Das Opel-Management stößt mit seinen Plänen zum Abbau von 10.000 Arbeitsplätzen in Deutschland auf harten Widerstand der Belegschaft. In Bochum legten die Arbeiter bis auf weiteres den zweitgrößten deutschen Opel-Standort lahm und wollen damit auch die Produktion in anderen europäischen Werken stoppen. Der Betriebsrat will nicht über Stellenabbau an einzelnen Standorten verhandeln, sondern nur über ein Gesamtpaket zur Kostensenkung. "Die Planzahl von 10.000 Arbeitsplätzen wird von uns nicht akzeptiert", betonte Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz nach einer außerordentlichen Sitzung des Opel-Aufsichtsrats in Rüsselsheim.
IG-Metall-Chef Jürgen Peters drohte der Opel-Führung in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag) mit Streik und warnte sie davor, "die Konfrontation weiter zu betreiben" und die Vorgaben des amerikanischen Mutterkonzerns General Motors durchzusetzen. Nach Ansicht von Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement bestehen noch gute Möglichkeiten, einen Großteil der gefährdeten Arbeitsplätze zu erhalten. Denkbar sei etwa die Auslagerung von Unternehmensteilen, sagte Clement nach Gesprächen mit Opel-Vertretern in Frankfurt. Die Bundesanstalt für Arbeit stehe bereit, Arbeitsmöglichkeiten für Betroffene zu suchen.
Stillstand kommt GM teuer zu stehen
"Die Produktion geht erst weiter, wenn die Signale heißen: Der Abbau von 4000 Arbeitsplätzen ist vom Tisch, keine betriebsbedingten Kündigungen und Erhalt des Werks über 2010 hinaus", bekräftigte der Bochumer Betriebsrat Lothar Marquardt die Kampfbereitschaft. Auf dem Betriebsgelände protestierten rund 3500 der insgesamt 9600 Mitarbeiter. Das europäische Verteillager war ebenfalls stillgelegt. Nach Darstellung der Arbeiter können die Opel-Werke in Antwerpen (Belgien), Ellesmere (England) und Gliwice (Polen) ohne Zulieferung aus Bochum nur vier Tage produzieren. Ein Stillstand der europäischen Werke würde GM bis zu 30 Millionen Euro pro Tag kosten, hieß es.
Franz lehnte Entlassungen und Werkschließungen erneut ab. Man sei aber zu Zugeständnissen bereit. "Ohne Personalabbau werden wir aus dieser Situation nicht herauskommen", räumte er ein. Der Opel-Aufsichtsratsvorsitzende Carl-Peter Forster sagte, man habe die Sparvorschläge in der Sitzung des Aufsichtsrats "in groben Zügen andiskutiert". Es würden nun konkrete Beratungen mit den Arbeitnehmervertretern folgen. Termine wurden nicht genannt. "Mir ist daran gelegen, gemeinsame Lösungen für das Problem zu entwickeln und die Unsicherheit der Mitarbeiter zu beseitigen." Zu den Arbeitsniederlegungen im Bochumer Opel-Werk meinte Forster: "Streik halte ich für nicht förderlich." Ein Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat sagte, beide Seiten seien sich einig, betriebsbedingte Kündigungen vermeiden zu wollen.
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Jeder fünfte Arbeitsplatz soll wegfallen
GM will bei seinen europäischen Töchtern Opel, Saab und Vauxhall innerhalb von zwei Jahren bis zu 12.000 der mehr als 60.000 Stellen streichen, um die jährlichen Fixkosten um 500 Millionen Euro zu senken. Nach Informationen des ZDF will Opel im Stammwerk Rüsselsheim die geplanten 4000 Stellenstreichungen zur Hälfte in der Entwicklung umsetzen. Auf die Produktion entfielen 1200 Jobs und 800 auf die Verwaltung. Opel beschäftigt rund 33.000 Mitarbeiter in Deutschland. Auch das Komponenten- und Motorenwerk in Kaiserslautern ist nach Angaben des Betriebsrats von dem Aderlass betroffen, nicht jedoch das neueste Werk in Eisenach. Dort ruht wegen zu geringer Auslastung in dieser und der kommenden Woche planmäßig die Produktion.
Nach Einschätzung des Arbeitsrechtlers Peter Schüren ist die Arbeitsniederlegung bei Opel Bochum unzulässig. "Es gibt keine juristisch tragfähige Begründung dafür", sagte Schüren, Professor an der Universität Münster. Das Argument, es handele sich um "Informationsveranstaltungen" greife nicht. "Das hier sind schlicht sozialpolitische Streikmaßnahmen." Ein hartes Vorgehen der Firmenleitung würde jedoch die Konfliktlösung erschweren, sagte er.
Auch Jobs bei Zulieferern bedroht
Clement rief die Bochumer Opel-Arbeiter auf, an die Produktionsbänder zurückzukehren. Er könne den Schock verstehen, doch die Arbeitsniederlegung schaffe zusätzliche Unsicherheit. Die Beschäftigten sollten darauf vertrauen, dass eine sozialverträgliche Lösung gefunden werde. Die Gewerkschaft IG BCE warnte, dass durch die geplanten Stellenstreichungen in Bochum tausende Jobs bei Zulieferern bedroht seien.
General Motors warb in ganzseitigen Zeitungsanzeigen um Verständnis für das Sanierungsprogramm. Die Entscheidungen berührten das Leben vieler Menschen. "Deshalb haben wir es uns nicht leicht gemacht", schrieb das Management in einem offenen Brief an die Kunden von Opel und Saab. GM werde auch weiterhin in Deutschland und Europa Autos entwickeln und herstellen.