Bei Unternehmen wie Tesla und Fastned ist das Interesse an der Installation neuer Schnellladestationen in Deutschland groß. Sie wollen weitere öffentliche Ladestationen für Elektroautos an Autobahnraststätten bauen. Der Dienstleister Tank & Rast, der einen Großteil aller Konzessionen für Raststätten, Tankstellen und Autohöfe an deutschen Autobahnen hält, macht den Konkurrenzunternehmen jedoch einen Strich durch die Rechnung.
Tank & Rast möchte selbst Schnellladestationen an diversen Autobahnraststätten installieren lassen, weshalb es Unternehmen wie Tesla und Fastned nicht die Konzessionen zum Bau eigener Ladestationen erteilt. Der US-Autobauer und der niederländische Ladestationenbetreiber klagen nun vor dem Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf. Vergangene Woche Donnerstag war Verfahrensbeginn.
Tank & Rast beruft sich auf Konzessionsverträge aus dem Jahr 1998
Der Streit begann, nachdem der Bundestag das Schnellladegesetz (SchnellLG) Jahr 2021 verabschiedet hatte. Es sah den Bau von 1000 neuen Standorten mit Schnellladestationen in Deutschland bis 2023 vor. Tank & Rast, Halter von 95 Prozent der Konzessionen für den Betrieb von Tankstellen, Restaurants und Hotels an deutschen Autobahnen, erweiterte die Konzessionsverträge um den Ausbau der Schnellladestationen an bewirtschafteten Raststätten und verzichtete auf eine Ausschreibung. Schließlich war man der Auffassung, dass die im Jahr 1998 geschlossenen Konzessionsverträge für herkömmliche Tankstellen inzwischen auch für Ladestationen gelten – wenn auch die Installation von Ladestationen damals noch keine Rolle spielte.
Das Verkehrsministerium stärkte Tank & Rast, welches bis 1998 dem Bund gehörte, den Rücken. Das "Handelsblatt" zitierte im Oktober 2021: "Der Konzessionsnehmer muss die Möglichkeit haben, auf technischen Fortschritt oder einen im Laufe der Zeit geänderten Bedarf zu reagieren." Der Vorsitzende Jürgen Kühling der Monopolkommission, ein Beratungsgremium der Bundesregierung, widersprach hingegen: "Der Wettbewerb bei den Ladesäulen an den Bundesautobahnen wird durch die monopolähnliche Stellung von Tank & Rast erschwert." Das hätte überhöhte Strompreise zur Folge.
Tesla und Fastned ziehen nach Abweisung der Vergabekammer vor Gericht
Tesla und Fastned leiteten daraufhin im Mai 2022 ein Nachprüfungsverfahren bei der Vergabekammer des Bundeskartellamtes ein. Aber die Vergabekammer wies den Antrag einen Monat später zurück. Kay Weidner, Sprecher des Kartellamtes, erklärt auf Nachfrage des stern: "Die Vergabekammer [...] ist der Auffassung, dass die vorhandene Konzession der Tank & Rast den weiteren Ausbau der Schnellladeinfrastruktur bereits mit umfasst. Ein wesentliches Argument der Vergabekammer war, dass die Konzession aus dem Jahr 1998 – das Thema der E-Mobilität gab es damals noch nicht – funktional vor dem Hintergrund des Bundesfernstraßengesetzes zu interpretieren ist."
Das Gesetz sehe vor, dass die Autobahnraststätten den Belangen der Autofahrer:innen dienen sollen, damit ein Abfahren von der Autobahn zum Beispiel zum Tanken nicht erforderlich sei. Die Bereitstellung von Schnellladesäulen diene demselben Zweck und sei daher laut Vergabekammer von der erteilten Konzession umfasst. Weidner führt aus: "In Paragraf 5 Abs. 3 des Schnellladegesetzes, das vom 25. Juni 2021 datiert ist, hat der Gesetzgeber vorgesehen, dass dem derzeitigen Konzessionsnehmer [gemeint: Tank & Rast] der Ausbau der Schnelladeinfrastruktur vorrangig anzubieten ist."
Pressesprecherin am OLG Düsseldorf, Christina Klein Reesink, sagt dem stern: "Jetzt stellt sich allerdings die Frage – und das zweifelten die Antragssteller [gemeint: Tesla und Fastned] –, ob einfach nur die Konzessionsverträge erweitert werden konnten oder, ob man ein neues richtiges Vergabeverfahren für die Schnellladeinfrastruktur hätte ausschreiben müssen." Tesla und Fastned sehen sich jedenfalls im recht. "Laden und Tanken unterscheiden sich unserer Meinung nach fundamental", zitiert der "Wirtschaftskurier". Die beiden Unternehmen argumentieren mit "komplett neuen Geschäftsmodellen und Marktteilnehmern, die mit Tanken gar nichts zu tun haben".
Ausbau der Ladeinfrastruktur verzögert sich weiter
Tank & Rast betreibt die Ladestationen nicht selbst, sondern kooperiert mit den Energieunternehmen EnBW, Mer, Ionity und Eon-Innogy. Andere Anbieter haben hier das Nachsehen. Und auch für Fremdkunden ist das begrenzte Angebot der Schnellladestationen von Nachteil: Sie zahlen an solchen Ladestellen deutlich höhere Strompreise als eigene Kunden. Tank & Rast erklärte, die Preise auf den Rastanlagen von den Kooperationspartnern würden frei festgelegt. Für Fahrerinnen und Fahrer von E-Autos dürfte es daher von Vorteil sein, wenn Tesla und Fastned das Gerichtsverfahren gewinnen.
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Wegen der ausstehenden Gerichtsentscheidung stockt der Ausbau der Ladeinfrastruktur seit rund sechs Monaten. Und auch eine Entscheidungsverkündung beim OLG Düsseldorf bedeutet noch nicht zwingenden Klarheit im Recht um den Bau der Ladestationen, schließlich könnten die beteiligten Unternehmen in nächster Instanz vor den Bundesgerichtshof (BGH) und danach noch vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) ziehen. Eine Entscheidung beim OLG Düsseldorf wird voraussichtlich am 31. Mai fallen. Bis Anbieter wie Tesla und Fastned Gewissheit haben, müssen sie sich also noch gedulden.