Fynn Kliemann ist Musiker, Heimwerker, Social-Media-Star. Vor allem ist er aber auch ein Unternehmer, der seine Bekanntheit und sein Image in den vergangenen Jahren für zahlreiche Projekte und Kooperationen genutzt hat. Der Skandal um die verschleierte Herkunft von Maskenlieferungen in der Corona-Krise hat dieses Gebilde zum Einsturz gebracht. Juristisch ist zwar noch einiges aufzuarbeiten, doch die Reputation des Influencers liegt in Trümmern.
Seit der Veröffentlichung von Jan Böhmermann und seinem Team wenden sich nun immer mehr Partner von Kliemann ab. "Ich habe versäumt, genauer zu überprüfen, wo überall mit meinem Namen geworben wird, wo Kunden vielleicht auf meinen Namen vertrauen", hat Kliemann sich im stern-Interview gerechtfertigt. Nun will erstmal keiner mehr etwas mit dem Namen Kliemann zu tun haben – nicht nur der Onlineshop About You, der die Skandalmasken aus dem Sortiment genommen hat.
St. Pauli und Viva con Agua kündigen Zusammenarbeit
Als einer der ersten Partner distanzierte sich der FC St. Pauli. Als Reaktion auf die Vorwürfe wurde ein Projekt mit Fynn Kliemann und dessen Textilfirma Global Tactics gestoppt. In einer Stellungnahme heißt es: "Der FC St. Pauli steht für Fairness, Nachhaltigkeit, Vielfalt und Sozialverträglichkeit. Sollten sich die gegen Fynn Kliemann und Global Tactics erhobenen Vorwürfe bewahrheiten, wird der FC St. Pauli sämtliche zur Verfügung stehenden juristischen Konsequenzen prüfen lassen."
Auch die Hamburger Nonprofit-Organisation Viva con Agua zeigte sich "bestürzt und getroffen" von den Vorgängen, die "in krassem Gegensatz zu unseren Werten, unserer Vorstellung von gemeinwohlorientiertem Unternehmertum" stünden. "Wir beenden daher alle Geschäftsbeziehungen zwischen Viva con Agua und Fynn Kliemann, inklusive aller angegliederten Unternehmen."
Der Deutsche Nachhaltigkeitspreis hat Kliemann seine Auszeichnung aus dem Jahr 2020 wieder aberkannt, "weil er unlautere Methoden angewendet und uns mit Greenwashing hintergangen hat". Der Verein "Wir packen's an", der Nothilfe für Geflüchtete leistet, und 2020 Tausende Kliemann-Masken zweifelhafter Qualität für ein Flüchtlingslager einkaufte, zeigte sich bestürzt über das "Geschäftemachen auf dem Rücken von Schutzsuchenden".
Ferienhäuser, Hanf und Astrologie: Fynn Kliemann und seine Projekte

Toom verzichtet auf den Heimwerkerkönig
Zu den prominenten Werbepartnern, die Kliemann nun los werden wollen, zählt auch die Baumarktkette Toom. Diese war mit dem selbst ernannten Heimwerkerkönig und seinem Kreativprojekt Kliemannsland "eine zeitlich begrenzte Kooperation" eingegangen, "die auf die Erstellung von Heimwerker- und DIY-Videos fokussiert ist", wie eine Toom-Sprecherin dem stern sagte. Die Vorwürfe gegen Kliemann nehme man sehr ernst. "Toom hat daher sofort nach Veröffentlichung der Berichterstattung alle laufenden Kooperationsmaßnahmen umgehend ausgesetzt", so die Sprecherin der zum Rewe-Konzern gehörenden Baumarktkette. "Aktuell prüfen wir juristische Möglichkeiten."
Ebenfalls das Weite sucht der Getränkehersteller Berentzen. Mit dessen Mate-Marke Mio Mio hatte Kliemann eine Merchandising-Kollektion rausgebracht und über seinen Online-Shop verkauft. Die Zusammenarbeit sei nach dem ZDF-Bericht beendet worden, erklärte Berentzen der Lebensmittelzeitung.
Global Tactics in der Kritik
Überhaupt steht das gesamte Geschäft mit vermeintlich nachhaltigen Textilien, die Kliemann in seinem Onlineshop "Oderso" verkauft, jetzt im Fokus. Denn Produktionspartner ist die Firma Global Tactics, die damals auch das Maskengeschäft abwickelte und an der Kliemann heute beteiligt ist.
Global-Tactics-Gründer Tom Illbruck beteuerte gegenüber dem stern zwar, "Kleidung ausschließlich in Europa" zu produzieren. Doch davon ging auch der Onlineriese About You aus, als er die Global Tactics-Masken unter Kliemann-Label fälschlicherweise als made in Europe verkaufte, wofür er nun Kliemann und Global Tactics verantwortlich macht. Das Vertrauen in die "Textilmanufaktur für faire und nachhaltige Bekleidung", so die Eigenbezeichnung, ist jedenfalls erschüttert.
Dass sich etwas ändern muss, soviel hat Kliemann offenbar selbst erkannt. "Ich muss in meinem Leben aufräumen", sagte er im Rechtfertigungsinterview mit dem stern. "Meine vergangenen Jahre waren ein einziger Rausch. Ein Projekt jagte das nächste, jede Woche habe ich etwas Neues begonnen, alles wurde immer größer." Einen Teil der Aufräumarbeiten erledigen nun andere für ihn.