Hamburg - Nach Einschätzung Wolfgang Clements wird die SPD durch die Reformpolitik "nicht kaputt" gehen, aber es stehe ihr eine "verteufelt schwere Zeit" bevor. Besonders für Bundeskanzler Gerhard Schröder sei dies "eine unglaubliche Teufelsfahrt", sagte der Wirtschaftsminister in einem Interview mit dem stern. Selbst eine Wahlniederlage 2006 müsse die SPD "notfalls in Kauf nehmen. Wir machen das ja nicht aus Daffke." "Jede Regierung müsste im Kern so handeln, wie wir es tun", sagte Clement. Wenn Deutschland den Wettbewerb mit den anderen Weltregionen nicht annähme, würde es "ein Fall für eine mehr oder weniger freundliche Übernahme". Seine Generation werde "noch wunderbar so leben können wie bisher, für die nächste wird es nicht mehr reichen. Deshalb kann ich die Jungen nur ermutigen: Lasst euch das nicht gefallen."
Clement gestand ein, dass bei der Umsetzung der Hartz IV-Reform "nicht alles völlig reibungslos" funktioniere. "Wir werden da schon noch einige bunte Tage erleben. Aber es gibt keine Alternative." Er verteidigte die Reform gegen die massiven Proteste vieler Linker. Die Bundesregierung verändere die Bedingungen am Arbeitsmarkt "doch nicht, um irgendjemand zu bestrafen oder schlechter zu stellen". Clement zum stern: "Nichts wird unmenschlich, nichts wird unwürdig, nichts wird willkürlich sein, aber im Rahmen dessen, was zumutbar ist, werden wir uns in Deutschland auf den Weg machen müssen. Zumutbare Arbeit heißt auch, dass jemandem etwas abverlangt wird."
Clement kündigte im stern an, dass er demnächst auch die Privilegien der freien Berufe abbauen möchte. Die Bundesregierung müsse dringend prüfen, ob das Standesrecht so aufrecht erhalten werden könne wie bisher. "Da haben wir uns selbst gefesselt, da sind wir eine der reguliertesten Gesellschaften in Europa. Standesrecht, Honorarordnungen, Wettbewerbsverbote für Ärzte, Architekten, Ingenieure, Rechtsanwälte und viele andere – das ist einer offenen Dienstleistungsgesellschaft, zu der wir in Europa werden, nicht mehr angemessen."
Bei der Frage, wie oft er in den letzten Monaten an Rücktritt gedacht habe, wich Clement aus: "Ich will ja ehrlich sein, deshalb will ich ihre Frage nicht beantworten." "Unverständlich" findet Clement, dass er keine Einladungen der SPD für Wahlkampfauftritte in Nordrhein-Westfalen bekommt. "Aber ich habe eine Fülle eigener Veranstaltungen und Termine in Nordrhein-Westfalen. Ich bin ausgebucht."