Wenn über 50.000 junge Menschen sich in den Hamburger Messehallen versammeln, ist das ein sicheres Zeichen dafür, dass dort etwas Besonderes los ist. Wo sonst Experten für Windenergie oder Schifffahrt ihre Exponate aufbauen, schieben sich seit einigen Jahren im Mai die Massen durch enge Reihen an Ständen von Werbern und Medienfirmen. Eintritt: um die 40 Euro.

Viele der Besucher wollen aber mehr. Sie wollen die Fachvorträge hören und haben dafür fast 500 Euro pro Ticket gezahlt. Promis wie Lena Gercke, Tim Mälzer, Joko Winterscheidt oder Katarina Barley reden über Themen rund ums Online-Marketing. Internetexperten und Influencer geben Workshops zu allen möglichen Fragen rund ums Geldverdienen im Netz. Abends stehen dann Star-DJs und Bands wie Scooter auf der Bühne. Dann toben die Hallen. Work hard, play hard.
Wenn er spricht, kommen Tausende
"Online Marketing Rockstars" heißt das Spektakel, oder kurz "OMR". Das Kürzel ist einfach besser zu vermarkten. Ausgedacht hat sich das Ganze Philipp Westermeyer, der durch die Show selber zum Rockstar der Branche wurde. Zu seiner Eröffnungsrede strömen Tausende, er interviewt die wichtigsten Gäste, moderiert das Programm. Er ist in diesen Tagen im Mai so präsent in der Hansestadt, dass die Lokalzeitung "Hamburger Abendblatt" ihm 2019 sogar eine eigene Beilage gewidmet hat. Titel: "Philipp" – mit Westermeyer auf dem Cover. Ein Rockstar eben.
Westermeyer selbst, der vor zehn Jahren noch bei einem Hamburger Verlag angestellt war und einst Anzeigen in Zeitschriften positionierte, findet das alles nur noch krass: "Online-Marketing-Seminare waren mein Hobby", erinnert er sich. "Drei Tage habe ich da mit Herzblut und in kleinen Räumen referiert, meist vor Freunden." Auf alten Bildern sieht man ihn in einem langweiligen Saal eine Präsentation halten. Sehr brav und noch gar nicht rockig. Doch das blieb nicht lange so.
Zum Unternehmen gehört auch ein Spargelfeld
Im März 2010 gründete Westermeyer seine Firma Ramp 106, benannt nach der ersten Firmenadresse, um die Konferenzen richtig aufzuziehen. Dabei hat er gerne alles unter Kontrolle, kümmert sich um das meiste selbst. Inzwischen unterstützen ihn gut 60 Leute dabei. Während des Events kommen noch hunderte Helfer dazu, alle direkt bei Ramp 106 angestellt.
Das Catering für die Zehntausenden übernimmt Westermeyer mit seinem Team ebenfalls selber: "Wir wollen etwas Besonderes bieten, nicht den Null-acht-fünfzehn Messekram." Im Mai gab es zum Beispiel frischen Spargel. Tonnen davon. Um die Versorgung und Qualität sicherzustellen hatten sie einen Hektar Spargelfeld gepachtet. Spargel vom eigenen Acker – darauf muss man erst mal kommen. Aber es ist eben auch eine gute Geschichte, gutes Marketing. Und dabei geht es bei OMR ja schließlich.
Nichts dem Zufall überlassen
Mit gleicher Inbrunst statten sie die Messehallen mit Designermöbeln aus, wuchten 800 Tonnen Equipment für die perfekte Show durch die Gegend, kümmern sich um Klimaneutralität und eigene Würstchen. Während der Veranstaltung gibt es ein eigenes Funknetz mit über 800 Teilnehmern. Nichts soll dem Zufall überlassen bleiben, alles klappen. "Wir investieren in Geilheit", sagt Westermeyer.
Damit OMR, das längst zum europäischen, wenn nicht globalen Event geworden ist, weiter erfolgreich ist und zwischendurch nicht vergessen wird, bespielt Ramp 106 seine Klientel auf allen Medienkanälen: Es gibt eine eigene Redaktion für den fachspezifischen Onlineauftritt, Zeitschriften, Podcasts und eine Jobbörse. Auch weitere, kleinere Veranstaltungsformate sind in Vorbereitung. Was als einfacher Vortrag begann, ist längst so etwas wie ein sehr moderner Fachverlag geworden. "Man muss immer wieder in die Marke investieren", sagt Westermeyer. "Das ganze Jahr im Leben der Menschen präsent bleiben."
2020 geht OMR aufs Ganze
Die nächste "OMR 2020" in Hamburg soll jedenfalls noch größer werden. Dann endlich auf dem gesamten Areal der Hamburger Messe. "Die haben lange Vorlaufzeiten in der Planung", sagt Westermeyer. Typisch alte Welt. Aber auch damit kommen Rockstars klar.
Die Ramp 106 GmbH von Philipp Westermeyer aus Hamburg ist einer von drei Finalisten der Kategorie Aufsteiger des Deutschen Gründerpreis 2019. Der Preis wird vom stern zusammen mit den Sparkassen, Porsche und dem ZDF jährlich in den Kategorien Schüler, Startup, Aufsteiger und Lebenswerk vergeben und zeichnet Deutschlands beste Gründer aus. Die Preisverleihung findet am 2. Juli im Zollernhof in Berlin statt.