Bayer Leverkusen Calmunds Rücktritt war ein Rauswurf

Als Manager Reiner Calmund sich aus den Geschäften von Bundesligist Bayer Leverkusen zurückzog, tat er das offiziell aus gesundheitlichen Gründen. Nun nannte der Verein den wirklichen Grund.

Überraschende Enthüllungen bei Fußball-Bundesligist Bayer 04 Leverkusen: Der Verein hat nach eigener Darstellung seinen früheren Manager Reiner Calmund wegen dubioser Bargeld-Transaktionen entlassen und die Gründe für den Rauswurf eineinhalb Jahre verschwiegen. "Er sollte unbefleckt in sein Privatleben gehen können. Das war man ihm einfach schuldig, nachdem was er alles für den Club getan hat", sagte Bayer-Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser nach dem 1:1 gegen Werder Bremen.

Bei dem plötzlichen Rückzug am 8. Juni 2004 hatte Calmund, der am Wochenende alle Anschuldigungen zurückwies, gesundheitliche Gründe angegeben und von der Bayer AG eine Abfindung sowie eine Direktorenpension in Millionen-Höhe zugesprochen bekommen. Bayer 04 Leverkusen bestätigte einen entsprechenden Bericht des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel". Dabei geht es um 580.000 Euro. Calmund hat dem Gütersloher Spielerberater Volker Graul diese Summe im Juni 2003 angeblich für die "Vermittlung von Kaufoptionen an den serbischen und kroatischen U21-Nationalspielern Delebasic (Partizan Belgrad) und Srna (Hajduk Split) aushändigen lassen. Das Geld war vom 3. bis 17. Juni 2003 bar vom Geschäftskonto bei der Sparkasse Leverkusen von einem Mitarbeiter auf Veranlassung Calmunds abgehoben worden.

"Vorgang nicht schlüssig aufgeklärt"

"Beide Spieler wurden in dieser Zeit und auch danach tatsächlich von der Bayer 04-Scoutingabteilung beobachtet", erklärte Bayer 04 in einer offiziellen Mitteilung. Zu einer Verpflichtung kam es nicht. Spielervermittler Graul reichte in Leverkusen zwar zehn Monate später eine Rechnung ein, ohne aber entsprechende Belege für Kaufoptionen - wie Bestätigung der Vereine - beizufügen. "Die tatsächlichen Hintergründe des Vorgangs konnten für Bayer nicht schlüssig aufgeklärt werden", teilte Bayer nun mit. Die Überprüfungen hätten "letztendlich zur unverzüglichen Trennung" von Calmund geführt.

Der Ex-Manager und WM-Botschafter Nordrhein-Westfalens wehrt sich vehement gegen die Vorwürfe. "Herr Calmund hat stets im Interesse von Bayer 04 gehandelt. Er hat bei den Zahlungen an Herrn Graul weder einen persönlichen noch irgendeinen finanziellen Vorteil erlangt", hieß es in einer Erklärung von Calmund-Rechtsanwalt Egon Schlütter am Sonntag. Andernfalls hätte Bayer ihm in seinem Auflösungsvertrag wohl kaum eine Abfindung und Direktorenpension zugesprochen, wurde betont. "Nach 27 Jahren erfolgreicher Tätigkeit für den Verein, wird es Herr Calmund nicht zulassen, dass seine Leistungen durch falsche Behauptungen und falsche Verknüpfungen von Tatsachen in Frage gestellt werden."

Drohende Schlammschlacht um Calmund

Die Streitereien drohen derweil zu einer Schlammschlacht zu werden, da Calmund in anderer Sache gegen seinen Ex-Club weiter vor Gericht ziehen will. Nach dem in erster Instanz die von Bayer reklamierte Anrechnung der Einkünfte aus Nebentätigkeiten auf seine Pension als rechtmäßig erachtet wurde, kündigte er nun Berufung an. Widerspruch legt Calmund zudem gegen die Behauptung von Holzhäuser ein, nicht über die damaligen Vorgänge informiert gewesen zu sein. "Natürlich kannte Herr Holzhäuser den Vorgang", sagte Calmund dem Kölner "Express". "Wenn Herr Holzhäuser nun behauptet, dass er davon nichts wusste, sagt er die Unwahrheit."

Dieser wiederum bestritt jegliche Mitwisserschaft. "Da liegt er falsch. Erst Anfang 2004 bei der Erstellung der Jahresrechnung für 2003 die Sache auf den Tisch bekommen", sagte Holzhäuser. Danach ließ er die 580.000 Euro als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben ausbuchen und 92.800 Euro Mehrwertsteuer an Graul überweisen. Gleichzeitig informierte er den Gesellschafterausschuss des Fußball- Bundesligisten über diese rätselhafte Ausgabe. "Bayer 04 hat den Vorgang so behandelt wie es kaufmännisch richtig ist. Sauberer und seriöser kann man es nicht machen", so Holzhäuser.

Ermittlungen wegen Untreueverdachts

Der heutige Sprecher der Geschäftsführung kann im übrigen kein strafrelevantes Fehlverhalten seines Ex-Partners in der Vereinsführung erkennen. "Es gibt kein Hinweis darauf, dass er sich persönlich bereichert hat", sagte Holzhäuser. Die Bielefelder Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei ermitteln in diesem Fall gegen mehrere Personen wegen des Verdachts auf Betrug und Untreue. "Es wird gegen Graul ermittelt, nicht gegen Calmund", betonte Holzhäuser. Der Spielervermittler war wegen möglicher Steuerhinterziehung ins Visier der Fahnder geraten, die dabei auf den Bayer-Fall stießen.

Auf eine Klage gegen Graul auf Rückzahlung der Kaufoptions-Prämie verzichtete Bayer nach juristischer Prüfung. "Die Erfolgsaussichten waren nicht groß. Wahrscheinlich ist das Geld nach Kroatien oder Serbien geflossen", sagte Holzhäuser. Zugleich verwahrte sich der Vizepräsident des Liga-Verbandes gegen den durch diese Affäre mit erweckten Eindruck, dass dunkle Machenschaften im Fußball-Geschäft Gang und Gäbe sind: "95 Prozent aller Transaktionen laufen sauber."

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Andreas Schirmer/DPA

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