Treffen in Hamburg Warum der G20-Gipfel nicht einfach auf einer Insel stattfindet

Polizeieskorte vor der Elbphilharmonie - Hamburg erwartet drei Tage Ausnahmezustand
Polizeieskorte vor der Elbphilharmonie - Hamburg erwartet drei Tage Ausnahmezustand
© Bodo Marks/DPA
Seit Tagen befindet sich Hamburg wegen des G20-Gipfels im Ausnahmezustand: Polizei, Absperrungen, Sicherheitszonen. Warum muss für das Politikertreffen eine halbe Großstadt lahmgelegt werden? Warum trifft man sich nicht in ruhigerer Lage? Der stern erklärt's.

Die ersten Delegationen des G20-Gipfels verhandeln schon in Hamburg. Tausende Journalisten und Polizisten sind in der Stadt, es gibt Absperrungen allerorten, genervte Anwohner, Verkehrschaos - das alles, damit sich die Mächtigen der Welt nicht einmal 48 Stunden in den Messehallen im Herzen der Stadt treffen können. Der immense Aufwand führt fast zwangsläufig zu der Frage: Warum treffen sich die G20 in Hamburg und nicht auf einer abgelegenen Insel? Der stern mit den Antworten.

Seit 2008 kommt die Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer regelmäßig zusammen, und zwar immer in dem Land, das jeweils den Vorsitz der G20 innehat, in diesem Jahr also Deutschland. Es ist das erste Mal, dass dieses Treffen hierzulande stattfindet. Die Bundesregierung als Veranstalter weist immer wieder darauf hin, dass man einen solchen Gipfel auch in demokratischen Ländern abhalten können muss und nicht nur in autoritären Staaten. 

G20-Gipfel muss in Großstadt stattfinden

Der wichtigste Grund, warum der Gipfel nach Ansicht der Organisatoren in einer Großstadt stattfinden muss, ist ein ganz pragmatischer: Mitglieder der Regierungs- und NGO-Delegationen, Pressevertreter, Protestler, Sicherheitskräfte - sie alle müssen für die Zeit des Gipfels irgendwo untergebracht werden. Zählt man all diese Menschen zusammen, kommt man auf die Zahl von mindestens 30.000. 

Über diese Mindestanzahl von Hotelbetten verfügen in Deutschland nur gut eine Handvoll Städte. Hinzu kommt: Die Dimensionen des G20-Gipfels sind ganz andere als die eines G7- oder G8-Gipfels, die in den vergangenen Jahren in den Ferienorten Schloss Elmau und Heiligendamm stattfanden. Beide Orte waren schon damals am Rande der Überforderung - den G20-Gipfel aufs platte Land zu verlegen, kam daher nicht in Frage, zumal die Kosten dort wahrscheinlich noch höher wären.

An dieser Stelle hat unsere Redaktion Inhalte von Twitter / X integriert.
Aufgrund Ihrer Datenschutz-Einstellungen wurden diese Inhalte nicht geladen, um Ihre Privatsphäre zu schützen.

So haben auch fast alle bisherigen G20-Gipfel in einer Großstadt stattgefunden, mit Ausnahme der Urlaubsorte Belek in der Türkei (offiziell galt die Millionenmetropole Antalya als Gastgeber) und Los Cabos in Mexiko mit riesigen Hotelkapazitäten. In Deutschland gibt es einen solchen Ferienort nicht. Auch die deutschen Inseln, die immer wieder als Alternativ-Tagungsort genannt werden, kommen nicht in Frage: Deutschlands größte Insel Rügen verfügt zwar über rund 60.000 Hotelbetten, die übrige Infrastruktur wie ein großer Verkehrsflughafen oder ein riesiges Tagungszentrum sind aber nicht vorhanden. Das gilt auch für Deutschlands abgelegene Hochseeinsel Helgoland, die ohnehin nur etwa 3000 Hotelbetten aufweist.

Es bleiben in Deutschland also realistischerweise nur die großen Metropolen Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Stuttgart oder das Ruhrgebiet als Orte für den Gipfel. Die Wahl auf Hamburg fiel dabei laut Bundeskanzlerin Angela Merkel "im Einvernehmen" mit Bürgermeister Olaf Scholz - wegen ihrer "Weltoffenheit" sei die Hansestadt der richtige Ort für das Treffen. Außerdem sollte die Stadt ins internationale Rampenlicht gerückt werden, um der geplanten Olympiabewerbung Vorschub zu leisten. In einem Volksentscheid lehnten die Bürger das Projekt jedoch ab.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick

Abonnieren Sie unseren kostenlosen Hauptstadt-Newsletter – und lesen Sie die wichtigsten Infos der Woche, von unseren Berliner Politik-Expertinnen und -Experten für Sie ausgewählt!

Warum skypen die Politiker nicht einfach

Es bleibt die Frage, warum die Staatenlenker nicht einfach in einer Skype- oder Telefonkonferenz zusammenkommen. Dazu heißt es auf den offiziellen Seiten schlicht: "In Videokonferenzen kann man Fakten austauschen. Nicht möglich ist das unmittelbare, ungezwungene Miteinander, in dem Ideen und Vertrauen entstehen. Eine Videokonferenz könnte diesen Charakter nicht bieten."

Um es mit Angela Merkel zu sagen, war die Wahl Hamburgs als Gipfelort damit offenbar fast "alternativlos".

PRODUKTE & TIPPS

Kaufkosmos