Fiat-Opel Eine Braut, die sich was traut

Über Fiat wurde in den letzten Wochen viel Schmutz von interessierter Seite in Umlauf gebracht. Offenkundige Vorzüge fielen unter dem Tisch. Dabei muss die offensive Braut aus Turin nicht mit Reizen geizen.

Was würde gut zu Opel passen, was fehlt dem Unternehmen am Markt? Das Image! Opel gilt als so bieder, dass es jedem, der seine Jacke nicht gerade bei Lidl kauft, vor dem Rüsselsheimer Lifestyle graut. Fiats Fahrzeuge hingegen haben Rasse und Schick. Ob Grande Punto, der geniale 500er oder der den Atem raubende Alfa Mito - Alles bellissima! Schöne Autos bauen auch andere, nur haben BMW und Audi kein besonderes Interesse an Opel geäußert und zweitens schafft es nur der Fiat Konzern, so preisgünstige Wagen mit Style aufzuladen. Wer einmal die Gelegenheit hatte, die ungelenken Selbstinszenierungen der Opeleaner in Sachen "Lifestyle" mitzuerleben, weiß, dass hier dringend Nachhilfe im Tangoschritt der automobilen Verführung benötigt wird. Und den beherrschen die Italiener perfekt. Sie zeigen selbst einen Wagen wie den Panda, der zurzeit mit Preisen von 5000 Euro (inklusive Abwrackprämie) verjubelt wird, mit Anmut und Grandezza.

Vor der Hochzeit sollte Opel Selbstvertrauen in die eigenen Stärken zeigen und nicht nur ängstlich auf Überkapazitäten schauen. Der Markenkern von Opel beinhaltet etwas, woran es den Italienern immer gefehlt hat: Qualität und Solidität. Auch das ist keine angeborene Eigenschaft, sondern ein Know-How über den Bau von Fahrzeugen, das Opel in die Ehe einbringen kann.

In der Modellpalette von Opel und Fiat gibt es auch unangenehme Überschneidungen. Im Bereich des B-Segments und der Kompaktklasse drängen sich die konkurrierenden Modelle. Hier kann es zu Einschnitten kommen. Jenseits der Größen von Corsa und Astra gibt es dafür sinnvolle Ergänzungen. Im Bereich der Klein- und Kleinstwagen ist Fiat außerordentlich stark. Hier könnte sich Opel in Zukunft aus dem gemeinsamen Regal bedienen, anstatt auf Partner wie Suzuki zu vertrauen.

Oberhalb der Kompaktklasse haben die Italiener dafür kräftige Defizite und Opel wäre prädestiniert, sie zu lösen. Ein Mittelklassewagen wie der Alfa 159 wird allein wegen des Image und des Design gekauft, den Wagen darunter nimmt der Kunde quasi in Kauf. Die Kompetenz, die ein Modell wie der Insignia, verkörpert, würde es Fiat ermöglichen mit Opelbasis die Marken Lancia, Alfa und Fiat nach oben abzurunden und auf dem Stand der Dinge zu bleiben. Ähnliches gilt für die Mini Vans. Die antiquierten italienischen Modelle könnten von der nächsten Generation des Zafira profitieren

Vor Chrysler muss Opel dabei keine Angst haben. Wenn Chrysler nach den verlorenen Jahren mit Cerberus noch Kompetenz besitzt, liegt diese im Bereich von sehr großen Fahrzeugen und in der Technik von ebenfalls sehr großen Benzinmotoren. Beides spielt im Portefolio von Fiat und Opel bislang keine Rolle und würde auch in Zukunft nicht über ein Nischendasein in Prestigefahrzeugen hinwegkommen.

Fiat steht aber nicht nur für knallharte Sanierung und hübsche Schwünge im Blech, auch technisch müssen sich die Italiener nicht verstecken. In Turin begann die "Common Rail"- Revolution, die den Dieseln zu enormen Drehmoment bei niedrigen Verbrauch verhalf. Mit der neuartigen "Multiair"-Technik sollen ab Sommer 2009 Benzinmotoren vollelektronisch von Magerbetrieb auf Kraftsportler umgeschaltet werden.

Die Opeleaner fürchten um Standorte und Arbeitplätze. Die Sorge ist berechtigt. Durch die seit Jahren sinkenden Marktanteile sitzt Opel auf erheblichen Überkapazitäten. Fiat hat daran keine Schuld. Es gibt die Zusicherung aus Turin die Standorte zu erhalten, wenn auch nicht immer in der bestehenden Größe. Mehr ist im Moment nicht zu erwarten. Opel ist eine Firma mit erheblichen Strukturschwierigkeiten und ist daher von der Krise besonders betroffen. Ein Partner wie Fiat eröffnet den Weg zu einer Lösung, kann jedoch keine Wunder wirken.

Vor allem aber ist Fiat ein großer, europäischer Autohersteller mit einem vitalen Interesse an der Vermählung mit Opel. Endlich eine Braut, die will. Damit hat die Fiat-Offerte ein entscheidendes Alleinstellungsmerkmal, denn andere namhafte Autohersteller von Volkswagen, über PSA, BMW oder Mercedes haben bereits abgewunken. Mögen die Manager und Betriebsräte bei Opel auch noch so griesgrämig gucken. Opel ist auf dem Heiratsmarkt der Autoallianzen nicht der Märchenprinz, um den sich die schönsten Bräute prügeln. Wer jetzt an der italienischen Verlobten nur herummäkelt, wird am Ende von Berlin zwangsverheiratet.