Der Papst hatte einen, Saddam Hussein hatte einen, Mao Tse Tung hatte je nach Überlieferung 13 bis 25 Exemplare. Der Bundespräsident hatte (und hat) keinen, aber er muss nur in Stuttgart anrufen lassen, und er bekommt einen: Einen Mercedes 600. Die Rede ist nicht vom aktuellen zwölfzylindrigen Serienexemplar der S-Klasse, sondern von jener repräsentativen Luxuslimousine der Wirtschaftswunderzeit, die vor 40 Jahren, im September 1963, auf der IAA in Frankfurt für eine Sensation sorgte. War das Auto wirtschaftlich für Mercedes auch nicht rentabel, das Auto wurde Symbol der Mächtigen und deutscher Stärke.
Große Luxuskarosse mit sportlichem Fahrverhalten
Der Präsentation waren acht Jahre Vorbereitung vorausgegangen. Nach Preis und Große stieß das Auto in neue Dimensionen. Er maß 5,54 Meter Länge und stand 1964 mit 56.500 Mark in der Liste, die zweite Variante, der 600 Pullman mit wahlweise vier oder sechs Türen, war 6,24 Meter lang und kostete damals unglaubliche 63.500 Mark.
Vom Pullman gab es auch ein Landaulet, ein Halbcabrio, das sich besonders für Menschen anbot, die hinten im Wagen stehend, langsam durch die Menge fahren wollten. Drei Coupes mit nur zwei Türen und einige gepanzerte Wagen runden die Sonderformen ab.
Individuelle Ausstattung nach Wunsch
Für allen denkbaren Komfort für die Passagiere war gesorgt. Die betuchten Kunden hatten meist Sonderwünsche, die jedes Auto praktisch zu einem Einzelstück machten.
Epoche machende Innovation und Novum war der V8-Motor mit Einspritzpumpe. Autotester begeisterte das sportwagengleiche Fahrverhalten des Zweieinhalbtonners. Der Preis waren 25 Liter Super auf 100 Kilometer, "wenn Sie sparsam fahren", wie ein Mercedes-Sprecher heute hinzufügt.
Vollautomatische Komforthydraulik
Der Clou aber war die Komfort-Hydraulik, die das ganze Auto „bediente“: Sie war für horizontale und vertikale Verstellung der Vordersitze und der Rücksitzbank sowie für das Öffnen und Schließen der Wagentüren, der Kofferraumklappe, des Schiebedachs und der Seitenfenster zuständig.
Staatskarosse in der ganzen Welt
In seiner oft als majestätisch gelobten Erscheinung setzte sich der 600 deutlich von allen anderen deutschen Autos ab: Wer ihn fuhr, wollte Größe und Wohlstand zeigen. Staatsmänner aus aller Welt rissen sich förmlich um das edle Gefährt "made in Germany". Ob Chauffeur oder Besitzer - wer das Steuer in die Hand nehmen wollte, wurde in einem zweitägigen Kurs in die Raffinessen des 600 eingewiesen.
Prestige wichtiger als Wirtschaftlichkeit
Ein wirtschaftlicher Erfolg war der Wagen nicht, mehr als zwei Wagen wurden pro Tag nicht produziert, viel weniger als kalkuliert. Aber Prestige und Anerkennung in der Fachwelt gewannen die Stuttgarter, was langfristig wahrscheinlich noch wertvoller war. Der letzte 600 verließ im Juni 1981 das Werk Sindelfingen. Die Bestellungen hatten drastisch nachgelassen.
"Das beste Auto der Welt"
Am Ende standen 2.190 Exemplare des 600 und 487, davon 59 Landaulets, des 600 Pullman in den Remisen der Reichen und Großen dieser Welt, oder derer, die sich dafür hielten. Wer will, kann aber heute noch "das beste Auto der Welt" fahren, zu dem ihn die amerikanische Fachzeitschrift "Car and Driver" kürte. Es kann in Stuttgart gemietet werden.