Rettung für Krisen-Airline? Lufthansa könnte Air Berlin übernehmen - aber nur ohne Schulden

Übernimmt die Lufthansa bald Air Berlin?
Übernimmt die Lufthansa bald Air Berlin?
© Oliver Berg/DPA

Air Berlin schreibt immer höhere Verluste und wäre längst pleite, wenn Konzernmutter Etihad nicht ständig Geld nachschießen würde. Retter in der Not könnte schon bald die Lufthansa werden.

Carsten Spohr ist bester Laune: Selbstsicher und sogar ein bisschen angriffslustig tritt der Lufthansa-Chef am Freitagmorgen in Hamburg vor seine Aktionäre. Nach vielen Krisenjahren ist die Hauptversammlung von Europas größter Fluggesellschaft erstmals nicht von schlechten Nachrichten überschattet. Die Finanzen? "Wir haben geliefert: Eines der besten Ergebnisse der Geschichte." Die Kosten? "Um 2,5 Prozent gesenkt." Die Pilotenstreiks? "Wir konnten nicht ausweichen, jetzt haben wir Lösungen gefunden." Und die Sicherheit? "Es war ein unfallfreies Jahr", sagt Spohr mit Blick auf die Germanwings-Katastrophe, die seine erste Hauptversammlung 2015 überschattete.

Spohr spricht zu einem zufriedenen Publikum: Seine Aktionäre freuen sich über 50 Cent Dividende, der Aktienkurs ist zuletzt um 28 Prozent gestiegen. Er bekommt sogar Zwischenapplaus, als er dem Frankfurter Flughafen attestiert, er sei die "größte Enttäuschung des Jahres", weil er Billigfliegern wie Ryanair "bis zu 50 Prozent Rabatt bei den Landegebühren einräumt".

Politikum Air Berlin

Nur ein Thema spricht er lieber nur im kleinen Kreis an: Air Berlin. Denn das ist ein Politikum. Gerade war Spohr mit der Kanzlerin in Abu Dhabi und traf dort Manager der arabischen Air-Berlin-Muttergesellschaft Etihad. Das Verhältnis der beiden Konkurrenten hat sich dabei merklich gebessert, denn Etihad sieht in der Lufthansa inzwischen einen Verbündeten bei der Air-Berlin-Rettung.

Für die Krisenairline, Nummer Zwei im deutschen Markt, wird die Zeit knapp. Gerade erst hat sie einen Verlust von 782 Millionen Euro gemeldet. Etihad musste danach hunderte Millionen zuschießen, um die Pleite abzuwenden.

Lufthansa hält Übernahmeprobleme für lösbar

Beim Besuch im Wüstenstaat wurden offenbar bereits ganz konkret die Aufgaben zwischen den neuen Partnern verteilt: Etihad kümmert sich ums Geld, gemeint ist damit die Tilgung der bestehenden Milliardenschulden. Der neue Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann, selber Ex-Lufthanseat, kriegt die aus Spohrs Sicht zu hohen Gehälter und Flugzeugkosten in den Griff. Und bei der Lufthansa in Frankfurt klärt man schon mal die regulatorischen Probleme. Weder die deutschen noch die europäischen Kartellbehörden mögen es nämlich, wenn sich Nummer Eins und Zwei in einem Markt zusammen tun.

Das sei "lösbar", sagt Spohr nun in Hamburg. "Schließlich durfte British Airways auch British Midland kaufen und Air France den Konkurrenten Air Inter." Das klingt nach reichlich politischer Rückendeckung.

Alle Zeichen stehen also auf Übernahme. Zuletzt hatte die Lufthansa für ihre Tochter Eurowings schon 38 Air-Berlin-Jets samt Besatzungen angemietet und so erste Fakten geschaffen.

Wenn es doch schief geht

Das Pleite-Risiko ist damit bei Air Berlin aber noch nicht abgewendet. Passagiere mit langfristigen Buchungen, aber auch Mitglieder des Air-Berlin-Bonusprogramms mit Ansprüchen auf Freiflüge, müssen weiter hoffen, dass es zu einer geordneten Lösung kommt. Denn falls die Scheichs am Golf die Geduld mit ihrer deutschen Tochter verlieren, werden sie von Kunden zu Gläubigern.

"Die Veränderungen im Luftverkehr und bei der Lufthansa gehen weiter", schließt Spohr seine Rede. "Unser Verbrechen steht...", setzt er an und korrigiert sich dann schnell. "Versprechen" meint er natürlich. So steht es auch im Manuskript. Die Lufthansa-Aktionäre haben gut lachen.

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