Oldtimer aus Hamburg haben am Donnerstag den Verkehr in Schanghai lahm gelegt. Beim Empfang der Oldtimer-Rallye in den pompösen Hochhausschluchten der chinesischen Hafenstadt wird eine der wichtigsten Verkehrsadern extra für die Autos aus Hamburg gesperrt. Diese Ehre wird in China sonst nur Staatsgästen zuteil. Wo sich normalerweise alles staut, haben die alten Schlitten aus mehr als 70 Jahren Automobilgeschichte für einige Minuten freie Fahrt.
Sieben chinesische Polizeimotorräder geleiten Frank Esperts Mercedes aus dem Jahr 1967 und rund 40 andere Oldtimer durch die Schanghaier Innenstadt. "Es ist toll, angekommen zu sein", sagt der Mann aus dem norddeutschen Großhansdorf, während an seinem historischen Autofenster die Metropole der Zukunft vorbeifliegt. "Ich würde auch noch weiter fahren."
Kilometerlange Partnerschaft
Hinter Espert und seinen Mitstreitern liegt eine 67 Tage lange Tour über fast 14000 Kilometer durch Osteuropa und Asien. Es war die erste Weltrallye von deutschem Boden aus. Vom Hamburger Rathausmarkt ging es durch Deutschland, Polen, die baltischen Staaten, Russland, die Mongolei und China bis nach Schanghai, wo die Kolonne am Vortag angekommen war. Der Anlass: 20 Jahre Städtepartnerschaft zwischen der Hansestadt und der Hafenmetropole in Chinas Osten.
Die Fahrer und ihre betagten Autos mussten auf dem langen Weg mit einigen Pannen fertig werden. In der Wüste Gobi hatten sich drei Wagen verfahren und mussten von mongolischen Führern wieder auf die rechte Spur gebracht werden. Eine Beifahrerin stürzte von einer Harley Davidson, der Pilot eines Mercedes-Geländewagens zog sich einen Bänderriss zu. Für die zahlreichen Reparaturen waren extra zwei Mechaniker dabei. "Ohne die wäre ein Drittel wohl nicht angekommen", sagt Espert. Vom Peugeot bis zum Porsche erreichten bis auf einen Wagen am Ende aber alle ihr Ziel.
Hochhäuser, Wolkenkratzer und Betonsiedlungen säumen den Weg durch die 20 Millionen-Einwohner-Metropole. Am Ufer des Huangpu-Flusses gelangt die Kolonne auf die Prachtstraße Schanghais. Der so genannte Bund strahlt mit seiner kolonialen Architektur in der Mittagshitze. Am gegenüber liegenden Ufer funkelt das berühmte Wolkenkratzer- Panorama mit dem Fernsehturm. Der kühle Norddeutsche ist beeindruckt von der Skyline: "Das hat was!", jubelt der Immobiliensachverständige.
Objekte der Begierde
Schaulustige Chinesen winken den Fahrern zu. Viele machen Fotos mit ihren Handys. Eine halbe Stunde später stehen die Fahrzeuge an einem Ausstellungszentrum in der Innenstadt. Zwei junge Chinesinnen schauen wie verliebt auf die lang gestreckte Motorhaube eines alten Jaguars. Dem Wagen ist die aufreibende Reise anzusehen: In der Frontscheibe klafft ein dickes Loch, das ein aufgewirbelter Stein in Russland verursacht hat.
Xia Lina und ihre Freundin Yi Lingmei sind von dem knallroten Gefährt begeistert. "Ich mag die modernen Autos nicht. Sie sehen alle gleich aus", sagt Lina, die einen Sonnenschirm trägt und ihre Zehennägel blau lackiert hat: "In dem würde ich gern einmal Probe sitzen." Vielleicht ergibt sich ja noch die Gelegenheit. Die Oldtimer werden noch bis Anfang kommender Woche in Schanghai präsentiert, bevor sie mit dem Schiff nach Hamburg zurückkehren.