Gehälter Es geht aufwärts

Vor fünf Jahren erschien in stern spezial Campus & Karriere der erste Gehaltsreport. Jetzt haben wir die Jobeinsteiger von damals erneut befragt. Die gute Nachricht: Die meisten haben Karriere und ordentliche Einkommenssprünge gemacht.

"Es wäre schön, wenn es ein bisschen mehr wäre", sagt der Schornsteinfeger Marcus Köhlmann über sein Gehalt, "aber das Gleiche würde auch jemand sagen, der zehnmal mehr verdient als ich." Wer so etwas sagt, der ist rundherum zufrieden. Und daran hat sich bei Marcus Köhlmann in den letzten fünf Jahren nichts geändert. Bereits zum zweiten Mal erzählt er im stern spezial Campus & Karriere, was er verdient.

Wie viel bekommen Sie? Welche Extras legt Ihr Chef drauf? Und was glauben Sie, wie hoch ist ihr Gehalt in fünf Jahren? Diese Fragen haben vor fünf Jahren hundert Berufseinsteiger im stern spezial Campus & Karriere beantwortet. Jetzt haben wir die Befragten von 1999 wieder aufgesucht und wollten wissen: Arbeiten Sie noch bei derselben Firma? Was hat das Berufsleben an Erfolgen und Enttäuschungen gebracht? Und wie hoch ist Ihr Gehalt heute?

Mit ihrem alten Arbeitgeber streitet sie noch heute

Die gute Nachricht: Die Mehrheit der Befragten hat sich deutlich verbessert. Der Technical Account Manager Andreas Falkner zum Beispiel hat sein Gehalt fast verdoppelt. Er hat seinen Arbeitgeber gewechselt und arbeitet nun auf Provisionsbasis. Aber wichtiger als die Höhe des Gehalts ist ihm Sicherheit - er hat jetzt Frau und zwei Kinder. "Seit 1999 gab es einen Rückgang bei den Gehältern. Meine Kollegen und ich sind froh, dass wir überhaupt noch einen Job haben", sagt der 34-Jährige aus München.

Die medizinisch-technische Laborassistentin Michaela Schmank ist ebenfalls froh, dass sie Arbeit hat. Vor drei Jahren wurde ihr altes Labor privatisiert und sie von einem Tag auf den anderen vor die Tür gesetzt. Wie im schlechten Krimi wurden über Nacht die Schlösser ausgetauscht. Mit ihrem alten Arbeitgeber streitet sie noch heute vor Gericht. Und Industriemechaniker und Punk Henning Rechter engagiert sich inzwischen als Betriebsrat.

Der Vorstand in Deutschland fürchtet eine Neiddebatte

Nicht alle, die 1999 Rede und Antwort standen, konnten oder wollten noch mal mit uns reden: Einige sind nicht mehr auffindbar, haben geheiratet und einen neuen Namen, den Beruf gewechselt oder sind weggezogen. Und eine ganze Reihe von den hundert dürfen nicht mehr über ihr Gehalt sprechen - weil sie inzwischen so viel verdienen. Zum Beispiel der Produktmanager, den wir vor fünf Jahren interviewten: Er kletterte steil die Karriereleiter hoch und ist jetzt Geschäftsführer in Südamerika. Für das Telefoninterview nahm er sich fast eine Stunde Zeit, doch sein Bruttojahresgehalt durfte er nicht nennen. Der Vorstand in Deutschland fürchtet eine Neiddebatte.

Bei der ersten Befragung 1999 sagten fast 90 Prozent wie Schornsteinfeger Köhlmann: Geld ist mir nicht wichtig, was zählt, sind der Spaß an der Arbeit, nette Kollegen. Fünf Jahre später klingt das schon anders. Zwar ist die Mehrheit zufrieden mit ihrem Gehalt, aber heute sagt ein Viertel: Geld sei wichtiger geworden. Arzthelferin Tanja Bäumer: "Ich bin vor drei Jahren bei meinen Eltern ausgezogen, mein Lebensstandard hat sich geändert und auch die Einstellung zum Geld."

In sieben Fällen zahlte der Chef einfach von sich aus mehr Gehalt

Die große Mehrheit ist wie Tanja Bäumer ihrem Chef treu geblieben. Zwei sind zurzeit arbeitslos, zwei studieren, vier arbeiten im Ausland, 16 haben den Job und 14 den Beruf ganz gewechselt. Der ehemalige Steuerberater, der anonym bleiben möchte, ist heute Mitarbeiter im Auswärtigen Amt. Obwohl er bei seinem alten Arbeitgeber nach eigener Schätzung inzwischen das Doppelte verdienen könnte, ist der 34-jährige Jurist zufrieden: "Das ist nicht so wichtig, mein jetziger Beruf ist einfach schöner. Und als Beamter kriegt man sein Geld nach einheitlichen Sätzen."

"Hat der es gut", werden viele denken. Denn den meisten fällt es schwer, zum Chef zu gehen und mit ihm über mehr Geld zu verhandeln. Nur ein Viertel der Befragten hat in den letzten fünf Jahren schon mal mit Erfolg verhandelt. Fast die Hälfte hat noch nie Gehaltsgespräche geführt. Entweder, weil sie im öffentlichen Dienst beschäftigt sind oder nach Tarif bezahlt werden und bisher nicht versucht haben, Zulagen zu bekommen. In sieben Fällen zahlte der Chef einfach von sich aus mehr Gehalt. Doch darauf sollte sich niemand verlassen. Selbst wenn man so glücklich ist wie Schornsteinfeger Köhlmann.

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Catrin Boldebuck

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