Zoff um Volkswagen Die CDU attackiert das "System VW"

Vordergründig geht es um umstrittene Gehaltszahlungen an SPD-Abgeordnete, dahinter aber steckt ein Kampf um Macht und Einfluss bei Europas größtem Autobauer.

Die Giftpfeile fliegen hin und her wie selten zuvor in der VW-Geschichte. Vordergründig geht es um umstrittene Gehaltszahlungen von Volkswagen an SPD-Abgeordnete, dahinter aber steckt ein Kampf um Macht und Einfluss bei Europas größtem Autobauer. VW-Betriebsrat und Gewerkschaften werfen der niedersächsischen Landesregierung eine "gezielte Kampagne" gegen Mitbestimmung und Stärke der IG Metall bei VW vor. Der CDU als größter Regierungspartei dagegen sind die engen Verflechtungen der SPD mit dem Volkswagen-Konzern ein Dorn im Auge.

Das Verhältnis zwischen der CDU/FDP-Koalition und dem größten Unternehmen im Land ist belastet. Das Pikante dabei: Das Land ist größter Anteilseigner des Autobauers, Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) und Wirtschaftsminister Walter Hirche (FDP) sind VW- Aufsichtsräte.

Und Volkswagen hat derzeit eigentlich auch andere Sorgen: Der Gewinn des Konzerns ist 2004 eingebrochen, VW steckt mitten in einem strukturellen Umbruch - und ist auf Sparkurs.

Wulf knüpft sich VW-Personalvorstand Hartz vor

In den Schlagzeilen besonders in Niedersachsen steht VW aber vor allem wegen der Gehaltszahlungen an sechs SPD-Landtags- und Bundestagsabgeordnete. Als treibende Kraft bei der Offenlegung gilt Wulff. Die Regelung, nach der VW-Beschäftigte bei einem Wechsel in Parlamente weiter das volle Gehalt kassieren, ist zwar inzwischen aufgehoben - der Streit aber geht weiter.

Zuletzt knüpfte sich Wulff den einflussreichen VW-Personalvorstand Peter Hartz vor, SPD-Mitglied und Kanzler-Freund. Sein Vorwurf: Hartz habe den Aufsichtsrat sowie VW-Chef Bernd Pischetsrieder nicht frühzeitig genug über die Gehaltszahlungen an SPD-Abgeordnete informiert.

Hartz wird nachgesagt, bei VW ein Netzwerk von SPD-Leuten aufgebaut zu haben

IG Metall-Mitglied Hartz, seit 1993 bei VW, gilt als Verfechter des Mitbestimmungsmodells - gerne hebt er die "gute Kultur" zwischen den Tarifparteien bei Volkswagen hervor. Beispielhaft dafür steht die Einführung der Vier-Tage-Woche, aber auch die Einigung im vergangenen November auf eine langjährige Beschäftigungsgarantie bei gleichzeitiger Nullrunde.

Hartz wird nachgesagt, bei VW ein Netzwerk von SPD-Leuten aufgebaut zu haben. Auch der frühere niedersächsische Ministerpräsident Sigmar Gabriel soll über Hartz an seinen umstrittenen VW-Beratervertrag für sein 2-Mann-Unternehmen gekommen sein.

Das Image des "Kanzlermannes" wird Hartz nicht mehr los

Nicht zuletzt steht der Name Hartz inzwischen nicht mehr vorrangig für VW, sondern vielmehr für die umstrittenen Arbeitsmarktreformen der rot-grünen Bundesregierung. Die haben zwar mit den Ursprungsideen des VW-Personalvorstandes nur noch am Rande etwas zu tun - aber dennoch: Das Image des "Kanzlermannes" wird der VW-Personalvorstand nicht mehr los.

Offizielle Stellungnahmen der VW-Chefetage zum Vorgehen Wulffs gibt es nicht. Intern aber heißt es, Wulff habe VW bei der Debatte regelrecht vor sich hergetrieben - und das nicht über die regulären Gremien des Konzerns oder auf dem kurzen Dienstweg, sondern über die Medien. VW-Boss Pischetsrieder sei "angefressen", Wulff wolle sich offensichtlich auf Kosten des Unternehmens auch parteiintern als Macher profilieren.

Andreas Hoenig/DPA