Regierungsbildung Quo vadis, Deutschland?

Stoiber geht, Münte bleibt, Nahles steigt auf, Wieczorek-Zeul verzichtet ein bisschen - SPD und Union stehen derzeit Kopf. Es bleibt die Preisfrage: Wie soll's (und kann es) weitergehen?

Szenario I: Die Koalitionsverhandlungen gehen weiter

CDU-Chefin Angela Merkel, die sich am 22. November zur Kanzlerin wählen lassen will, steht vor einer grotesken Situation: Keiner der drei Verhandlungspartner, mit denen sie die große Koalition verabredete, trägt noch die volle Verantwortung - Bundeskanzler Gerhard Schröder zieht sich aus der Politik zurück, CSU-Chef Stoiber bleibt schmollend in München, und Franz Müntefering ist faktisch kein Parteichef mehr.

Profitiert die Union davon, dass die Verhandlungsführung der SPD geschwächt ist? Eher nicht. Sie könnte vielmehr dazu gezwungen sein, der SPD-Linken größere Zugeständnisse zu machen. Und Münteferings Nachfolger als Parteivorsitzender muss wohl in die Koalitionsverhandlungen einbezogen werden - eigentlich auch ins Kabinett. Denn nur diese Konstruktion garantiert, dass schwierige Kompromisse der Basis zu vermitteln sind.

Wen die SPD auf dem Parteitag vom 14. bis 16. November in Karlsruhe zum Vorsitzenden wählt, ist indes völlig offen. Ohne Müntefering droht eine Spaltung in Rechte und Linke - und das würde den künftigen Koalitionsvertrag und Kanzlerwahl bedrohen. Die Regierung Merkel könnte somit einen schwachen Start erwischen. Und dass sich Stoiber später über den Bundesrat in Szene setzen wird, gilt auch schon als ausgemacht.

Szenario II: Die Koalitionsverhandlungen scheitern

Wenn die große Koalition nicht zustande kommt, sind noch drei andere Bündnisse denkbar:

-Jamaika-Koalition:

Die FDP hatte eine Koalition aus Union, FDP und Grünen ins Gespräch gebracht. Erste Sondierungsgespräche nach der Wahl wurden jedoch abgebrochen. Der Parteitag der Grünen erteilte diesem Bündnis obendrein eine klare Absage. Kurzum: Daraus wird wohl nichts.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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- Ampel-Koalition:

Die SPD hatte sich nach der Wahl ein Bündnis mit FDP und Grünen gewünscht - aber die FDP hat Gespäche darüber jedoch kategorisch abgelehnt. Die Chancen, dass ein solches Bündnis zustande kommt, sind ebenfalls äußerst gering.

- Rot-Rot-Grün:

Bundeskanzler Schröder hatte ein Zusammengehen mit der Linkspartei ausgeschlossen. Aber nun könnte es wieder diskutiert werden. Der Abschied von Schröder und Müntefering aus der Parteiführung könnte Gespräche mit dem "Erzfeind" Oskar Lafontaine wieder ermöglichen. Und an der Grünen-Basis regt sich auch Sympathie für diese Option.

Szenario III: Neuwahlen

Eine Neuwahl wäre nur dann möglich, wenn der Kanzler die Vertrauensfrage im Bundestag verliert - oder die Wahl des Nachfolgers (beziehungsweise der Nachfolgerin) drei Mal scheitert. Und selbst wenn einer dieser Fälle eintritt, werden nicht automatisch Neuwahlen ausgeschrieben. Bundespräsident Horst Köhler hat darüber zu entscheiden, und er könnte auch Neuwahlen verweigern.

Ob Union oder SPD an einer Neuwahl interessiert sind, ist ohnehin fraglich. Die Umfragen deuten darauf, dass sich das Ergebnis nur unwesentlich verändern würde. Außerdem wäre ein neuer Wahlkampf finanziell und personell kaum noch zu stemmen.

Also bleibt den Beteiligten aller Vorausicht nach nur eins: verhandeln, verhandeln und nochmals verhandeln. Was immer auch dabei herauskommen mag.

Reuters
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