Wegen des Tarifkonflikts bei der Bahn läuft der bundesweite Zugverkehr heute nur nach einem Notfahrplan. Schon vom frühmorgendlichen Berufsverkehr an müssen Reisende mit Einschränkungen rechnen. Rund ein Drittel der Fernzüge und etliche Nahverkehrszüge fallen im Tagesverlauf aus. Die meisten ICE und möglichst jeder zweite Regionalzug sollen aber fahren, wie die Bahn mitteilte. Am Vormittag dürfte sich die Lage verschärfen. Zwischen 8.00 und 11.00 Uhr will die Lokführergewerkschaft GDL bundesweit den Nahverkehr und die S-Bahnen lahmlegen. Geplante Streiks im Güter- und Fernverkehr hatte das Arbeitsgericht Chemnitz für unzulässig erklärt.
Hintergrund der Streiks ist Forderung der GDL nach einem eigenständigen Tarifvertrag und 31 Prozent mehr Geld für das Fahrpersonal. Die Bahn lehnt einen Extra- Tarifvertrag ab und verweist auf ihr bereits vorgelegtes Angebot. Demnach soll die GDL den mit den anderen Gewerkschaften Transnet und GDBA erzielten Abschluss mit 4,5 Prozent Einkommensplus übernehmen. Durch mehr Geld für mehr geleistete Arbeitsstunden könnten die GDL- Mitglieder am Ende bis zu zehn Prozent mehr Geld in die Tasche bekommen.
GDL über Urteil verärgert
Die Gewerkschaft der Lokomotivführer (GDL) äußerte in der Nacht ihr Unverständnis über das Streikverbot im Güter- und Fernverkehr. Der GDL-Vorsitzende Manfred Schell sagte, seine Gewerkschaft begrüße, dass im Nahverkehr gestreikt werden dürfe. "Wir können jedoch nicht nachvollziehen, warum der Güter- und Fernverkehr nicht bestreikt werden darf." Nach dem bundesweiten Streik im Nahverkehr und bei den S-Bahnen zwischen 8.00 Uhr und 11.00 Uhr am Freitagmorgen werde es keinen Arbeitskampf am Wochenende geben. "Wir geben dem Arbeitgeber so Zeit, uns ein vernünftiges Verhandlungsangebot zu unterbreiten. Der Bahnvorstand hat es in der Hand, weitere Streiks zu verhindern", sagte Schell.
Die Deutsche Bahn AG erklärte: "Das Gericht hat im Grunde unsere Auffassung bestätigt und festgestellt, dass dieser Streik insgesamt unverhältnismäßig ist. Die Richter haben die Arbeitskampfmaßnahmen deutlich eingeschränkt", sagte Bahn-Verhandlungsführer Werner Bayreuther. Unabhängig von dem angedrohten Streik und der Gerichtsentscheidung biete die Bahn ihren Kunden im Personenverkehr für Freitag einen reduzierten Fahrplan an.
Das Gericht hatte nach langer Verhandlung gegen 2.00 Uhr in der Nacht seine Entscheidung bekannt gegeben. Die Richter stellten fest, dass Streiks nicht generell grob rechtswidrig seien, weshalb eine gänzliche Untersagung nicht in Frage gekommen sei. Um den Schaden zu begrenzen und die Verhältnismäßigkeit zu wahren, seien Streiks aber auf den Nahverkehr zu beschränken. Gegen Streiks im Fern- und Güterverkehr wurden auf Antrag der Bahn Einstweilige Verfügungen erlassen. Der Entscheid sollte bis zum frühen Morgen der GDL-Zentrale in Frankfurt/Main zugestellt werde. Dagegen sind Rechtsmittel beim Landesarbeitsgericht in Chemnitz möglich.
Bahn hat Notfahrplan vorbereitet
Die Bahn hatte den Notfahrplan für Freitag bereits unabhängig von dem Gerichtsentscheid beschlossen, nachdem die GDL den Beginn ihres angedrohten Streiks erst am Donnerstagnachmittag bekannt gegeben hatte. Der Notfahrplan soll vom Betriebsbeginn gegen 4.00 Uhr an ein eingeschränktes aber verlässliches Angebot gewährleisten. Auf Bahnhöfen sowie in Netzleitstellen sollen mehr als 1000 zusätzliche Mitarbeiter eingesetzt werden. Angaben, welche Züge fahren, sollen im Internet unter www.bahn.de/aktuell und unter der Telefonnummer 08000 996633 zu bekommen sein. Unklar war, inwiefern die Streiks der GDL im Nahverkehr auch den Notfahrplan durcheinander bringen werden.