Ralph Roberts (81) aus Philadelphia begann 1963 sein Kabelfernsehunternehmen Comcast mit einem winzigen System in Tupelo (Mississippi). Er baute Comcast in beeindruckender Weise zum drittgrößten US-Kabelfernsehkonzern mit rund acht Millionen Kunden aus. Jetzt übernimmt seine Familie und sein Unternehmen die De-Fakto-Kontrolle beim größten amerikanischen Kabelfernsehunternehmen AT&T Broadband mit mehr als 14 Millionen angeschlossenen Haushalten für 47 Milliarden Dollar.
Sohnemann tritt Nachfolge an
Sein Sohn Brian Roberts (42) wird die neue AT&T Comcast Corporation führen, die in Philadelphia ihren Sitz haben wird. «Diese Transaktion ist der lohnendste und wichtigste Comcast-Schritt seit ich die Gesellschaft vor fast vier Jahrzehnten gegründet habe», betonte der Firmenpatriarch. Er sprach von einer «einmaligen Gelegenheit».
Microsoft half
Die Roberts-Familie hatte in Microsoft auch einen kapitalkräftigen Helfer. Der Bill Gates-Konzern befürchtete, dass der ebenfalls an der AT&T-Kabelfernsehsparte interessierte weltgrößte Medien- und Online-Konzern AOL Time Warner zum Zuge kommen könnte. Microsoft wandelt deshalb seine AT&T-Vorzugspapiere im Wert von fünf Milliarden Dollar in Aktien der neuen AT&T Comcast um.
Profit durch AOL-Microsoft Konkurrenz
Microsoft sieht in AOL Time Warner langfristig den Hauptrivalen, denn das Unternehmen hat 30 Millionen Online- und 12,2 Millionen Kabelfernsehkunden. Microsoft will seiner Software in einer langfristigen Internet- und Breitband-Strategie die dominierende Position sichern, was durch den Zugang zu den Kabelfernsehsystemen AT&T Comcast leichter werden wird.
Keine Überschneidung
Die kartellrechtlichen Probleme sind bei dem geplanten Zusammenschluss von Comcast und AT&T Broadband nicht allzu groß. Die Kabelfernsehsysteme der beiden Firmen überschneiden sich nicht, obwohl die neue Gesellschaft mit mehr als 22 Millionen Kunden mit Abstand größter amerikanischer Kabel-TV-Anbieter wird.
AOL-Anteil wird geopfert
AOL Time Warner wird aber mit ziemlicher Sicherheit an AT&T Comcast herantreten, um deren 25,5-prozentige Beteiligung an der Unterhaltungssparte Time Warner Entertainment zu kaufen. Diese bringt die AT&T Broadband mit in die Ehe mit Comcast ein. AT&T hatte sich bisher aus Preisgründen geweigert, den Anteil an AOL Time Warner zu verkaufen.
Clevere Expansionspolitik
AT&T-Konzernchef C. Michael Armstrong hatte in den vergangenen Jahren die beiden US-Kabelfernsehfirmen Tele-Communications und Media One für mehr als 100 Milliarden Dollar geschluckt. Er wollte AT&T unter Umgehung der großen regionalen Telefongesellschaften eine Direktverbindung zu den US-Haushalten verschaffen, um so neben Kabelfernsehen auch Ortsgespräche, Internet- und andere Breitbanddienste anbieten zu können.
Für die Kontrolle reicht's
AT&T litt aber bald unter den dabei angehäuften riesigen Schulden und unter dem drastischen Rückgang seines Ferngesprächsgeschäfts. AT&T wollte ursprünglich unter dem Druck der Wall Street seine Kabelfernsehoperationen verselbstständigen. Dann kam Comcast im Juli letzten Jahres mit seiner unerwünschten Kaufofferte von 44,5 Milliarden Dollar für die AT&T Broadband, wobei die Roberts-Familie 42 Prozent der Stimmrechte der Gesellschaft haben wollte. Sie begnügt sich jetzt mit 33 Prozent der Stimmrechte. Das reicht aber für die Kontrolle des Unternehmens aus.