Audi Q5 2.0 TDI Der Küstenritter

Von Klaus Bellstedt
Die Ingolstädter Antwort auf den Münchner X3 versteht sich mehr als Voll-Sportler auf glattem Asphalt denn als rustikaler Feldjäger. Aber hält der Audi Q5 auch was die Macher versprechen? Ein Selbstversuch gegen die Zeit auf der Strecke zwischen Großstadt und Nordseeinsel.

Wer auf einer Nordseeinsel zuhause ist, aber in Hamburg arbeitet, der hat den Schiffsfahrplan als direkten Begleiter immer in seinem Handschuhfach. Nur wenn die Tide es zulässt und ein spätes Schiff am Freitagabend noch den Anleger vom Festland verlassen sollte, hat man die Chance, das Wochenende auf dem geliebten Eiland zu verbringen. Nordseeluft nur von Samstag auf Sonntag, das lohnt nicht. 18 Uhr Feierabend in Hamburg, 21 Uhr Ablegen des Fährschiffes vom winzigen Hafen im Küstenkaff Neuharlingersiel. Jedes Mal ist der Trip ein gnadenloser Ritt gegen die Zeit. Und er gelingt auch nur, wenn der fahrbare Untersatz sportlich ist. Das Problem liegt auf der Hand: Nach 21 Uhr fährt an diesem Freitag kein Schiff mehr nach Spiekeroog, von wattseitigen Zwangsübernachtungen in einer der 80er Jahre Pensionen träumen nicht mal Seemänner. Insofern gilt: Bleifuß - ohne Kompromisse.

Das passende Gefährt für die wilde Hatz scheint auf den ersten Blick nicht dazu geeignet, das riskante Unterfangen zu packen: ein Audi Q5. Oberflächlich betrachtet also "nur" der kleine Bruder vom Riesen-Schlachtschiff Q7. Muss da nicht ein 911er her? Oder wenigstens ein Z4? Denkste! Nix Porsche, nix BMW, Q5 heißt die Lösung. Der kurvige Softroader von Audi fährt zwar äußerlich mit 4,62 Meter Länge, 1,88 Meter Breite und 1,65 Meter Höhe in etwa in derselben Liga wie der Mercedes GLK oder der BMW X3, aber das heißt noch lange nicht, dass er behäbig aus dem Knick kommt. Aber der Reihe nach.

Der Anfang ist noch öde: Im obligatorischen Feierabendstau vor den Elbbrücken kann der Q5 noch keine Stärken ausspielen. Im Gegenteil. Die Sicht auf den Bordcomputer lässt einen erschaudern. In der Stadt frisst der Audi-SUV Sprit ohne Ende. Geschenkt! Sobald der Verkehr ins Rollen kommt (und man die an den Nerven zehrende Dauer-Baustellen-Geschwindigkeitsbegrenzung auf der A1) geflissentlich ignoriert, wird einem im Q5 zügig der Hintern schön muckelig warm. Das serienmäßige Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe "S-tronic" passt wie die Faust aufs Auge zum schnurrigen Zweiliter-TDI und schaltet Audi-typisch perfekt, egal ob wir den Hebel auf "D" stehen lassen oder mit den Wippen am Lenkrad ins Geschehen eingreifen. Paradiesische Verhältnisse.

19.30 Uhr: Erneut wechseln wir die Autobahn und nehmen Kurs auf die Nordsee. Kurz vor Wilhelmshaven setzt peitschender Regen ein, aber das Steuern des Audis bleibt für den Piloten auch bei hoher Geschwindigkeit und widrigen äußeren Bedingungen mit Sturm und Niederschlag entspannt. Beinahe stoisch pflügt der Q5 durch die norddeutsche Tiefebene. Der Audi versucht erst gar nicht erst, den Teilzeit-Offroader zu mimen. Dieser Wagen ist ganz klar ein Auto für befestigte Straßen. Im Innenraum herrscht mittlerweile Wohnzimmeratmosphäre. So könnte es jetzt bis nach Helgoland weitergehen, wenn da nicht irgendwann das Wasser dazwischen wäre.

Leichte Abzüge in der B-Note gibt es für den Audi Q5 2.0 TDI wegen des Interieurs. Das ist leider deutlich von Kunststoffen geprägt, hier und da wurden Details (Sitzbefestigungen der Rückbank, Brillenstaufach, Gepäckraumabdeckung) übersehen oder nicht perfekt gelöst. Der Bordcomputer und die Schalter haben sich seit zehn Jahren bei Audi kaum verändert, sind aber klar und simpel zu bedienen. Und Platz genug ist auch: Mit zwei Handgriffen fällt die Bank komplett, dann steht ein Volumen von 1.540 Liter zur Verfügung. Praktisch: Wer zusätzlich den umklappbaren Beifahrersitz ordert (150 Euro), kann auch extrem lange Gegenstände wie ein Surfbrett problemlos in das Audi-SUV hieven. Macht ja Sinn mit Zweiwohnsitz an der Küste.

Die letzte Etappe auf dem Weg nach Neuharlingersiel ist längst eingeläutet, auf der Landstraße durch tiefste Dunkelheit steuern wir Hooksiel an. Weiter geht es durch Dörfer mit so erwartungsvoll klingenden Namen wie Hohenkirchen und Friederikensiel bis wir schließlich um Punkt 20.15 Uhr den Anleger von Neuharlingersiel erreichen. 45 Minuten bis zur Schiffsabfahrt. Gut gemacht, Zosse! Und dennoch: Kurz vor dem Abschließen des "Sportwagen, so sprechen die Ingolstädter Audi übrigens selbst über ihren Kompakt SUV, und dem Gang aufs Schiff ist noch mal Tapferkeit vom Lenker gefordert. Ein letztes Mal wird auf den Bordcomputer gelinst. Um es mal vorsichtig auszudrücken: Der Zweiliter-TDI geht rein in Sachen Verbrauch nicht gerade asketisch zu Werke gehen. Bis 100km/h ist die Verbrauchsanzeige mit 13l/100km beinahe festgetackert. Aber dann: Ab 120km/h scheint der Spitzenverbrauch mit der Geschwindigkeit gekoppelt, so durchbricht der Q5 bei 200km/h auch gleich die 20 Liter Schallmauer. Am Ende stehen für die 251 Kilometer von Hamburg bis nach Neuharlingersiel in Ostfriesland stolze 34 Liter verbrauchter Dieseltreibstoff auf der Uhr. Zu blöd, dass es noch keine direkte Fährverbindung von den Hamburger Landungsbrücken nach Spiekeroog gibt.

Übrigens: Den derzeit günstigsten Q5-Einstieg stellt der 2.0 TDI mit 170 PS dar, den Audi für 38.300 Euro hergibt. Klingt gar nicht mal so schlimm, ist aber alles natürlich nur die halbe Wahrheit. Denn danach erst fängt die lange Audi-Liste mit Sonderausstattungen an. Damit sind schnell weit über 50.000 Euro erreicht. Sparfüchse dürften in den Q5, mit welcher Motorisierung auch immer, also eher nicht einsteigen. Schade eigentlich, wo der doch so Spaß macht.