Der Mini-Van, der in allem maxi wirkt, ist der Wagen der unbegrenzten Einsatzmöglichkeiten. Das galaktische Straßen-Shuttle verführt durch die elegante Karosserie und lässt sich gleichermaßen als Familien- und Freizeitauto, als Transporter und als Großraum-Reisewagen für Langstrecken nutzen.
Was ist "Raum"?
Der Kleinwagen-Fahrer denkt bei "Innenraum" in seinen gebückten "Winz-Winz-Verhältnissen" an ein Räumchen mit Sardinen-Büchsen-Appeal. Wenn der Nebenmann den Pulli auszieht, hat der Nachbar den Ellenbogen unter der Nase. Schrecklich. Damit so ein Kleinpilot die Philosophie des Grand Voyagers versteht, sollte man Raum erst einmal so lesen: R-A-U-M. Tipp: Denken Sie dabei an kein Fahrzeug, denken Sie an eine Hotel-Suite.
Nimm doch XXL
Innenraum - es kommt darauf an, was man damit macht. Und beim Grand Voyager ist vieles machbar. Was beim Einsatz als rollendes Party-Modell möglich sein kann, werden die fahrzeughaltenden Eltern im Einzelnen nicht wissen wollen. Nur soviel: Bei seiner Größe ist es nicht nötig, den Wagen nachts überhaupt zu verlassen. Man lässt ihn einfach gleiten, wer will, kann aus der Nacht heraus zusteigen. Fast lautlos lassen die Motoren vor der Bar die seitlichen Schiebetüren aufgleiten. Dann ist der Riese ziemlich cool mit seiner dunkelblauen Haut und den abgedunkelten Scheiben. Mit seiner Größe genießt der Fahrer Respekt auch ohne Spoiler und Spurverbreiterung. Der Grand Voyager misst immerhin 5,09 Meter. Mit bis zu fünf Sitzen sind Reisevorbereitungen mit Streichlisten für die ganze Familie unnötig: Man kann hemmungslos einfach alles in den Wagen packen, wenn man will, auch noch den Lieblingssessel obendrauf. Selbst als Drei-Reiher schrumpft der Kofferraum auf erträgliche 920 Liter bei dachhoher Beladung.
Platz satt statt Klappstuhl
Vom Innenraumkonzept gibt es mittlerweile schlauere Konstruktionen als im Testmodell. Aber gerade hier legt Chrysler nach. Ab 2005 wird es möglich, das gesamte rückwärtige Gestühl im Boden "zu versenken und zu vergessen". Zurück zur Gegenwart: Wo andere Mitbewerber mit der Raffinesse ihrer Raumlösungen punkten, kann der Voyager lässig mit den Stoßdämpfern zucken, denn, wie erwähnt, besitzt er eines im Überfluss: R-A-U-M. Wird das Straßen-Schiff nur mit zwei Sesselreihen bestückt, stehen für die Passagiere hinten entweder eine durchgehende Bank oder komfortable Einzelsitze zur Verfügung. Auch ohne übertriebenen Dreh-, Schieb- und Schwenk-Möglichkeiten gilt: Da geht was rein! Mountainbikes, Surfbretter, Tische. Vor einem Esel, einer Herde Ziegen oder zwei Motorrädern wäre nur wegen des Geruchs abzuraten, passen würde es schon. Chrysler verkündet, der Voyager werde mehr für ein Lebensgefühl als für konkrete Transportbedürfnisse gekauft. Dennoch ist er für alle Eventualitäten gerüstet. Verspürt man ein größeres "Transportbedürfnis", lassen sich alle hinteren Sitze und die zweite Mittelkonsole spurlos entfernen, dann bleibt sogar eine ebene Ladefläche mit über 4000 Litern Stauraum zurück. Die Sitze sind zwar keine Fliegengewichte, lassen sich aber einfach demontieren und wieder einbauen. Gebaut wird die aktuelle Voyager-Generation für den europäischen Markt übrigens bei Magna-Steyr in Österreich.
Szenen aus einem Autoleben I:
Chrysler Grand Voyager - Samstag, 23:00 "Ain't nobody dope as me; I'm dressed so fresh, so clean." Der Bass wummst, der Potsdamer Platz gleitet vorbei. Die Schlange vor der Nationalgalerie hat sich aufgelöst. Was geht ab auf der Straße. Gekicher weit hinten im Wagen. Die Mädchen machen sich für den Auftritt fertig; die Jungs schauen gelangweilt aus den Fenstern. "We are the coolest motherfunkers on the planet." Christina schwebt mühelos von vorn Richtung Kofferraum, fummelt in ihrer Tasche. Sanft gleitet der Voyager über die Straße. Dann ist Halt und der blaue Wal spuckt seine Fracht ins Nachtleben aus.
Lass es kommen
An der Motorisierung mit dem 2.5 Liter Turbodiesel gibt es nichts zu kritteln. Der Vierzylinder leistet 142 PS, bei 2000 Touren drückt er stattliche 320 Nm auf die Welle. Damit bewegt sich der große Wagen in jeder Situation beherzter, als man vermutet. Scheinbar mühelos werden die satten zwei Tonnen beschleunigt. Der angegebene Drittelmix-Verbrauch von 7,7 Litern lässt sich, wie immer, praktisch nicht ganz realisieren. Doch bleibt Motor auch bei forscherem Gasfuß im Mix immer bei einem Verbrauch unter 10 Litern. Die Lenkung reagiert überraschend präzise, überhaupt bewegt sich der Koloss zartfüßig, selbst ständige Spurwechsel im City-Verkehr zehren nicht an den Nerven. Dank großer Außenspiegel und einer trotz abgedunkelter Scheiben guten Rundumsicht lässt sich der Große mühelos navigieren und rangieren. Mit zwei Metern Breite ist in verwinkelten südländischen Gässchen irgendwann Schluss, ein Problem, das in Deutschland nicht auftritt.
Szenen aus einem Autoleben II:
Chrysler Grand Voyager - Montag, 15:00 "Raus aus dem Regen ins Leben ab in den Süden, der Sonne entgegen was erleben." Aus den Lautsprechern wummst Ferienstimmung, das Blau des Comer-Sees gleitet vorbei. Die Schlange auf der Nationalstraße hat sich aufgelöst. Gekicher weit hinten im Wagen. Die Mädchen machen sich für den Strand schön, die Jungs schauen angestrengt nach draußen. " Eeh ab in den Süden, der Sonne hinterher, ejo was geht." Christina schwebt mühelos von vorn Richtung Kofferraum, fummelt in ihrer Tasche. Sanft gleitet der Voyager die Einfahrt des Hotels hinauf. Dann ist Halt und der blaue Wal spuckt seine Fracht in den Urlaub aus.
Absolut stressfrei
Die 5-Gang-Schaltung will durch lange Schaltwege geschoben werden, davon abgesehen reagiert sie exakt und ohne Ruckler. Die Hinterachsen-Konstruktion mag nicht mehr die letzte Weisheit der Ingenieurskunst darstellen. Praktischen Schaden richtet das nicht an. Sicherlich auch, weil der Voyager nicht dazu verführt, Rekorde in Kurvendurchfahrten anzustreben. Selbst mit der Spitzengeschwindigkeit von etwa 190 km/h gleitet der Wagen komfortabel sanft über die Autobahn. Reisen anstatt Rasen! Bis 170 km/h bleibt die Geräuschentwicklung dabei zurückhaltend. Ein Traum auf langen Reisen, wenn draußen an den Scheiben die Landschaft lautlos vorbeizieht. Ein Gefühl wie Reisezug. Beruhigend: Schon die schiere Größe des Wagens schreckt Drängler ab. Und wer ist schon so lebensmüde, einen zwei Tonner zu schneiden? Allein, dass kein ESP zur Verfügung steht, ist nicht zu loben. Die ABS-bewehrten Bremsen beißen dafür kraftvoll in die Scheiben. Eine einzige Einschränkung im Alltag ist selbsterklärend: Das ist kein Fahrzeug für Ballungsgebiete mit chronischem Parkplatzmangel. Für Stellfläche und Garage sollte gesorgt sein, auch um die zweite Bank bei Ausbau deponieren zu können.
Technische Daten. Limited 2.5 CRD
Hubraum: 2.499 ccm
Leistung: 143 PS/ 320 Nm
H.geschw.: 185 km/h
Länge/ Breite /Höhe: 5096/ 1997 / 1749 mm
Preis: 43.400 Euro
Grauer Eintopf
Eine leichte Traurigkeit macht sich in dem großen Begleiter dann breit, wenn das im Innenraum verbaute Kunststoffmaterial begutachtet wird. Lederlenkrad, Frontblende und Armaturen sind typisch amerikanisch, aber durchaus angenehm und brauchbar. Andere Details, wie der Unterbau der Sessel und die zahllosen Cupholder, leider nicht. Schaltknopf und Schaltmanschette sollten ratz-fatz ausgetauscht werden. Insbesondere die Manschette scheint direkt den fiesen Fantasien eines Gummi-Fetischisten entsprungen zu sein. Das hat dieser Wagen nicht verdient.
Aussen Hui, innen Platz
Ein guter Mini-Van wird von innen nach außen entworfen. Manchmal kommen dabei kantige Schuhkartons heraus, an die vorn eine Nase geklebt wird. Zu dieser Sorte gehört der Chrysler nicht. Der Wagen beginnt mit einem sympathischen, ausdruckstarken Delphin-Gesicht und schafft es, die endlose Länge und die steilen Flanken mit einer eleganten Linienführung zu veredeln. Kein Vergleich zum rechteckigen Vorgänger. Obwohl er wochentags ohne Einwände als Lieferwagen einzusetzen wäre, verströmt der Grand Voyager mehr Souveränität und Noblesse als manche Limousine.
Fazit: Ein sanfter Gigant
Einschränkungen muss man beim Grand Voyager allein bei der Anmutung mancher Innenraumdetails hinnehmen. Im praktischen Gebrauch wirkt sich das etwas unflexible Innenraumkonzept wegen der bloßen Größe des Wagens nicht aus. Sympathiepunkte erwirbt sich der Grand Voyager mit einem durchzugstarken Motor und einem erfreulich einfachen Handling. Seine Individualität und sein ganz spezielles Lebensgefühl vermittelt der Ami aus Österreich jedoch durch das elegante Äußere. Der Grand Voyager meistert daher nicht nur alle denkbaren Transportaufgaben, er krönt sie mit einem glanzvollen Auftritt. Er ist damit eines der wenigen Lifestyle-Fahrzeuge, die keinen Kompromiss in der Alltagstauglichkeit eingehen. Gernot Kramper