Kann ein Jurist, der zwischen 1999 und 2000 nur für kurze Zeit Strafverfolger war, der oberste Ankläger der Republik werden? Über diese Frage muss der Bundesrat noch in diesem Monat abstimmen, weil die Amtszeit der jetzigen Generalbundesanwältin Monika Harms ausläuft. Auf Vorschlag von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat das Bundeskabinett bereits die Zustimmung zur Berufung ihres Parteifreunds Johannes Schmalzl gegeben. Doch in einer Abstimmung des Rechtsausschusses des Bundesrats am Mittwoch bekam der Kandidat keine Empfehlung für eine Wahl, und seitdem wächst hinter den Kulissen der Widerstand.
Johannes Schmalzl, 1965 geboren und Vater von drei Kindern, hat in Bonn, Lausanne und Würzburg studiert und ist nach seinem zweiten Staatsexamen in den baden-württembergischen Staatsdienst eingetreten. Von 1996 bis 1999 war er Beauftragter des Justizministeriums in der Landesvertretung beim Bund. Für wie viele Monate er danach an die Staatsanwaltschaft in der baden-württembergischen Landeshauptstadt abgeordnet wurde und dort in einem Dezernat amtierte, will das Ministerium nicht sagen. Die Personalie wird inzwischen als hochsensibel behandelt.
Aus einer Unterlage der Vereinigung Liberaler Juristen geht nach Recherchen von stern.de allerdings hervor, dass Schmalzl um die Jahrtausendwende nur für sehr kurze Zeit praktische Erfahrungen als Staatsanwalt sammeln konnte. Noch im Jahr 2000 wurde ihm die Leitung der Zentralstelle im Ministerium übertragen, von 2005 bis 2007 war er Chef des Landesamts für Verfassungsschutz, danach Regierungspräsident des Bezirks Stuttgart. Angesichts dieser Karriere waren Vertreter anderer Bundesländer bei der Sitzung des Rechtsauschusses im Bundesrat "sehr irritiert über den Personalvorschlag", wie stern.de aus Teilnehmerkreisen erfuhr, zumal es auch schon früher bei der Stuttgarter Staatsanwaltschaft Widerstände gegeben haben soll.
Bisher hat Schmalzl im Bundesrat vor allem wegen Bedenken der SPD-geführten Länder keineswegs eine Mehrheit sicher. Die Partei "Die Linke" wertet die Entwicklung als "peinliche Abstimmungspanne" für Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger. "Die Zweifel des Rechtsausschusses des Bundesrats an der Eignung von Johannes Schmalzl lagen auf der Hand", sagt Fraktionsjustitiar Wolfgang Neskovic, "er verfügt ganz offensichtlich nicht über die notwendigen fachlichen Voraussetzungen, die ihn für die juristisch und rechtspolitisch anspruchsvolle Tätigkeit als Generalbundesanwalt qualifizieren."