75 Jahre GM/Opel Nicht verliebt, nicht verlobt und doch verheiratet

Sie sind ein altes Ehepaar, das schon viel durchgemacht hat. Seit 75 Jahren sind der Autobauer Opel und der US- Autoriese General Motors (GM) miteinander "verheiratet".

Sie sind ein altes Ehepaar, das schon viel durchgemacht hat. Seit 75 Jahren sind der Autobauer Opel und der US- Autoriese General Motors (GM) miteinander "verheiratet". "Es ist eine Liebe auf Distanz", beschreibt der Gesamtbetriebsratsvorsitzende der Rüsselsheimer Adam Opel AG, Klaus Franz, die Beziehung. Manch ein Opelaner nimmt kein Blatt vor den Mund und redet gar von einer "Hassliebe" - man fühlt sich in Rüsselsheim heute noch unverstanden von der Detroiter Konzernzentrale.

Märchenhafter Kaufpreis

Am 17. März 1929 verkauften Wilhelm von Opel und sein Bruder Fritz wegen der hereinbrechenden Weltwirtschaftskrise die Autofabrik an den weltweit führenden Autohersteller. Der Kaufpreis lag bei für damalige Verhältnisse märchenhaften 120 Millionen Reichsmark. Zeitungen malten das Gespenst einer "Überfremdung der Adam Opel AG" an die Wand. Die Opel-Brüder setzten jedoch durch, dass die Firma ihren Namen behielt und weiterhin eigene Modelle entwickelte.

Transatlantisches Bündnis

"Opel und General Motors schmiedeten ein mächtiges, transatlantisches Bündnis und schrieben Industriegeschichte", sagt Opel-Vorstandschef Carl-Peter Forster. Das Konzept ging auf: Die Amerikaner verfeinerten die bewährte Methode des Ratenkaufs und kurbelten den Absatz an. 1936 setzte sich Opel an die Spitze der europäischen Autoindustrie. Nach dem Krieg wurde der "Opel Kapitän" zum Inbegriff des rollenden Wirtschaftswunders.

Große Stückzahlen, kleine Kosten

Doch die kulturelle Differenz schaffte bald Probleme. Seit den 60er Jahren waren die Opel-Chefs fast ausnahmslos Amerikaner. Ihre Vorgaben hießen: große Stückzahlen bauen, um die Kosten klein zu halten. "Ein Auto ist schlicht und einfach ein Fortbewegungsmittel", sprach Entwicklungschef Peter Hanenberger die amerikanische Vision vom Einheitsauto für die ganze Welt aus.

Einheitsauto auf Kosten der Qualität

Ein Satz, der den Opelanern noch heute Schaudern verursacht. "Die Modellpolitik wurde jahrzehntelang von den USA bestimmt, das ging auf Kosten der Qualität", sagt Autoanalyst Frank Biller von der BW-Bank. Mängel und Pannen häuften sich, das Image von "Opel - der Zuverlässige" schwand. Der Marktanteil in Deutschland sank von 17,2 im Jahr 1993 auf 10,3 Prozent im Jahr 2003.

1998 kam es zum Eklat

Der Eklat kam 1998, als der Opel-Aufsichtsratsvorsitzende Hans Wilhelm Gäb aus Protest gegen die amerikanische Vormundschaft lautstark von seinem Posten zurücktrat. In "Richtlinien für die Zusammenarbeit" verzichtete GM dann darauf, den Rüsselsheimern Weisungen zu erteilen.

Verrechnungssystem zog Opel in die roten Zahlen

Streit entzündete sich aber immer wieder am komplizierten Verrechnungssystem mit der Europa-Zentrale der US-Mutter in Zürich. Es sorgt dafür, dass Opel Milliarden-Investitionen für die Entwicklung neuer Modelle in seiner Bilanz verkraften muss, während die Einnahmen aus dem Verkauf oft bei GM Europe verbucht werden. Bei Opel stehen auch deswegen seit Jahren rote Zahlen in der Bilanz, 2003 waren es rund 384 Millionen Euro Verlust.

"Das Ergebnis spiegelt die gesamtunternehmerische Leistung der Adam Opel AG nicht wieder", sagte Forster bei der Bilanzvorlage. Künftig werde Opel nur noch Zahlen für GM Europe vorlegen. Die Opelaner fragen sich, ob Forster das Ziel der Opel-Brüder, die Eigenständigkeit, noch wahren kann.

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Marion Trimborn/DPA

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