In einer mit Spannung erwarteten Grundsatzrede will Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy seine Landsleute heute Abend auf neue Maßnahmen zur Rettung aus der Euro-Schuldenkrise einschwören. Vor 5000 Zuhörern wird er in einer Konferenzhalle in der Hafenstadt Toulon am Mittelmeer laut Medienberichten Details eines mit Bundeskanzlerin Angela Merkel ausgearbeiteten Rettungsplanes skizzieren, der den Durchbruch in der Krise bringen soll.
"Heute wird Nicolas Sarkozy, morgen Angela Merkel ihre zwangsläufig koordinierte Vision zu Europas Zukunft vorstellen; jeder in seinem eigenen politischen Stil: er in präsidialen Rahmen im populären Konferenzsaal, sie im parlamentarischen Rahmen vor den Abgeordneten des Bundestags", schrieb der regierungsnahe "Le Figaro" am Donnerstag. Deutschland und Frankreich dringen auf zügige Änderungen der EU-Verträge für eine strengere Überwachung der Euro-Stabilitätsregeln.
Merkel und Sarkozy hatten am vergangenen Donnerstag bei einem Treffen in Straßburg bereits angekündigt, noch vor dem EU-Gipfel am 9. Dezember Vorschläge für eine Änderung der EU-Verträge vorzulegen, die nach Angaben Merkels in Richtung einer Fiskalunion gehen sollten. Paris würde der Europäischen Zentralbank (EZB) gerne eine aktivere Rolle zugestehen, was von Berlin bisher aber abgelehnt wurde.
Draghi fordert bessere Fiskal-Koordination
Rückenwind in Punkto Unabhängigkeit der EZB erhält die Bundeskanzlerin ausgerechnet vom neuen Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi. In seiner Rede vor dem Europa-Parlament machte Draghi am Donnerstag deutlich, dass sich die Zentralbank nicht in ihre Geldpolitik hineinregieren lässt. "Die Unabhängigkeit der EZB ist und bleibt unverhandelbar", sagte Draghi in einer Redepassage auf Deutsch. Zugleich machte der EZB-Chef deutlich, dass sich die Zentralbank mit ihren Staatsanleihekäufen nicht in die Rolle eines Staatsfinanzierers drängen lassen werde: "Die EZB kann innerhalb des EU-Vertrags handeln. Daher sollte nichts von ihr verlangt werden, was nicht im Vertrag steht." An die EZB war in der eskalierenden Schuldenkrise – unter anderem von Frankreich - die Forderung herangetragen worden, ihre Bondkäufe massiv auszuweiten und damit als Kreditgeber der letzten Instanz für Staaten zu fungieren. Genau dies verbietet aber der Maastricht-Vertrag.
Draghi unterstützte in seiner Rede eine engere Koordination der Fiskalpolitik, wie sie Merkel und Sarkozy mutmaßlich vorschlagen werden. Vor allem Deutschland will EU-Haushaltssünder stärker zur Rechenschaft ziehen. "Ich denke, unsere Währungsunion braucht eine neue Übereinkunft in Fiskalfragen", sagte der Italiener Draghi bei der Vorstellung des EZB-Jahresberichts vor dem Europa-Parlament. So werde die Voraussetzung geschaffen, damit die Schuldenstaaten und die Euro-Zone als Ganzes an Glaubwürdigkeit gewinnen könnten. "Weitere Elemente können folgen, aber die Abfolge ist entscheidend", sagte Draghi und ließ zugleich offen, welche Maßnahmen zur Stabilisierung der Märkte er im Hinterkopf hat.
Die Schuldenkrise hat zuletzt immer weiter um sich gegriffen, nachdem die Refinanzierung klammer EU-Staaten wie Italien und Spanien durch steigende Renditen an den Anleihemärkten ein für die Länder bedrohlich hohes Niveau erreicht hat. Die EZB hat bereits für mehr als 200 Milliarden Euro Staatsanleihen von Schuldenstaaten - darunter Papiere Spaniens und Italiens - aufgekauft.