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Plagiatsvorwürfe Warum in Serbien Uni-Abschlüsse erschlichen und Titel gekauft werden

Plagiate, Phantom-Diplome und nie absolvierte Studien: In Serbien macht selbst die politische und akademische Spitze mit windigen Zeugnissen Karriere. Die Justiz unternimmt nichts dagegen.

Eine clevere Idee hat die serbische Gemeinde Surdulica gehabt, um die mutmaßlichen Phantom-Diplome zweier örtlicher Spitzenpolitiker zu entlarven: Wer ein Foto aus den Studententagen der beiden auftreibt, soll vom Bürgermeister 3000 Euro Belohnung erhalten. Was manchen vielleicht schmunzeln lässt, reicht als Dauerskandal bis nach oben im Staat. Ein System von Plagiaten und erschlichenen Titeln gegen die deutsche Fälle wie der des damaligen Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg geradezu lächerlich wirken.

Ausländische Wissenschaftler wiesen Serbiens Innenminister Nebojsa Stefanovic eine erschlichene Doktorarbeit nach. Der Politiker selbst sagte, er habe sich nichts vorzuwerfen. Weil der Minister die rechte Hand des alles beherrschenden Regierungschefchefs Aleksandar Vucic ist, erstickte der alle weiteren Untersuchungen mit der Aussage, die Vorwürfe seien "das Dümmste, was ich je gehört habe".

Komplett abgeschrieben

So muss wohl auch Belgrads Bürgermeister Sinisa Mali nichts befürchten, dessen Doktorarbeit "das schlimmste Plagiat ist, das ich je gesehen habe". Das sagte schon vor eineinhalb Jahren der aus Serbien stammende und an der Wiesbadener Uni für Wirtschaft und Recht lehrende Finanzprofessor Rasa Karapandza der dpa. Schließlich seien "ein Drittel oder mehr" der 220 Seiten umfassenden Dissertation abgeschrieben.

Auch gegen den Uni-Abschluss von Malis Kollegen in Neu-Belgrad, Aleksandar Sapic, gibt es Plagiatsvorwürfe. Selbst Staatschef Tomislav Nikolic steht im Zwielicht. Bereits vor gut einem Jahr veranstalteten Kritiker vor dessen Amtssitz in Belgrad ein Happening: Sie wollten ihm gleich zehn Phantom-Diplome überreichen. Denn niemand hatte Nikolic bei seinem angeblichen Management-Studium gesehen, hatten Zeitungen herausgefunden. Seine Uni habe nicht einmal das Recht besessen, solche Titel zu verleihen und am Prüfungstag war Nikolic auf einer Parteiveranstaltung, sagten Zeugen.

Professoren verkaufen Titel

An der Juristischen Fakultät der Universität Belgrad sind einige Professoren mit zweifelhaften Arbeiten ins Gerede geraten. Gegen ihre Kollegen in der Stadt Kragujevac läuft seit vielen Jahren ein Endlos-Prozess, weil sie beim Verkauf von Abschlüssen auf frischer Tat ertappt wurden.

Die Zahl der Doktortitel explodierte in dem kleinen Land von 206 (im Jahr 2007) auf 770 nur fünf Jahre später. "Diplome sind das beste Geschäft", titelte die Zeitung "Novosti". Bei Studiengebühren von mindestens 6000 Euro für drei Jahre und geringen Durchschnittsverdiensten wohl kein Wunder.

Justiz ist von der Regierung abhängig

Warum die Justiz nicht gegen dieses Massenphänomen vorgeht? Es herrsche eine "juristische Fäulnis", weil die Richter von der Regierung abhängig sind, sagte der Richter beim Belgrader Appellationsgericht, Miodrag Majic, der Zeitschrift "Novi Magazin".
Stellen für Richter seien "über Jahre mit unqualifizierten, verwandtschaftlichen oder parteipolitischen Kadern" besetzt worden.
Die können ihre unverdient erhaltenen Posten nur sichern, wenn sie jeder Regierung bedingungslos dienen". Und die sagt eben: Keine Untersuchung der vielen Betrugsfälle im Bildungssystem.

kg DPA

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