ADAC Test "Jeder dritte Tunnel ist gefährlich"

Von Christoph M. Schwarzer
Alarmierende Ergebnisse des alljährlichen ADAC Tunneltests: In so schlechtem Zustand wie 2008 waren die europäischen Tunnel in den vergangenen fünf Jahren nicht. Jeder Dritte fiel im "EuroTAP" durch. Verlierer ist wieder ein italienischer Tunnel. Und die Sicherheit aller Autofahrer. Sie hätten im Brandfall wenig Chancen.

Schnipp! Raus mit der Kippe. Und rein in den Luftfilter des folgenden Volvo-Trucks, der 1999 durch den Montblanc-Tunnel fährt. Ein Feuer entzündet sich, das vom Motorraum auf den ganzen Sattelzug übergreift und durch die geladene Margarine beschleunigt wird. Dichter Rauch steigt auf. Der Verkehr kommt zum Erliegen. Die Orientierung ist schnell dahin, im Stau kommt es zu Auffahrunfällen. Die Luft beißt. 39 Menschen sterben. Der verheerende Brand kann erst nach 53 Stunden gelöscht werden. Ein Tunnel-Albtraum.

Jeder Dritte fällt durch

Und ein Schreckensszenario, das auch heute in vielen europäischen Tunneln nicht ausgeschlossen ist. Das belegt alle Jahre wieder und jetzt zum zehnten Mal der ADAC-Test im Rahmen von "EuroTAP" ("European Tunnel Assessement Programme"). 31 Tunnel wurden getestet. Jeder dritte fiel durch: Für zwei Röhren wurde die Note "bedenklich" vergeben, sieben weitere bekamen die Note "mangelhaft".

Es sind immer die fehlenden oder nicht funktionierenden Sicherheitsvorkehrungen, die von den Testern angekreidet werden. Zu wenig Notausgänge. Nicht gekennzeichnete Fluchtwege. Keine Tunnelleitzentrale, keine Notrufeinrichtungen. Kein automatisches Brandmelde- und Belüftungssystem. Manchmal gepaart mit einer engen Röhre, in der der Gegenverkehr nur von einer weißen Linie getrennt in einem Meter Entfernung vorbeidonnert.

Zum vierten Mal in Folge war es ein italienischer Tunnel, der am schlechtesten bewertet wurde. Der Cernobbio am Comer See weist die genannten Missstände auf, die der ADAC als "erschreckend" bezeichnet. In der 2,4 Kilometer langen Röhre wären die Überlebenschancen für den Fall der Fälle gering.

Verbesserungen im Bestand sind möglich

Dass das nicht so bleiben muss, zeigt der schweizerische San Bernardino-Tunnel. Er galt 1999 noch als "bedenklich". Fast zehn Jahre und 240 Millionen Franken später wird er mit "sehr gut" bewertet. Er ist nicht allein: Zehn der getesteten Straßentunnel waren ebenfalls "sehr gut", fünf weitere immerhin "gut". Als "ausreichend" und damit den Standards der EU genügend bewertete der ADAC sieben Straßentunnel. Bis 2014 sollen alle wichtigen Röhren dieses Mindestmaß erfüllen.

Ein Deutscher auf Platz 2

Problematische Tunnel gibt es auch in Deutschland. Der Universitätstunnel auf der A46 in Düsseldorf gilt als "bedenklich", obwohl die Modernisierung bereits begonnen hat. In zwei Jahren sollen alle Mängel beseitigt sein. Trostpflaster für Asphalt-Patrioten ist der Heidkopf-Tunnel auf der A38 zwischen Göttingen und Halle. Er wurde im Gesamtvergleich zweiter.

Der Pokal für den sichersten Bau geht ins Fürstentum Andorra. Der Zwergstaat hat mit dem 2006 eröffneten, rund 1,3 Kilometer langen Tunnel beim Pont Pla eine fast kritikfreie Leistung hingelegt.

Schlechte Gesamtbilanz aus zehn Testjahren

Zum Weitermachen wird der ADAC aber nicht durch die Positivbeispiele motiviert. Die Gesamtbilanz der letzten zehn Jahre regt an und auf. Von 300 getesteten Tunnelröhren in 20 europäischen Ländern waren 26 Prozent "bedenklich" oder "mangelhaft" und würden so die schwächsten EU-Forderungen nicht erfüllen. In Deutschland liegt die Gesamtdurchfallquote bei 14 Prozent. Grund zum Aufatmen gibt es also nicht. Unfälle in Tunneln sind selten. Wenn sie passieren, können sie das Grauen sein.