Mauschelei bei Autopreis ADAC-Spitze entschuldigt sich für Manipulation

Die ADAC-Führung hat sich für die Manipulation beim Autopreis "Gelber Engel" entschuldigt. Der Club sei "ins Mark" getroffen, so Geschäftsführer Obermair, warnte aber vor einer Pauschalverurteilung.

Nach den Manipulationen beim Autopreis "Gelber Engel" weist die ADAC-Führung alle Schuld dem bisherigen Kommunikationschef zu. Michael Ramstetter habe einen "unverzeihlichen Fehler" gestanden, den Geschäftsführung und Präsidium nicht für möglich gehalten hätten, sagte ADAC-Geschäftsführer Karl Obermair am Montag.

Der inzwischen zurückgetretene Kommunikationschef Ramstetter hatte zugegeben, bei der Wahl zum Lieblingsauto der Deutschen die Teilnehmerzahlen deutlich nach oben geschönt zu haben. Dies soll nach Angaben Obermairs über mehrere Jahre geschehen sein. Zuletzt hatte der VW-Golf die Wahl zum Lieblingsauto der Deutschen beim "Gelben Engel" gewonnen.

Ramstetter habe am Freitag ein "vollumfängliches Geständnis" abgelegt, sagte Geschäftsführer Obermair auf einer Pressekonferenz in München. Der einstige Kommunikationschef habe die Abstimmung "in einer unglaublich dreisten Art und Weise" verändert und dafür "die alleinige und vollständige Verantwortung" übernommen. Die ganze Sache werde nun "intensivst" untersucht, auch durch externe Berater.

Warnung vor Pauschalurteilen

Obermair entschuldigte sich für die Manipulationen: "Dieser Vorgang tut uns leid." Der ADAC sei "bis ins Mark" getroffen, da er als eine der vertrauenswürdigsten Organisationen des Landes gegolten habe. Nun solle die "angeschlagene Reputation" des ADAC möglichst schnell verbessert werden.

Zugleich bat der Geschäftsführer darum, von einer "pauschalen Verunglimpfung" des Clubs abzusehen. Andere vom ADAC bekannt gegebene Daten, etwa zu Crashtests, nähmen intern gänzlich andere Wege als die Befragung zum Lieblingsauto, betonte Obermair.

"ADAC-Spitze hat die Realität verdrängt"

Heftige Kritik am "katastrophalen" Verhalten der ADAC-Spitze übte der Poltitikberater Michael Spreng. Die Führung habe dem Autoclub "unermesslichen Schaden" zugefügt. Spreng sagte, die Führung der Automobilorganisation hätte schon vor der Preisverleihung am vergangenen Donnerstag "die Notbremse ziehen müssen". Sie habe aber die Berichte über Mauscheleien nicht ernst genommen und die Realität verdrängt. Jetzt sehe sich "der ADAC insgesamt auf den Prüfstand gestellt".

Bundesregierung schaltet sich ein

Inzwischen hat sich auch die Bundesregierung in den Skandal eingeschaltet und eine umfassende Aufklärung der Vorkommnisse gefordert. "Es ist jetzt Aufgabe des ADAC, hier alle Karten auf den Tisch zu legen, möglichst transparent die Vorgänge aufzuarbeiten, auch rückblickend für die Jahre zuvor", sagte ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums. Das Verbraucherministerium betonte, dass vor allem die Mitglieder Anspruch auf "transparente Strukturen" hätten. "Beim ADAC ist es so, dass er ganz besonders von dem Vertrauen seiner Mitglieder lebt und deswegen höchstselbst ein eigenes Interesse daran haben wird, alles was passiert sein sollte, aufzuklären und aufzuarbeiten", sagte ein Sprecher.

Zuvor hatte sich bereits der CSU-Chef und Bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer für eine unabhängige Prüfung der Vorgänge bei dem Automobilclub stark gemacht. "Am besten ist jetzt: alles auf den Tisch, Transparenz, und nach Möglichkeit eine unabhängige, objektive Prüfung", sagte Seehofer am Montag vor einer CSU-Vorstandssitzung in München. Er sei von den Manipulationen "nicht überrascht", denn er habe sich auch über andere Zahlen in der Vergangenheit gewundert.

Spott in sozialen Netzwerken

Auch in sozialen Netzwerken ist der Skandal ein Thema. In Anlehnung an die CSU-Kampagne gegen EU-Migranten fragte sich ein User bereits, ob der ADAC nun aus Bayern ausgewiesen würde.

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Autobauer gehen auf Distanz

Unterdessen gehen auch die ersten Autobauer vorsichtig auf Distanz. Volkswagen und Daimler forderten den Automobilclub am Montag zur umfassenden Aufklärung des Vorfalls auf. Gedanken über mögliche Konsequenzen könne man sich danach machen, ergänzte ein VW-Sprecher. Es stelle sich jedoch schon jetzt die Frage, welchen Wert ein Preis habe, der mit solchen Begleitumständen behaftet sei.

Ford zeigte sich enttäuscht vom ADAC. "Der Preis hat eine große Reputation. Da geht man davon aus, dass es bei der Findung der Sieger mit rechten Dingen zugeht", sagte ein Sprecher der Kölner Ford-Werke.

Zweifel an Tests wachsen

Der Fall nährt nach Meinung von Experten Zweifel auch an anderen Auszeichnungen in der Automobilindustrie. "Alle Preise in dieser Branche müssen kritisch auf den Prüfstand", forderte Helmut Becker. Der Leiter des Münchner Instituts für Wirtschaftsanalyse und Kommunikation vermutet, dass auch bei Tests von Automodellen verschiedener Hersteller nicht immer alles mit rechten Dingen zugeht. "Ich sehe die Gefahr, dass auch Vergleichstests getürkt worden sind", sagte der Wissenschaftler zu Reuters. Überall, wo Organisationen ihre Quellen und Ergebnisse nicht offenlegten, seien Zweifel angebracht. Die FAZ berichtet bereits von Unregelmäßigkeiten bei einem Test aus dem Jahr 2005 bei einem Fahrzeug vom Typ Dacia.

Auch der Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer stellt die übrigen Tests und Statistiken infrage. "Auch die Pannen- und Tunnelstatistik müsste man jetzt untersuchen", sagte der Professor an der Universität Duisburg-Essen. Er hält den ADAC mit seiner derzeitigen Organisationsstruktur für gescheitert. "Es gibt keine Kontrolle beim ADAC. Man schottet sich ab", so Dudenhöffer. In seinen Augen braucht der ADAC "eine völlig neue Struktur" und sollte in einen Pannenservice und ein Wirtschaftsunternehmen aufgeteilt werden.

DPA · Reuters
kng/DPA/Reuters