Die Öffnungszeiten für Geschäfte sollen nach den Vorstellungen mehrerer Länderwirtschaftsminister mit Ausnahme von Sonntagen völlig freigegeben werden. Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Horst Rehberger (FDP) kündigte im Nachrichtenmagazin »Der Spiegel« am Wochenende eine Bundesratsinitiative dazu an. »Der Sonntag soll allerdings unangetastet bleiben«, sagte Rehberger. Das Bundeskabinett wird nach Angaben von Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) am Mittwoch über einen Gesetzentwurf zur Verlängerung der Ladenöffnungszeiten an Samstagen bis 20.00 Uhr beraten. Die Bundesregierung ist für die Änderung des Ladenschlussgesetzes auf die Zustimmung der Länderkammer angewiesen, weil der Bundesrat das Vorhaben stoppen kann.
Formel »Sechs mal 24«
Wie Rehberger sprach sich auch der sächsische Wirtschaftsminister Martin Gillo (parteilos) im »Spiegel« dafür aus, das Ladenschlussgesetz nach der Formel »Sechs mal 24« zu ändern. Hessens Wirtschaftsminister Dieter Posch (FDP) sagte dem Magazin, die Ladenbesitzer sollten selber entscheiden können, wann sie von Montag bis Samstag ihre Läden öffnen. Der Vorschlag von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) für die Ausweitung der Ladenöffnungszeit an Samstagen um vier Stunden sei halbherzig und eine Konzession an die Gewerkschaften. Während Wirtschaftsverbände und der Handel das Regierungsvorhaben begrüßt haben, gibt es Widerstand von den Gewerkschaften.
Dem sozialdemokratischen Wirtschaftsminister von Mecklenburg-Vorpommern, Otto Ebnet, gehen sogar die Vorschläge seiner Länder-Kollegen noch nicht weit genug. Er sprach sich im »Spiegel« auch für mehr Einkaufsmöglichkeiten an Sonntagen aus. »Wir müssen endlich aufhören, die Leute zu bevormunden.«
55 Prozent der Bevölkerung für Liberalisierung
Nach einer repräsentativen Umfrage des Instituts Allensbach sind 55 Prozent der Bevölkerung dafür, dass die Ladeninhaber die Öffnungszeiten selbst bestimmen. 32 Prozent stützten in der im November erhobenen Umfrage die Ansicht, der Ladenschluss müsse gesetzlich geregelt werden. Die Öffnung der Geschäfte an Sonntagen erklärten hingegen 46 Prozent für noch überflüssig, 38 Prozent fanden dies einen guten Vorschlag.
Stichwort: Ladenschlussgesetz
In dem aus dem Jahr 1956 stammenden Ladenschlussgesetz ist detailliert geregelt, welche Geschäfte wann und wie lange geöffnet haben dürfen. Generell gelten an Wochentagen Öffnungszeiten von 06.00 bis 20.00 Uhr, an Samstagen bis 16.00 Uhr. Allerdings gibt es zahlreiche Ausnahmeregelungen. So dürfen Tankstellen oder Läden an Flughäfen und Bahnhöfen rund um die Uhr geöffnet haben. Auch Warenautomaten dürfen rund um die Uhr benutzbar sein. Nach einer Gesetzesnovellierung aus dem Jahr 1996 dürfen Backwaren-Verkaufsstellen ihre Öffnungszeiten auf 05.30 Uhr vorverlegen.
Eine Ausnahme der Öffnungszeiten gibt es auch in der Vorweihnachtszeit. An den vier Samstagen vor dem Fest dürfen Geschäfte bis 18.00 Uhr öffnen. Auch zu Messen und Märken sind Ausnahmen möglich. Dann ist Einkaufen in Läden und Warenhäusern an maximal vier Sonn- und Feiertagen pro Jahr erlaubt. Auch Bäcker, Apotheken und Geschäfte für Reisebedarf dürfen am Sonntag öffnen. Nach der Regelung für Bade- und Kurorte können dort die Ladentüren an Samstagen bis 20.00 Uhr und an Sonntagen maximal acht Stunden offen gehalten werden.
Mit dem Ladenschlussgesetz will der Gesetzgeber einen Ausgleich zwischen den Interessen des Einzelhandels, der im Einzelhandel Beschäftigten und der Verbraucher schaffen. Gleichzeitig soll die Wettbewerbsneutralität im Bundesgebiet gewahrt bleiben.