Amtswechsel am BGH "Kein Blatt vor den Mund"

Die Frauen erobern die Justiz: Monika Harms wird die erste deutsche Generalbundesanwältin. Sie gilt als konservative Liberale, die sich durchsetzen kann.

Bei der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe wird ein Amtswechsel vollzogen: Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) verabschiedet Generalbundesanwalt Kay Nehm und führt dessen Nachfolgerin Monika Harms ins Amt ein.

Nehm geht nach zwölf Jahren im Amt in den Ruhestand. Der 65 Jahre alte frühere Bundesanwalt und Bundesrichter erwarb sich als Generalbundesanwalt nach Einschätzung von Beobachtern einigen Respekt. So habe er etwa beim Umgang mit der verbotenen kurdischen PKK in den 90er Jahren zur Deeskalation beigetragen. Auch bei den Islamistenverfahren sei seine Bilanz insgesamt positiv. Die Verfolgung rechtsextremistischer Schläger trieb Nehm voran, lange bevor die Politik den "Aufstand der Anständigen" ausgerufen hatte. Er war jedoch in den letzten Wochen seiner Amtszeit teils heftig kritisiert worden, weil er die Ermittlungen im Fall Ermyas M. zuerst an sich zog und später wieder abgab. Der Deutsch-Afrikaner war am Ostersonntag in Potsdam zusammengeschlagen und lebensgefährlich verletzt worden.

Lange Justizkarriere vorzuweisen

Seine Nachfolgerin Harms ist seit 1987 Richterin am Bundesgerichtshof (BGH). Seit 1999 steht die Expertin für Steuerstrafrecht an der Spitze des 5. Strafsenats in Leipzig. Davor lag eine Justizkarriere: 1974 wurde sie in Hamburg zur Staatsanwältin ernannt, 1980 zur Richterin am Landgericht und schließlich zur Bundesrichterin. Harms ist verheiratet und lebt in Hamburg.

In Karlsruher Justizkreisen wird sie als durchsetzungsfähig geschildert, als eine Frau, die "kein Blatt vor den Mund" nimmt. Davon konnten sich Beobachter erst jüngst überzeugen, als sie in Karlsruhe gegen "Deals" im Strafprozess wetterte. Die weit verbreitete Praxis, Urteile gleichsam im Hinterzimmer auszuhandeln, prangerte sie als "Fehlentwicklung" und "Flächenbrand" an.

Alter ist Grund zur Verwunderung

Vom BGH, wo inzwischen sechs der 17 Senate von Frauen geleitet werden, wechselt sie auf ein vorwiegend männlich dominiertes Terrain: In der Geschichte der Karlsruher Anklagebehörde gab es bisher überhaupt nur zwei Bundesanwältinnen.

Kollegen bescheinigen Harms die nötige Härte für den Job - und die Bereitschaft, "Flagge zu zeigen". Auch im Verhältnis zu Berlin: Nehm hatte sich nach den Anschlägen vom 11. September 2001 in den USA erheblichem Druck aus der Regierung ausgesetzt gesehen. Seiner Nachfolgerin traut man Widerworte zu.

"Sie ist sicher vorlauter", lautet eine Einschätzung. Politisch wird die der CDU angehörende Juristin als "konservative Liberale" eingestuft. Auf Verwunderung stieß die Wahl nur aus einem Grund: Harms wird im September 60 Jahre - dann bleiben ihr nur noch fünf Jahre im Amt.

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Wolfgang Janisch, DPA/AP