Ein Autofahrer fuhr bei Rot über die Ampel. Macht ja nichts, wer merkt das schon. Und wenn: Wer soll mir das beweisen, dachte er wohl. Doch das Ganze wurde von der Dashcam eines unbeteiligten Fahrers aufgenommen. Mit dem Beweismittel war es mit der Rotlichtherrlichkeit schnell vorbei: Das Amtsgericht Reutlingen verhängte vor rund zwei Jahren gegen den Betroffenen eine Geldbuße von 200 Euro und ein Fahrverbot von einem Monat. Dagegen wollte sich der Fahrer wehren, er forderte, die Kameraaufnahme dürfe nicht verwendet werden, weil die Nutzung einer "Dashcam" gegen das Bundesdatenschutzgesetz verstößt. Das Oberlandesgericht sah das anders. Und auch der Bundesgerichtshof hat nun klar gemacht: "Dashcams dürfen bei Verkehrsunfällen als Beweismittel verwertet werden", entschied der BGH am Dienstag in Karlsruhe. Die Aufnahmen verstießen zwar gegen das Datenschutzrecht - da aber Unfallbeteiligte ohnehin Angaben zu Person, Versicherung und Führerschein machen müssten, sei dies nachrangig.
Kein Beweisverwertungsverbot
Das Bundesdatenschutzgesetz enthalte nämlich kein Beweisverwertungsverbot für Straf- und Bußgeldverfahren. Die Frage, ob die Dashcam nun zu Recht oder zu Unrecht benutzt wurde, ist unerheblich. Das Urteil ist nicht wirklich überraschend, da ein Verstoß gegen eine Verordnung oder ein Gesetz meistens nicht zu einem Verwertungsverbot führt. Einfach gesagt: Auch ein Einbrecher kann in Deutschland als Zeuge aussagen.
Was bedeutet das Urteil für die Praxis?
Grundsätzlich können sich Unfallfahrer oder Verkehrsrowdies in Zukunft nicht mit dem Datenschutz aus der Verantwortung für ihre Taten stehlen. Insbesondere bei schweren Unfällen wäre die Vorstellung unerträglich, dass das Persönlichkeitsrecht des Verursachers dazu führen sollte, die Schuld abzuwälzen oder gar Unschuldige zu belasten.
Allerdings wird das Aufnehmen durch die Dashcam durch das Urteil nicht automatisch legal. Das Grundproblem bleibt erhalten. In der meisten Zeit nimmt die Kamera Passanten und Autos auf, die sich überhaupt nichts zuschulden haben kommen lassen. Das Bundesdatenschutzgesetz verbietet die anlasslose Überwachung des öffentlichen Raums. Das Persönlichkeitsrecht wird allerdings auch von jedem Handy-Foto verletzt, sobald Passanten ins Bild geraten. Dennoch kommt es nicht zu Polizei-Razzien auf Tourismusmeilen, um massenhaft Smartphones zu beschlagnahmen.
Kein automatischer Täterschutz
Kritischer wird es, die Nutzung des Filmmaterials zu prüfen. Auch in Zukunft wäre das unverpixelte Hochladen von Dashcam-Filmchen ins Internet nicht erlaubt. Der Verkehrspranger bleibt verboten. Eine Anzeige von schweren Verkehrsverstößen wie bei der Rotlichtfahrt oder als Beweismitteln bei Unfällen dürfte nach dem Urteil jetzt leicht möglich sein.
Für das Verkehrsbewusstsein kann das nur reinigend wirken. Wer andere Leute mit seinen Fahrmanövern gefährdet, kann die Beweismittel nicht länger abblocken. Allzu viele Autofahrer glauben, dass sie nicht erwischt werden. Zeit, diese Illusion zu beenden.
Mit Agentur
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