Wenn man die Schalter nicht suchen muss, wenn die Armaturen nicht weiter auffallen und die Gänge einfach einrasten, wenn die Dinge so sind, wie sie sein sollen – dann hat man eine gute Chance in einem Golf unterwegs zu sein.
In vielen anderen Wagen ist das nicht so. Manche heischen mit extravaganten Lösungen nach Aufmerksamkeit, und viele beherrschen die Basics des Wagenbaus nicht so wie die Wolfsburger. In der Art des klaglosen Dienens liegt nur eine Gefahr. Im Vergleich zu einer Garagen-Diva (Alfa) oder einem Kantstein-Bullen (BMW) wirkt der perfekte Butler schnell langweilig. Vor allem dann, wenn das Design jeden Hauch von Aufregung vermeidet. "Oha" sagt wirklich niemand, wenn er den Golf Variant sieht. Dieses Modell will eben mit inneren Werten imponieren. Noch mehr als der klassische Golf, denn der Kompkate kommt auch sehr korrekt daher, aber für einen Aufpreis kann man sich auch ein Golf GTI aus der Spaßfraktion bestellen.
Natürlich punktet der Variant mit den üblichen Golfqualitäten. Und das sind nicht wenige, der Golf ist vollkommen verdient die Nummer Eins in der Kompaktklasse. Und darüber hinaus lockt der Variant mit Platz, viel Platz. Hier ist man nicht in einem Lifestylekombi unterwegs, in dem man letzten Endes nur zwei Personen mit Gepäck transportieren kann. Der Golf ist ein typischer Lademeister. Der Laderaum bietet ein Fassungsvermögen von bis zu 1.550 Litern an, das sollte reichen. Dazu kommen sehr gute Platzverhältnisse auf allen Sitzen, auch um die Schulter fühlt man sich weder beengt noch bedrängt.
Bester Kauf für Vielfahrer ist der Zweiliter-Diesel, mit Commonrail-Technik und 140 PS. Der Motor lässt einem mit dem optionalen Doppelkupplungsgetriebe DSG liebäugeln, der Testwagen war jedoch als rationaler Handschalter ausgelegt. Der Variant wird so nicht zum Sportwagen, kann aber kraftvoll zupacken. Gerade auf langen Autobahnpassagen ist man gut unterwegs. Nicht nur im Raumgefühl auch beim Fahren hat der Golf die Dimensionen früherer Kompakter weit hinter sich gelassen. Mittelklasse ist der Maßstab. Volkswagen verspricht einen Durchschnittsverbrauch von nur 5 Litern Diesel auf 100 Kilometern. Das ist ein Mixverbrauch, den man auch annähernd erreichen kann. Bei eisigen Temperaturen, städtischen Kurzstrecken und permanent laufenden Stromverbrauchern gab sich der Diesel mit weniger als 6,5 Litern zufrieden. Damit kann man leben.
Für Kinder in der zweiten Reihe ist das optionale Panoramadach eine Wonne. Der vordere Teil des Glasdachs kann sogar elektrisch geöffnet werden. Für den Alleinfahrer zahlen sich Panoramadächer nicht wirklich aus, in die Luft können nur die Passagiere schauen. Es verleiht dem langen Innenraum aber immer ein luftiges Falir. Mit wenigen ausgesuchten Extras nähert sich der 140 PS starke 2.0 TDI in der mittleren Ausstattungsvariante Comfortline leicht der 30.000 Euro Grenze. Ein glamouröser Preis für einen unscheinbaren Begleiter. Der allerdings auch bei Volkswagen durch die eine oder andere Verkaufshilfe gemindert wird. Hinzu kommen gute Wiederverkaufswerte. Wer sich für einen Golf Variant entscheidet, wird mit Sicherheit nicht enttäuscht und auf Dauer fährt man auch nicht teurer, als mit anderen Fahrzeugen dieser Klasse. Je länger man den Wagen fährt, umso mehr gewöhnt man sich an die unaufdringliche Perfektion.
Spontane Fans findet der Unscheinbare übrigens auch. Mitten in Schnee und Eis lies die Nachbarin den 911er in der Garage und sich im Testgolf zum Bahnhof kutschieren. "Ach, ist das der neue A4? Das ist ja alles ganz geräumig hier drin. Nein, ein Golf? Das hätte ich ja nicht gedacht! Ist ja richtig schick. Und was kostet so etwas? Ach, unter 30.000 Euro. Das ist ja nichts!" Nun ja, es kommt eben immer auf die Bezugsgrößen an.
Anmerkung zu den Kommentatoren: Der Autor sieht in dem Preis um 30.000 Euro für einen typischen Golfkäufer durchaus eine Hausmarke. Die Total-Cost-Of-Ownership sind bei einem Golf allerdings bei einer Nutzung von vier Jahren nicht so hoch, wie der Listenpreis suggeriert. Das ist im Wesentlichen den guten Wiederverkaufswerten geschuldet. Es sei auch erwähnt, dass der Variant mit einfacherer Ausstattung und kleinem Benziner natürlich deutlich billiger ist