Opel-Übernahme Keine Staatshilfe für Finanzinvestor RHJ?

Und wieder eine neue Volte im Kampf um Opel: Offenbar will der Finanzinvestor RHJ am Mittwoch in Berlin vorstellig werden und im Wirtschaftsministerium sein Übernahmekonzept erläutern. Doch möglicherweise kann sich die Abordnung den Weg auch sparen: Ein Ministerpräsident stellt plötzlich die Staatsgarantien für Opel infrage, sollte ein anderer Bieter als Magna zum Zuge kommen.

Im Ringen um die Übernahme von Opel drückt der Finanzinvestor RHJ weiter aufs Tempo. Wie am Dienstag aus Verhandlungskreisen verlautete, will der belgische Bieter an diesem Mittwoch in Berlin Vertretern des Wirtschaftsministeriums ein weiter entwickeltes Übernahmekonzept erläutern. RHJ International wollte dies weder bestätigen noch dementieren. Sprecher Arnaud Denis sagte der dpa lediglich: "Die Dinge entwickeln sich ziemlich schnell. Wir sprechen derzeit praktisch mit jedem."

Informierten Kreisen zufolge will RHJ will bei einer Übernahme von Opel rund 300 Millionen Euro an Eigenkapital investieren. Das sagten mehrere mit der Situation vertraute Personen am Dienstag zur Nachrichtenagentur Reuters. "Die Investitionssumme liegt bei rund 300 Millionen", hieß es aus dem Umfeld des Investors. Der konkurrierende Bieter Magna strebte zuletzt einen Eigenkapitalanteil von 500 bis 700 Millionen Euro an, der chinesische Hersteller BAIC von 660 Millionen Euro.

Wie es hieß, wollen RHJ und Magna möglichst noch bis zum Wochenende unterschriftsreife Vorverträge vorlegen. Laut "Bild"-Zeitung will RHJ zudem noch in dieser Woche Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern führen.

RHJ hofft im Kampf um den Autobauer auf Zuspruch durch die Bundesregierung. Hingegen machen sich die vier Bundesländer mit Opel- Standorten und der Opel-Betriebsrat nach wie vor für eine Übernahme durch den kanadisch-österreichischen Autozulieferer Magna zusammen mit russischen Partnern stark.

Koch stellt Staatshilfen für RHJ infrage

Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) stellte den Beitrag des Landes von 474 Millionen Euro zur Brückenfinanzierung von 1,5 Milliarden Euro für Opel infrage, sollte der Zuschlag nicht an Magna gehen. "Es besteht kein Automatismus, dass die mit Magna vereinbarte staatliche Brückenfinanzierung auch für den Finanzinvestor RHJ gilt", sagte Koch dem "Handelsblatt" Ob und wieweit ein anderer Investor Staatsgeld bekomme, müsse in jedem Fall neu überprüft werden. Entscheidend sei, wie ein solcher Investor Opel weiterführen wolle. "Staatsgeld ist in jedem Fall nicht dazu da, um eine Zwischenfinanzierung für GM zu ermöglichen, und am Ende bleibt alles so wie es einmal war", sagte Koch.

Bund und Länder hätten sich klar für das Konsortium um Magna entschieden, unterstrich ebenfalls der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD). RHJ habe kein schlüssiges Angebot, "das ist nur Störfeuer", sagte Beck.

Opel-Betriebsrat wirbt für Magna

Der Opel-Gesamtbetriebsratsvorsitzende Klaus Franz rief die Belegschaft in einem internen Schreiben zur Unterstützung von Magna auf: "Stellen wir uns quer, lehnen wir Magna ab und kein anderer Bieter einigt sich mit GM, dann stehen wir in ein paar Monaten wieder vor der Insolvenz." Gleichzeitig macht der Betriebsrat offen Front gegen RHJ International. "RHJ ist ein Finanzinvestor, der Opel so schnell wie möglich wieder an GM verkaufen wird und im Interesse von GM handelt", schreibt Franz in dem Brief an die Mitarbeiter. Mit einer Entscheidung für RHJ werde GM alles beim Alten zu lassen. Mit diesem "weiter so" werde das Unternehmen endgültig scheitern.

Zudem bezweifelt Franz die Stichhaltigkeit des nachgebesserten Angebots: "Im ersten Konzept sollten die Werke Antwerpen und Bochum geschlossen und Eisenach verkauft werden, zudem wurden 4,8 Milliarden Euro Staatsgarantien verlangt." Jetzt gehe es nur noch um Garantien von 3,8 Milliarden Euro, obwohl plötzlich keine Werke mehr geschlossen werden sollten. "Ich habe RHJ um einen Finanzierungsplan gebeten, aber keinen bekommen", betonte Franz.

"Wir kennen das Konzept von RHJ", schrieb der stellvertretende Vorsitzende des europäischen GM-Arbeitnehmerforums, Rudi Kennes in einem Blog der Opel-Mitarbeiter: "Das sind Finanziers, die selbst sagen, dass sie nichts von Autos verstehen." Auf Anfrage bekräftigte Kennes diese Haltung. Sollte RHJ bei Opel zum Zuge kommen, werde es ein "soziales Blutbad" geben.

Unterdessen erklärte der NRW-Bezirksvorsitzende der IG Metall, Oliver Burkhard, auch Magna stelle harte Forderungen an die Arbeitnehmer des angeschlagenen Autoherstellers. Der Zulieferer verlange unter anderem eine Leiharbeiterquote von bis zu 30 Prozent in den Werken, den Abbau von 10.000 Arbeitsplätzen und den Verzicht auf Urlaubsgeld, sagte Burkhard. Diese Forderungen würden vom europäischen Gesamtbetriebsrat zum jetzigen Zeitpunkt abgelehnt.

Harte Verhandlungen erwartet

Burkhard machte deutlich, dass die Gewerkschaft nach wie vor das strategische Gesamtkonzept von Magna favorisiere. Er erwarte sehr harte Verhandlungen mit jedem möglichen Investor. Franz sagte zu den Forderungen, der Betriebsrat habe noch nicht mit Magna verhandelt. Dies könne erst geschehen, wenn die einstige Mutter General Motors Magna den Zuschlag gegeben habe und ein Geschäftsplan vorliege.

Franz betonte allerdings, dass bisher nur Magna Gespräche mit den Arbeitnehmervertretungen über Einschnitte bei der Belegschaft geführt habe. Dabei habe der Zulieferer eine Beteiligung der Mitarbeiter am neuen Unternehmen zugesagt. "Über die konkreten Pläne der anderen Bieter in Bezug auf deren Forderungen an die Beschäftigten wissen wir außer Personalabbauzahlen so gut wie nichts."

AP · DPA
DPA/AP/Reutes