Auto-Zulassungen Umweltfreundlich aus der Not heraus

Von Christoph M. Schwarzer
Jahrelange Appelle an das Öko-Gewissen konnten die Deutschen nicht bewegen, sparsame Autos zu kaufen. Erst seitdem die Preise an der Tankstelle explodieren, legen die Spritknauser zu. Zum Beispiel bei Dieseln, die zwischen 3,5 und 4,5 Liter verbrauchen. Dort gibt es ein Plus von 154 Prozent.

Trotz des Chaos bei der Kfz-Steuerreform hat der Kunde sich entschieden: Jetzt werden sparsame Autos gekauft. Die Zulassungszahlen haben tüchtig zugelegt. Zwischen Januar und Mai konnte die Industrie ein Plus von 4,2 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum verbuchen. Die Umwelt freut sich über den Verbrauch: Der sank im Durchschnitt bei den Dieseln auf 6,3 Liter (minus 2,9 Prozent) und bei den Benzinern auf 7 Liter (minus 3,5 Prozent).

Der Trend zu sparsamen Neuwagen zeigt sich besonders deutlich beim Blick auf die CO2-Klassen, in die das Kraftfahrtbundesamt (KBA) in Flensburg alle Pkw einsortiert hat. Die CO2-Klassen geben exakt den Kraftstoffverbrauch wieder, weil pro verbranntem Liter Diesel immer 2,65 Kilogramm und pro Liter Benzin immer 2,37 Kilogramm Kohlendioxid freigesetzt werden.

EU-Ziel von 2012 kann leicht erreicht werden

Zuerst zu den Dieseln. Das Plus bei den Super-Spar-Dieseln bis 3,4 Liter (bis 90 g CO2/km) Normverbrauch beträgt sensationelle 512 Prozent (alle Zahlen Januar bis Mai im Vergleich zum Vorjahreszeitraum). Die Zulassungen gehen mit wenigen Ausnahmen auf das Konto des Smart cdi. Diese Gruppe hat Signalwirkung, fällt aber zahlenmäßig mit nur 3055 Autos weniger ins Gewicht als die 37.435 Wagen, die zwischen 3,5 und 4,5 Liter (91 bis 120 g CO2/km) verbrauchen. Hier gibt es ein Plus von 154 Prozent! Die Autoindustrie hat in diesem Bereich bereits Massenprodukte wie den Golf BlueMotion und den BMW 118 d im Angebot. Während der kleine Smart sicher kein Wagen für jeden Zweck ist, werden in dieser Verbrauchsklasse "ganz normale" Kompakte angeboten, die keine Einschränkungen in Platz, Leistung und Komfort mit sich bringen. Aber ihr Verbrauch kann sich sehen lassen, mit diesen Autos geht der Kunde auf Nummer Sicher, denn sie unterbieten schon heute das EU-Emissionsziel für 2012. Dass nicht nur eine kleine Minderheit sparsam denkt, sieht man in der nächst höheren Verbrauchsklasse. Auch bei den fast genau 100.000 Dieseln, die zwischen 4,6 und 5,3 Litern (121 bis 140 g CO2/km) verbrauchen, beträgt der Zuwachs über 25 Prozent.

Obwohl der Tankstellenpreis für Diesel, der an einem Tag den des Benzins überholt und am nächsten wieder zurückfällt, den Selbstzünder zum Wackelkandidaten macht, bleibt der Diesel damit für viele die einzig wahre ökologische und ökonomische Lösung.

Wo der enorme Zuwachs für diese Autos herkommt? Aus den oberen Verbrauchsregionen. Da sind alle im Minus, meistens im zweistelligen Prozentbereich. Bei den Heizölsäufern gibt es nur im Bereich von 9,2 bis 10,6 Litern (241 bis 280 g CO2/km) ein Wachstum, das aber leicht durch den Verlust bei den Autos mit noch höherem Verbrauch zu erklären ist.

Auch Benziner auf dem Sparweg

Ein ganz ähnliches Bild gibt es bei den Benzinern. In der Klasse zwischen 3,9 und 5,1 Litern Verbrauch (91 bis 120 g CO2 / km) liegt das Plus bei 43,2 Prozent. Direkt darüber, bei den Verbrennern von 5,2 bis 5,9 Litern Benzin (121 bis 140 g CO2/km), liegt das Plus bei 44,1 Prozent. Nach unten geht es mit den Neuzulassungen in den großen Verbrauchsklassen: Minus 33,9 Prozent bei 8,5 bis 10,1 Litern (201 bis 240 g CO2/km), minus 18,5 Prozent bei 10,2 bis 11,8 Litern (241 bis 280 g CO2 / km) und minus 12,4 Prozent in der nach oben offenen Klasse von mehr als 13,6 Litern Benzin (mehr als 321 g CO2/km).

Gramm-Zählen bei der Autoindustrie

Ein wichtiger Faktor bei den sinkenden Normverbrauchswerten ist die Autoindustrie selbst. Sie hat verstanden, dass die CO2-basierte Kfz-Steuer kommt bzw. in den meisten europäischen Ländern längst Realität ist. Hohe Strafsteuern veranlassen die Hersteller, an jedem Zehntelliter Verbrauch und damit an den CO2-Emissionen zu feilen. Und so purzeln die Werte. Das meistverkaufte deutsche Auto, ein Golf mit 1,4-Liter Benziner und 80 PS, verbraucht im Schnitt noch 6,9 Liter (164 g CO2/km). Sein moderner, hausinterner Konkurrent, der 120 PS-Turbo mit DSG-Getriebe, verlangt nur noch 5,9 Liter (139 g CO2/km).

Vorreiter bei der Reduktion des Normverbrauchs bleibt BMW. Dank Efficient Dynamics, der bedarfsorientierten Steuerung von Pumpen, Kompressoren und Lichtmaschine in Verbindung mit einer Start-Stopp-Automatik, fällt der Verbrauch Stück um Stück. Eine Technologie, die so oder so ähnlich bald in sehr vielen Autos zu finden sein wird.

SUVs weiter im Trend

Und die viel gescholtenen SUVs? Denen geht es wider allen Grabreden erstaunlich gut. Ihr Zuwachs beträgt zwar mit 3,5 Prozent im Vergleich zum Gesamtwachstum von 4,2 Prozent vergleichsweise wenig. Aber Ford Kuga und VW Tiguan zeigen, wohin die Reise geht: Letzterer hat nicht nur im Mai einen Marktanteil von 14,9 Prozent in seinem Segment ergattert. Bei ihm war auch der Anteil der Privatkäufer mit fast 60 Prozent extrem hoch.

Vielfältige Ursachen für Neuorientierung

Der naturgemäß kaufkräftigere Kunde von Neuwagen hat sich von dem Hin und Her bei der Reform der Kfz-Steuer offenbar nicht kirre machen lassen. Sonst wäre die Zahl der Gesamtzulassungen gesunken. Das Gegenteil ist aber der Fall. Möglicherweise haben viele Käufer wegen der Umstellung der Berechnungsgrundlage der Steuer von Hubraum auf CO2-Emissionen beim Kauf besonders aufgepasst.

Und ganz sicher spielen die deftig gestiegenen Spritpreise eine Rolle beim Griff zum sparsameren Vehikel. Da kann der Neukunde auch mehr Geld in der Tasche haben als der Gebrauchtwagenkäufer, irgendwann tut das Tanken weh. Schmerzvermeidung als Kaufmotivation. Unabhängig von der Wahl des Energieträgers - Diesel, Benzin, Gas - hat auch der Letzte begriffen, dass entscheidend ist, was hinten rauskommt. Der deutsche Michel hat sich entschieden: Ich kaufe sparsamer, und wenn dabei mit kleinen CO2-Emissionen auch noch das Klima und die begrenzten Ressourcen geschont werden, ist mir das recht.