des Bundes. Das hat glücklicherweise sehr früh begonnen. Die Ratsbeschlüsse gibt es, die Ausschreibungen laufen. Die Aufträge werden in diesen Wochen vergeben. Vor den Sommerferien sind schon Bagger an der Baustelle.
Braucht es da noch mehr Hilfe?
Wissen Sie, wie viel Geld das ist? Der Bund kann an sich gar nicht die Kommunen unterstützen! Das Geld wird deshalb an die Länder gegeben, und die haben zum Teil mehr weitergegeben als vorgeschrieben. Zu 70 bis 84 Prozent gehen die Mittel an die Kommunen. Manche Firmen können die Aufträge gar nicht so schnell umsetzen, weil sie nicht genügend Personal haben. In Frankfurt sind befristet Ingenieure und Techniker eingestellt worden, damit gebaut werden kann.