Global Tactics Kliemann-Skandal: Das sagt die Firma hinter den Masken dazu

Ein bisschen zu viel Geschäftssinn: Fynn Kliemann verliert seinen Nachhaltigkeitspreis.
Fynn Kliemann und die Firma Global Tactics sollen unlautere Geschäfte mit Masken gemacht haben
© Eventpress Golejewski/ / Picture Alliance
Youtube-Star Fynn Kliemann steht wegen dubioser Maskendeals am Pranger – und schiebt die Schuld teilweise auf seinen Geschäftspartner von der Textilfirma "Global Tactics". Was sagt der dazu?

Der Skandal um die Betrugsvorwürfe gegen Musiker Fynn Kliemann wirkt weiter nach. Nachdem Jan Böhmermann und sein "ZDF Magazin Royale" Kliemanns fragwürdige Geschäftspraktiken rund um Maskendeals in der Corona-Krise offengelegt haben, bleiben weiter viele Fragen offen. Vor allem die: Wer hat wann wie schlimm gelogen und betrogen?

Kliemann selbst hat in diversen Interviews zwar Fehler eingestanden, sich aber auch in Teilen ahnungslos gegeben – und die Schuld auf seinen Geschäftspartner "Global Tactics" abgewälzt. Diese Firma organisierte in Kliemanns Namen die Beschaffung der Masken, die angeblich "fair" und alle in Europa produziert sein sollten. Was nicht stimmte, wie man heute weiß. Denn im Onlineshop von About You wurden im großen Stil Kliemann-Masken verkauft, die tatsächlich aus Asien stammten. Und auch in einem Flüchtlingslager sollen – minderwertige – Masken aus asiatischer Produktion gelandet sein. 

Kliemann sagte dem stern dazu, er habe zwar von den Produktionen in Bangladesch gewusst und den Deal mit eingefädelt. "Diese Masken waren jedoch ausschließlich für den Vertrieb von und durch 'Global Tactics' vorgesehen." In seinem eigenen Online-Shop seien nur Masken aus Europa verkauft worden. "Ich war weder am Verkauf von nur einer einzigen Maske aus Bangladesch oder Vietnam beteiligt, noch habe ich an nur einer dieser Masken etwas verdient. Ich habe nicht betrogen."

Blöd nur, dass die Bangladesch-Masken unter Kliemanns Label "ODERSO." im Online-Shop von About You verkauft wurden. Er habe da "nicht weiter hingeschaut", sagt Kliemann heute, betont aber: "Der Deal bestand nur zwischen 'About You' und 'Global Tactics', der Produktionsfirma der Masken, an der ich zu diesem Zeitpunkt nicht beteiligt war."  

Global Tactics und das Nachhaltigkeitsversprechen

Der Nachsatz "zu diesem Zeitpunkt" ist deshalb wichtig, weil sich Kliemann nach dem lukrativen Maskengeschäft, das ihm persönlich eine halbe Million Euro einbrachte, tatsächlich an "Global Tactics" beteiligte. Oder genauer gesagt: "Tom Illbruck, der Chef von 'Global Tactics' und ich haben zusammen eine neue Firma mit ähnlichem Namen und neuem Zweck gegründet", wie Kliemann sagt. Formal also eine neue Firma, aber damals wie heute heißt sie Global Tactics und macht in nachhaltige Textilien.

Global-Tactics-Gründer Illbruck hatte noch vergangenes Jahr gegenüber dem stern selbst über "Greenwashing" hergezogen und betont, wie wichtig es sei, bei Textilien auf das Herkunftsland zu achten. Nun musste er zugeben, dass man Großkunden Masken aus asiatischer Herstellung angeboten habe, "ohne explizit an jeder Stelle zu sagen, wo die Masken herkommen", wie er es gegenüber DPA ausdrückte. So erklärt er auch die Bangladesch-Masken für About You. "Nach dem, was uns an Dokumenten vorliegt, gibt es keine Absprachen mit About You, dass die Masken explizit aus Portugal gekommen sind und das ist an keiner Stelle schriftlich versichert worden."

Dort ging man aber offenbar fest davon aus: "Dass die Masken teilweise nicht in Europa produziert wurden, war uns bis heute nicht bekannt“, schrieb About-You-Chef Tarek Müller am Freitagabend. Die ZDF-Recherchen legen zudem nahe, dass Global Tactics die Herkunft der Asien-Masken bewusst verschleiert hat. 

Reputation schwer beschädigt

Auf Anfrage des stern zum Maskengate sagte Global-Tactics-Gründer Illbruck am Montag: "Ich bereue es, dass wir da nicht klarer kommuniziert haben." Konkrete Nachfragen zum Deal mit About You oder der Flüchtlingslager-Lieferung wollte Illbruck nicht beantworten, sondern kündigte für die nächsten Tage eine ausführliche Stellungnahme an. Dass Kliemann ihm den Schwarzen Peter herübergeschoben habe, empfinde er nicht so. Privat seien sie immer noch gut befreundet.

Zum Geschäft von Global Tactics insgesamt beteuert Illbruck: "Wir haben nie etwas anderes in Bangladesch fertigen lassen als Masken im Frühjahr 2020." Und: "Wir produzieren unsere Kleidung ausschließlich in Europa." Kleine Ausnahmen scheint es aber doch zu geben, wie Illbruck einräumt. "Auf Kundenwunsch werden Sideproducts wie Badelatschen, Sonnenbrillen oder Kopfbedeckungen außerhalb Europas hergestellt, zum Beispiel in China."

Die Reputation von Global Tactics ist schwer beschädigt. Doch auf der Homepage findet sich bislang kein Hinweis auf den Skandal. Dort bezeichnet sich das Unternehmen weiter stolz als "Textilmanufaktur für faire und nachhaltige Bekleidung – hergestellt in Europa". Künstler, Musiker und Modelabels können hier eigene Kollektionen in Auftrag geben, Vereine ihre Sportbekleidung erstellen lassen, alles produziert "in unseren eigenen Produktionsstätten in Portugal und Serbien". Man könne "Sozialstandards sicherstellen, die faire Arbeitsbedingungen und allen Beteiligten ein gerechtes Einkommen garantieren". 

Aber wer soll das jetzt noch glauben? Der Deutsche Nachhaltigkeitspreis wurde Fynn Kliemann und seinem Team wegen "Greenwashing" wieder aberkannt. Prominente Kunden ziehen die Reißleine: Der FC St. Pauli hat ein geplantes gemeinsames Projekt mit Global Tactics gestoppt. Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, werde man juristische Konsequenzen prüfen lassen, kündigte der Fußballclub an. Auch Viva con Agua beendet alle Geschäftsbeziehungen mit Kliemann und Global Tactics.

Bleibt ein Spruch, der einem auf der Webseite von Global Tactics gleich an mehreren Stellen entgegen springt und nun in einem ganz neuen Licht erscheint: "Wir sind noch nicht perfekt, aber wir arbeiten jeden Tag an einem komplett transparenten und über die Maßen nachhaltigen Produkt." Noch jede Menge Arbeit also.