Verkehrsgerichtstag Härteres Vorgehen gegen rücksichtslose Autofahrer

Hartes Vorgehen für rücksichtslose Autofahrer - aber keine härteren Gesetze: Auf dem Deutschen Verkehrsgerichtstag sagten die meisten Experten, die bestehenden Gesetze reichten aus.

Generalbundesanwalt Kay Nehm kritisierte in seiner Eröffnungsrede disziplinloses Verhalten von Autofahrern im Stau. So würden keine Gassen für Rettungsfahrzeuge freigehalten, und es werde bedenkenlos dicht aufgefahren, so dass Sanitäter häufig erst nach Zeit raubenden Fahrmanövern durchkämen. Lastwagen nutzten Staus häufig zu Überholmanövern und blockierten damit die gesamte Fahrbahn.

Verkehrsregeln würden als Beschränkung der individuellen Freiheit verstanden, sagte Nehm. Dass trotz "massenhafter Regelverstöße" insgesamt relativ wenig passiere, sei häufig nur der Rücksichtnahme anderer Verkehrsteilnehmer zu verdanken. Insbesondere rügte Nehm das Verhalten vieler Autofahrer im Stau. Erfreut zeigte er sich darüber, dass die Zahl der Verkehrstoten im vergangenen Jahr auf den niedrigsten Stand seit Einführung der Statistik vor 50 Jahren gesunken sei - obwohl sich inzwischen 45 Millionen Personenwagen und 2,8 Millionen Laster auf den Straßen drängten.

Der Präsident des Verkehrsgerichtstages, Friedrich Dencker, äußerte sich kritisch über EU-Pläne, zur Verbesserung der Verkehrssicherheit Verstöße stärker zu sanktionieren. Aufklärung und Information seien häufig Erfolg versprechender. Als Beispiel nannte er Verstöße gegen die Anschnallpflicht von Kindern: Eltern, deren Kinder als Folge mangelnder Sicherung im Auto verletzt oder getötet worden seien, seien durch das, was ihr Kind durch ihre Schuld erlitten habe, am schlimmsten bestraft. Sinnvoller als härtere strafrechtliche Sanktion sei es, Eltern darüber zu informieren, dass das Sterberisiko eines im Auto mangelhaft gesicherten Kindes im Falle eines Unfalls sieben Mal höher liege als das eines richtig angeschnallten.

Dencker kritisierte darüber hinaus auch Überlegungen zur Einführung der so genannten Halterhaftung - danach soll der Halter eines Fahrzeugs bei einem Verstoß gegen Geschwindigkeitsbegrenzungen zur Rechenschaft gezogen, auch wenn er zum fraglichen Zeitpunkt möglicherweise gar nicht am Steuer gesessen hat. Der Deutsche Anwaltverein erklärte, die Halterhaftung verstoße gegen das Prinzip der Unschuldsvermutung.

Fachleute legen am Freitag Empfehlungen vor

Gegen schärfere Gesetze bei Verkehrsrowdytum sprach sich auch der ADAC aus. Das Strafgesetzbuch biete bereits genügend Möglichkeiten, hart durchzugreifen. Der Strafrahmen, der von einer Geldstrafe bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe reiche, werde aber selten ausgeschöpft. Es sei oft schwierig, Verkehrsrowdys ihr Fehlverhalten nachzuweisen.

Der ACE-Vorsitzende Wolfgang Rose erklärte: "Wir sind durchaus dafür, härter gegen solche Einzeltäter vorzugehen, die ihr Fahrzeug sozusagen als Waffe missbrauchen." Wer jedoch meine, das Strafmaß müsse insgesamt angehoben werden, schieße über das Ziel hinaus. "Wir wollen nicht, dass Autofahrer deswegen kriminalisiert werden, weil ihnen ein menschlicher Fehler unterläuft", betonte Rose. Der ACE sprach sich ebenso wie andere Verbände und Experten dafür aus, mehr Kontrollen durchzuführen.

DPA