David Drummond Googles geheime Supermacht

Von Thomas Wendel
Stratege, Spindoktor, Consigliere: Googles Chefjurist hält sich gern im Hintergrund, ist aber einer der mächtigsten Manager des Suchmaschinenriesen. Nun gibt David Drummond den Kämpfer gegen Chinas Internetzensur.

David Drummond ist keiner, dem man seine Macht anmerkt. Leise und unaufgeregt kommt Googles Chefjustiziar daher. Wenn er etwas Wichtiges zu sagen hat, dann hält er sich aufs Strengste an den Sprachgebrauch seines Arbeitgebers. Man könnte leicht auf die Idee kommen, den Manager zu unterschätzen.

In Wirklichkeit aber ist Drummond in den letzten Jahren zu einem der mächtigsten Google-Manager aufgestiegen - nicht zuletzt wegen seiner Loyalität und seiner Zurückhaltung. Kein Zufall, dass es der 47-Jährige und keiner der Konzernchefs war, der Googles Rückzug aus China und den Umzug der Suchmaschinenseite ins liberalere Hongkong verkündete. "Wir konnten keinen Weg finden, die Zensur auf Google.cn zu stoppen", begründet er in seinem Blog den Schritt.

Dieser Artikel wurde übernommen...

...aus der aktuellen Ausgabe der "Financial Times Deutschland"

Chefjurist, PR-Chef und Chefstratege in Personalunion

Chinas Regierung schäumt vor Wut. Sie spricht von "unerhörten Anschuldigungen und Verhaltensweisen". Drummond ist zum Blitzableiter geworden. Ein Held wider Willen, ein Kämpfer, der Chinas Zensurgelüste zähmen muss. Und hinter dem das Google -Führungstrio - die Gründer Sergey Brin und Larry Page sowie Vorstandschef Eric Schmidt - in Deckung gehen kann.

Drummond, ein studierter Jurist und Historiker aus dem Silicon Valley, arbeitete erstmals 1998 als externer Berater für Brin und Page. 2002 stieg er komplett bei dem aufstrebenden US-Konzern ein. Heute firmiert Drummond nicht nur als Chefjurist, sondern auch als Leiter der Unternehmens-PR und der Strategieabteilungen. Drummond war es, der den Google-Gründern ihre erste Wagniskapitalfinanzierung zusammenschnürte. Als Chef der Unternehmensentwicklung geht seit Jahren jeder Firmenzukauf und jede Geschäftsfelderweiterung über seinen Schreibtisch.

Als "extrem auffassungsstark und schnell" charakterisieren ihn Kollegen. Und als hochinteressiert, wenn es um die Eigenarten der vielen Länder geht, in denen Google geschäftlich aktiv ist. Das US-Wirtschaftsmagazin "Forbes" taxiert seine Jahresbezüge auf gut 5 Mio. $.

Kampf an vielen Fronten

Dafür muss Drummond mehr und mehr aushalten. China ist keineswegs der einzige brisante Konflikt, den der hochgewachsene Basketballfan in nächster Zeit meistern muss: Vor einem New Yorker Gericht steht Googles ehrgeiziges Buchdigitalisierungsprojekt auf der Kippe, das Drummond maßgeblich mit der US-Verlagsindustrie einfädelte. Und in Italien ist der Manager gar zu einer Haftstrafe auf Bewährung verurteilt worden - er sei mitverantwortlich für die Präsentation eines Amateurvideos auf Youtube, das die Misshandlung eines behinderten Kindes zeigt, urteilten Richter in Mailand. Drummond hat Rechtsmittel eingelegt.

Und in China? Google hoffe, schreibt Blogger Drummond, dass es die Regierung in Peking respektieren werde, wenn man die Zensur bei Google China ausknipse. "Obwohl wir uns bewusst sind, dass sie den Zugang zu unseren Diensten jederzeit blockieren kann." Es klingt, als habe er China für Google schon verloren gegeben.

FTD